Geesthacht. Mit einer Initiative für mehr und bessere Ausbildung will die Stadt Geesthacht attraktiver auf dem Arbeitsmarkt werden.
Die Stadtverwaltung ist besorgt, viele Stellen bald nicht mehr besetzen zu können. Ein Grund ist der demografische Wandel: Bis 2030 werde jede achte Stelle nicht mehr besetzt werden können, bis 2040 sogar jede sechste, so die Rechnung. „Immer mehr Baby-Boomer gehen in Rente“, erläuterte Achim Hainke von der Fachdienstleitung Personal dem Hauptausschuss. Sorgen bereitet die Besetzung von Planstellen in der sozialen Arbeit und von technischen Ingenieuren, aber auch Verwaltungsfachangestellten.
Laut aktuellen Stellenausschreibungen sind gesucht: ein Diplom-Ingenieur für den Abwasserbetrieb, eine Koordinierungsfachkraft und ein Erzieher für das Familienzentrum Regenbogen sowie ein Stadtinspektoranwärter im Rahmen eines dualen Studiums. Hainke: „Die Entwicklung ist am Anfang. Ein Ausweg ist, dass wir unsere späteren Kollegen selbst ausbilden.“
Vorteil der Verwaltung: Jobs sind krisensicher
Die große Frage: Wie schafft man es als Stadtverwaltung, für junge Leute attraktiver als die freie Wirtschaft zu werden? Eine Chance sieht der Erste Stadtrat Dr. Georg Miebach in der aktuellen Krise. „Ich sehe in Corona-Zeiten Vorteile für Verwaltungsjobs“, sagt er. Dazu gehört beim öffentlichen Dienst die Sicherheit eines stabilen Arbeitsplatzes. Zudem bedeute es nicht, eine einmal begonnene Tätigkeit in der Verwaltung ein Arbeitsleben lang auszuüben. „Bei uns gibt es einen bunten Aufgabenstrauß abzuarbeiten“, so Miebach.
Helfen soll, offensiver für das Berufsfeld zu werben. Dazu gehört, mehr Akquise zu betreiben und bereits an Schulen frühzeitig Akzeptanz zu schaffen. Zudem hätten Berufsanfänger „goldene“ Aussichten in der Verwaltung. Miebach: „Sie haben beste Karrierechancen aufgrund der Altersstruktur bei uns.“
Der erste Schritt in die Zukunft: Die Stadt möchte ihre Ausbildung neu ordnen. Eine wichtige Rolle soll Stefanie David vom Fachdienst Personal übernehmen. Zur Zeit sei David nur 20 Prozent ihrer Arbeitszeit mit dem Thema Ausbildung befasst. Zukünftig soll sie sich aber genau darauf konzentrieren. Einen Antrag im Stellenplan gibt es bereits. Sollte der Haushalt im kommenden Frühjahr genehmigt werden, „dann dürfen wir das umsetzen“, so Miebach.
Erster Stadtrat möchte hohes Ausbildungsniveau
David hätte dann die Aufgabe, ein Konzept zu erarbeiten, das die Überlegungen der Verwaltung aufgreift. Der Erste Stadtrat erwartet, dass sich alle Abteilungen dieser Aufgabe stellen. „Ich will ein hohes Niveau in der Ausbildung, dauerhaft und durch alle Bereiche“, sagt er.
Dazu gehöre auch, „dass in allen Bereichen hochwertige Ausbilder tätig sein müssen“, so Dr. Miebach. Ob bei Neueinstellungen die Bereitschaft zur Ausbildung eigentlich ein Einstellungskriterium sei, wollte Hans-Werner Madaus (SPD) wissen und empfahl, dies in der Arbeitsplatzbeschreibung zu verankern.
„Danach darf es nicht abbrechen, dass wir die Qualifikation nach der Ausbildung nicht adäquat fortführen. Die Chancen der Weiterentwicklung und Qualifizierung für höhere Positionen müssen im Haus geleistet werden“, fordert Bürgermeister Olaf Schulze. „Wir müssen uns breiter aufstellen. IT-Kräfte bilden wir bereits aus und fangen nun zudem an, Erzieherinnen auszubilden. Wir finden Fachkräfte nicht am Markt, sondern machen es selber.“
Dazu sollen bald auch Ingenieure kommen. Auf dem Arbeitsmarkt sind sie häufig schwer zu begeistern, zahlt doch die Wirtschaft in aller Regel höhere Gehälter als der öffentliche Dienst. Geesthacht sucht die Kooperation mit einer Fachhochschule, um in einem dualen Studium Ingenieure für Hoch- und Tiefbau auszubilden.
Mehr Personal soll Warteschlangen im Bürgerbüro reduzieren
Die Stadt will aktuell auf die angespannte Situation im Bürgerbüro reagieren: Für die Sitzung des Finanzauschusses am heutigen Montag, 2. November, um 9 Uhr im Rathaus, bei der der Etat für 2021 beraten wird, steht auch die Ausweisung einer Stelle für eine Verwaltungsfachangestellte im Plan.
Als Begründung wird die höhere Anzahl von Bürgern durch neue Wohngebiete genannt. Die Wartefristen seien derzeit unverhältnismäßig und würden beanstandet. Die Mitarbeiter seien am Limit – durch die Neueinstellung soll dieser publikumsintensivste Bereich im Hause entlastet werden.