Geesthacht. 85-jähriger Geesthachter schmetterte bis 2019 zuverlässig den Bass im Kirchenchor. Für seine langjährige Treue erhält er eine Auszeichnung.

Mit 13 Jahren trat er in den St. Barbara Chor der Katholischen Kirchengemeinde Geesthacht ein, 71 Jahre später war er immer noch dabei: Der schmetternde Bass von Paul Albert Kurtz (85) war sieben Jahrzehnte im St.-Barbara- Chor zu hören. Auf dem Weihnachtskonzert 2019 ließ er seine Stimme ein letztes Mal als Sänger ertönen. Eine Ehrenurkunde sollte ihm eigentlich Weihnachten 2020 überreicht werden. Die Corona-Pandemie und ihre Gesangs- und Konzertverbote kamen dazwischen. Die Urkunde gab’s trotzdem, jüngst nun überreicht von Chorleiter Prof. Wolfgang Hochstein.

„Meine Eltern sangen schon im Kirchenchor von St. Barbara. Deshalb war es keine Frage, dass auch meine drei Brüder und ich dort eintraten“, erzählt der 85-Jährige. Mit 13 Jahren war seine Stimme aber noch glockenhell und so kam es, dass „Pauli“, wie er von vielen Geesthachtern genannt wird, zunächst im Frauenchor sang.

Nach 71 Jahren ist Schluss für „Pauli“ Kurtz im St. Barbara Chor

Chorleiter Prof. Wolfgang Hochstein (l.) überreicht Paul „Pauli“ Kurtz die von Heide Schuhart gestaltete Ehrenurkunde.
Chorleiter Prof. Wolfgang Hochstein (l.) überreicht Paul „Pauli“ Kurtz die von Heide Schuhart gestaltete Ehrenurkunde. © Denise A. Funke

„Damals war der Chor aber noch nicht so groß wie heute. Erst unter der Leitung von Wolfgang Hochstein wurde er immer größer“, lobt Pauli Kurtz. Dass Hochstein, Musikwissenschaftler, Hochschullehrer, Kirchenmusiker und Komponist, den Chor leitet, bezeichnet Pauli Kurtz als Gottesgeschenk: „Es wäre ohne Wolfgang Hochstein gar nicht möglich gewesen, Stücke wie beispielsweise von Mozart aufzuführen.“ Hochstein, der durch seine Tätigkeit an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg beste Kontakte hatte, „konnte ein ganzes Orchester integrieren“, sagt Kurtz.

In der Regel stand der leidenschaftliche Sänger, der in den 1950er-Jahren auch ein erfolgreicher Amateurfußballer beim Düneberger SV war, zusammen mit dem renommierte Chor sowie Solisten und Orchester zweimal im Jahr auf der Bühne. Ein Konzert wurde in der großen Halle der Hitzler-Werft in Lauenburg vom Geesthachter Rotary Club organisiert. Das andere war stets das Weihnachtskonzert, das traditionell zwischen den Jahren Hunderte Besucher in die St.-Barbara-Kirche lockte.

31 Weihnachtskonzerte und jede Menge musikalische Höhepunkte

Bei 31 Weihnachtskonzerten war Pauli Kurtz dabei. „Zu Hause gesungen habe ich nicht, geübt wurde bei den Proben oder bei der Stimmbildung, die wiederum mit Kaffee und Kuchen bei unserem Chorleiter stattfand“, erzählt der Geesthachter. Wird er nach den musikalischen Höhepunkten gefragt, muss er nicht lange überlegen. „Das waren eindeutig Carmina Burana von Carl Orff, The Armed Man von Karl Jenkins und die Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart“, sprudelt es aus ihm heraus.

„Für uns Chormitglieder war er der ,Multifunktions-Pauli’, da er so gut wie alles erledigte. Wenn der Weihnachtsbaum zu ausladend war, ist unser Pauli ihm mit der Säge ans Geäst gerückt“, schmunzelt Melanie Förster, die ebenfalls im St.- Barbara-Chor singt. „Wenn geprobt werden sollte, dann hat Pauli mal ,eben’ 85 Stühle und Tische umgestellt“, schiebt Sängerin Renate Hochstein nach. „In der Nähe von Pauli zu stehen, war immer von Vorteil, da er so viel Ruhe ausgestrahlt und stimmlich immer im Rhythmus lag“, sagt sie.

Letzter Vor-Corona-Auftritt des St. Barbara Chors war im Hamburger Michel

Im Jahr 2019 verabschiedet sich Paul Kurtz mit dem feierlichen Weihnachtskonzert in der St. Barbara Kirche als aktiver Sänger.
Im Jahr 2019 verabschiedet sich Paul Kurtz mit dem feierlichen Weihnachtskonzert in der St. Barbara Kirche als aktiver Sänger. © Denise A. Funke

Den letzten öffentlichen Auftritt, damals schon ohne ihren Pauli, absolvierte der rund 80 Mitglieder umfassende Chor am 9. Februar 2020 im Hamburger Michel während der Schluss-Vesper der Ansgar-Woche. „Seit März haben wir keine Proben mehr, auch nicht online oder auf großen Plätzen. Denn bei all diesen Notbehelfen fehlt doch immer das richtige Chorgefühl, von den sozialen Kontakten ganz zu schweigen. Insofern lassen sich derzeit auch keine Perspektiven aufzeigen. Das gemeinsame Singen wird vermutlich das letzte sein, was nach dem Abklingen der Corona-Pandemie wieder gestattet wird – leider!“, berichtet Wolfgang Hochstein.