Geesthacht. Das Helmholtz-Zentrum in Geesthacht entwickelt einen Internetauftritt. Orkanereignisse der vergangenen 70 Jahre abrufbar.

Es ist eine beliebte Annahme: Wegen des Klimawandels gibt es immer mehr Stürme. Und die würden auch noch stärker. Mit einer neuen, vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) entwickelten Webseite – www. sturm-monitor .de – soll jeder Nutzer künftig selbst einschätzen können, ob ein Sturm oder Orkan extrem oder doch ein normales Ereignis ist.

Die aktuelle Windsituation draußen vor der Haustür lässt sich mit den Trends der vergangenen sieben Jahrzehnte vergleichen. „Wir haben uns Mühe gegeben, dass die Texte allgemeinverständlich sind“, sagt der Meteorologe Dr. Oliver Krüger vom HZG. Er hat den Sturmmonitor zusammen mit seinem Master-Studenten Daniel Krieger konzipiert und umgesetzt. Ein Fazit, das sich aus der Datenlage ziehen lässt: Nein, die Zahl der Stürm ist ist nicht gestiegen, auch nicht deren Stärke. „Im Hinblick auf den Klimawandel dürfte für viele besonders interessant sein, dass die vergangenen Jahre keineswegs die sturmreichsten waren. So war die Sturmintensität in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren deutlich größer als heute“, so Dr. Krüger.

In den 80er-Jahren war es deutlich stürmischer als heute

Der Orkan „Sabine“ etwa, der im Februar für Schäden im Norden sorgte, sei keineswegs ein Ausreißer nach oben gewesen, sondern ein ziemlich „normaler“ Orkan. Die Sturmsituation der jüngeren Zeit, so zeigt der Sturmmonitor, ist eher gemäßigt. Das schwerste Sturmereignis liegt demnach schon gut 50 Jahre zurück: der Orkan Bermpohl im Jahr 1967. Er wurde nach dem Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) benannt, dessen Besatzung im Sturm ums Leben kam. Vermutlich wurde die "Adolph Bermpohl" von einer riesigen Welle getroffen und zum Kentern gebracht.

Am Morgen nach dem Orkan wurde zwar der Seenotrettungskreuzer gefunden, der die schwere See überstanden hatte – die vier Seenotretter und drei von ihnen gerettete Fischer jedoch blieben verschwunden.

Über der Deutschen Bucht sind seitdem nie wieder so hohe Windgeschwindigkeiten gemessen worden. „Seit den 60er-Jahren hatte es bis in die neunziger Jahre zunehmende Sturmaktivität gegeben“, sagt Dr. Oliver Krüger. Danach ging es zurück auf ein normales Level. Der Orkan Bermphol erreichte 1967 fast Level 10, Kyrill, der 2007 enorme Waldschäden verursachte, gerade Stufe 3.

Wer auf dem Sturmmonitor die Daten Sachsenwald und Herzogtum-Lauenburg ablesen möchte, klickt auf der Startseite auf „Deutsche Bucht und Hamburg“. Die Ereignisse sind Groß-Region zugeordnet. „Sie sind repräsentativ für die ganze Fläche“, sagt Dr. Krüger.

Auf der Seite sind zahlreiche Datenerhebungen dargestellt

Dann lassen sich sechs Diagramme scrollen, beginnend mit der Stärke des geostrophischen Windes. Hier wird der Wind in mehreren Kilometern Höhe gemessen, weil es am Boden Beeinflussungen gibt. Bäume wachsen an Messstationen empor, Häuser werden in der Nähe gebaut, das macht Daten über die Jahrzehnte schwer vergleichbar. Laut Studien stehen der Wind in Bodennähe und der geostrophische Wind in engem Zusammenhang.

Weitere Tafeln nennen die Anzahl der Stürme je Saison und pro Monat. Eine schwarze, veränderliche Linie zeigt dabei aktuell an, ob die Saison gerade über oder unter dem orange dargestellten Mittelwert liegt. Nutzer können ablesen, wie viele Stürme bis 1950 zurück besonders stark waren und wie oft ein Sturm einer bestimmten Intensität auftritt.

Eine Einschätzung über die weitere Entwicklung der Stürme traut sich Dr. Oliver Krüger nicht zu. „Da hätte ich Bauchschmerzen“, sagt der Meteorologe. Verlässliche Prognosen gebe es nicht.