Kollow. Kirsten Schnackenbeck steht seit 36 Jahren hinter dem Tresen im Mückenbach in Kollow. Schon ihr Urgroßvater hatte dort eine Gaststätte.
Es ist 12 Uhr. Die letzten Frühstücksgäste haben die Gaststätte Mückenbach in Kollow verlassen, die Tische sind abgedeckt, alles ist sauber und aufgeräumt. Inhaberin Kirsten Schnackenbeck steht hinter dem hölzernen Tresen und wäscht die letzten Gläser ab. Jeder Handgriff wirkt routiniert und gekonnt. Kein Wunder – ist sie doch in diesen Räumlichkeiten quasi groß geworden und bereits seit nunmehr 36 Jahren selbst Wirtin der beliebten Gaststätte in der Ortsmitte.
Die Historie des Mückenbach ist lang. Bereits die Urgroßeltern von Kirsten Schnackenbeck hatten an dem Standort einen Kolonialwarenladen mit einer kleinen Gaststätte. Beide wurden 1913 Opfer eines Brandes und komplett zerstört. Ihr Großvater Friedrich Schnackenbeck hat dann noch im gleichen Jahr den Wiederaufbau begonnen und schließlich den Gasthof Zur Linde mit Saal eröffnet – und solange geführt, bis sein Sohn Herbert, der Vater von Kirsten Schnackenbeck, den Betrieb letztlich übernommen hat.
Früher gehörte zum Gasthof auch eine Landwirtschaft
Die Erinnerungen an die Zeit sind noch sehr lebendig. „Damals gehörte zu dem Gasthof auch eine Landwirtschaft“, weiß die schlanke Wirtin. Fleisch aus dem Schlachthof? Gemüse vom Großmarkt? Das gab es nicht. Es wurde selbst geschlachtet und das Gemüse kam aus dem eigenen Garten. Bis in die 60er-Jahre hinein versorgten sich die Wirtsleute weitestgehend mit ihrer eigenen Ernte. Irgendwann wurde die Arbeit zu viel, erinnert sich Kirsten Schnackenbeck, und die Haltung der Kühe und Schweine wurde aufgegeben.
Anfang der 70er-Jahre zogen sich die Eltern aus der Gastronomie zurück und wollten erst Haus und Hof verkaufen. Kirsten Schnackenbeck hatte mittlerweile in Bergedorf eine Ausbildung zur Fotografin absolviert und lebte mit ihrem Partner in Hamburg. Zehn Jahre lang wurde der Saal von einem Karateverein genutzt, bis der Vertrag nicht mehr verlängern wurde. Und die Wohnung über der Gaststube stand mittlerweile leer.
1984 hat sie die Gastwirtschaft wiederbelebt
Ende der 70er-Jahre zog Kirsten Schnackenbeck mit ihrem Partner zurück nach Kollow. Nachdem 1982 ihre Tochter geboren war, kam die gemeinsame Idee auf, die Gastwirtschaft wiederzubeleben. Der Wiederaufbau bedeutete viel Arbeit. „Es war nichts mehr da. Gar nichts“, sagt Kirsten Schnackenbeck. Kein Stuhl, kein Tisch.
Die Räumlichkeiten waren runtergewirtschaftet und komplett leer. Eineinhalb Jahre wurde alles renoviert, Möbel im alten Stil wurden zusammengesammelt, der Tresen wurde angefertigt. Was Neues? Kam nicht infrage, sagt die Wirtin. „Ich wollte genau das Ambiente im Jugendstil haben, das zu dem Haus passt.“ Am 13. Juni 1984 fand die Eröffnung statt.
Die Gäste standen in Dreierreihen vor dem Tresen
Schnell entwickelte sich das Mückenbach, wie Schnackenbeck in Anlehnung an ihren Nachnamen die Kneipe nannte, zum beliebten Szenelokal der Gegend. „In der Anfangszeit war hier unglaublich viel los. Es war der Treffpunkt der Jugend der Region“, erinnert sie sich.
Die Gäste standen in Dreierreihen vor dem Tresen, sonntags gab es Frühschoppen mit Livemusik, abends war es voller junger Leute, die sich – damals noch ohne Handy – trafen, um gemeinsam abzuhängen und Billard zu spielen. Viele Abiturjahrgänge haben dort ihren Abschluss gefeiert.
Seit dem Jahr 2000 führt Kirsten Schnackenbeck die Gaststätte allein – anfangs noch mit Personal, heute ohne. Nebenbei hat sie ihre drei Kinder großgezogen. „Es war auch bei viel Arbeit immer eine schöne Zeit“, sagt sie. Sie hat den Trubel und das volle Haus geliebt. Seit 2002 ist es wesentlich ruhiger geworden. Bis zu dem Jahr war noch regelmäßiger Betrieb im Saal. Musik- und Tanzveranstaltungen haben auch für die wirtschaftliche Sicherheit gesorgt. Aber von einem Tag auf den anderen war Schluss im Saal.
Die urigen Räumlichkeiten bieten sich für Familienfeiern an
Elf Jahre hat Kirsten Schnackenbeck zusätzlich zum Gaststättenbetrieb mittags in der Rudolf-Steiner-Schule in Bergedorf, die ihre Kinder besucht haben, die Schulküche betrieben. „Jetzt sind alle erwachsen, haben ihren eigenen Beruf und ich konzentriere mich nur noch auf das Mückenbach“, erzählt sie.
In den urigen Räumlichkeiten und dem idyllischen Garten finden viele Familienfeiern oder Jubiläen statt, vormittags von 8 bis 12 Uhr wird Frühstück serviert und sonntags von 14 bis 18 Uhr Kaffee und selbst gebackener Kuchen. Dienstags bis Freitags herrscht dann ab 19 Uhr Kneipenbetrieb. Zum frischgezapften Bier bietet das Mückenbach eine kleine Auswahl getränkebegleitender Speisen – und viel Geschichte.