Was wird gewünscht? Wo ist Bedarf? Das sind Fragen, die beantwortet werden sollen, damit Geld dahin gehen kann, wo es benötigt wird.

Geesthacht. Großes Lob aus berufenem Munde: „Ich würde auch von der qualitativen Seite her Geesthacht im Bundesvergleich positiv einschätzen“, urteilt Dr. Julia Thurn. Die Sportwissenschaftlerin muss es wissen, sie ist beruflich in vielen Städten unterwegs.

Im vergangenen Jahr ist ihr Unternehmen „Institut für Kooperative Planung und Sportentwicklung“ aus Stuttgart von der Verwaltung beauftragt worden, einen Sportentwicklungsplan für Geesthacht zu erstellen, dessen Zwischenstand sie im Ausschuss für Sport- und Bildung vorstellte.

Dr. Thurn hat sich ein sehr positives Grundurteil gebildet

Unterwegs war sie im gesamten Stadtgebiet. „Dabei habe ich mir ein sehr positives Grundurteil über Geesthacht gebildet“, sagt Dr. Thurn. „Wir haben große Teile im öffentlichen Raum zu Fuß abgelaufen und einen guten Eindruck bekommen.“ Dabei wurden Schulhöfe begutachtet, Sportplätze, -hallen und Skateranlage, das Freizeitbad, die Bikestrecke, Vereine und Einrichtungen im öffentlichen Raum wie Steganlagen und der Fitnesspark auf dem Mentzer-Werft-Platz.

Denn es geht um alle Facetten. „Die Sportentwicklungsplanung soll neben den Bedarfen der Bevölkerung und der Sportvereine auch die Bedarfe der Bildungseinrichtungen in den Fokus nehmen. Zudem sind neben den Sport- und Bewegungsräumen auch die Angebots- und Organisationsentwicklung, die Vereinsentwicklung sowie die Sportförderung zu betrachten“, erläutert das Institut für Kooperative Planung und Sportentwicklung den Auftrag.

Die Stadt soll Geld dahin geben, wo es benötigt wird

Mit den dann erarbeiteten Handlungsempfehlungen soll im Abschlussbericht ein effizienter Einsatz der Mittel aufgezeigt werden. „Damit die Stadt Geld dahin geben kann, wo man es auch benötigt“, sagt Dr. Julia Thurn. Der Plan soll gelten für die nächsten zehn bis 15 Jahre. „Die Finanzierung klammern wir erstmal aus. Wir kommen von der Bedarfsseite her“, sagt sie. „Der öffentliche Raum hat viel Potenzial. Die Verzahnung zwischen Stadt- und Sportentwicklung wird stärker werden. Wenn ich weniger Raum habe, gilt es, Funktionsbereiche für mehr Aufenthaltsqualität miteinander zu verknüpfen“, sagt Dr. Thurn in einer Einschätzung.

In einem ersten Schritt waren 5000 zufällig ausgewählte Geesthachter ab zehn Jahren gebeten worden, bis Ende November 2020 in einem Fragebogen ihre Meinung zu den sportlichen Verhältnissen in Geesthacht mitzuteilen – und natürlich über ihr eigenen Verhalten. Da 703 Antworten einliefen (14,1 Prozent), gilt die Umfrage als repräsentativ.

Nur zehn Prozent der 27- bis 40-Jährigen sind in einem Verein

Beim Organisationsgrad – der Zugehörigkeit zu einem Verein – zeigte sich bei der Auswertung der Daten im Diagramm ein Kurvengipfel bei den 7 bis 14-Jährigen – 49 Prozent oder 1117 Personen –, der danach steil abfällt und bei den 27- bis 40-Jährigen seinen Tiefstand erreicht (10 Prozent/580). Erwartbar, schließlich ist diese Altersgruppe durch Beruf und Familiengründung zeitlich stark belastet. Aber in Geesthacht ist diese Kurve an dieser Stelle besonders flach. „Der Organisationsgrad ist hier nicht so hoch. Ich kenne auch Städte, wo die Vereine das ganz gut hinkriegen“, weiß Dr. Thurn. Es könnte an den Angeboten liegen – „ist ein Angebot da, das zu meiner Lebensphase passt?“ – oder an der Ansprache.

Eine Ausstattung der Felder mit modernem Kunstrasen findet die Sportwissenschaftlerin nicht so entscheidend für die Entwicklung: „Für Vereine ist das aus ihrer subjektiven Sicht zwar so. Es ist aber oft ein Trugschluss.. Es ist zwar ein Punkt, der eine Rolle spielt, ist aber am Ende nicht entscheidend. Es gibt noch weitere wichtige Punkte.“

Im Herbst soll es einen Workshop geben

Insgesamt sind die Geesthachter mit ihrer Stadt in Sachen Sport recht zufrieden. zwölf Prozent finden, es treffe voll und ganz zu, dass Geesthacht sport- und bewegungsfreundlich ist, 50 Prozent meinen als zweitbeste Angabe, es treffe eher zu. Das sind überdurchschnittlich gute Werte, denn der interkommunale Vergleichswert liegt hier nur bei elf und 43 Prozent.

Im Herbst soll ein Workshop mit der Beteiligung möglichst vielfältiger Gruppen folgen. „Wir werden nicht von außen sagen: ,Das muss so gemacht werden’“ erklärt Dr. Julia Thurn das weitere Vorgehen. Das soll durch eine Diskussion mit Vertretern aus Vereinen, Schulen, offener Jugendarbeit und weiteren Aktiven erfolgen. Die Ergebnisse des dreitilgen Workshops fließen in den Abschlussbericht ein, der dann den politischen Gremien vorgestellt wird. Zu erwarten ist das Ende des Jahres oder zu Beginn 2022.