Geesthacht. Am Wochenende wurden 756 Proben an mobilen Abstrichstationen entnommen. Prof. Jan Kramer sieht den Zwangstests allerdings skeptisch.
Das LADR-Zentrallabor von Prof. Jan Kramer testet seit Freitag Reiserückkehrer. Mobile Abstrichstationen für die Tests sind am Fähranleger bei Puttgarden auf Fehmarn und auf dem Busbahnhof in Neumünster aufgebaut – beide Stellen gelten als Knotenpunkte für den Reiseverkehr. An diesen Terminals sind jeweils in der Kernzeit von 9 bis 17 Uhr kleine Teams von zwei bis drei Mitarbeitern vor Ort, die Abstriche werden von Medizinern gemacht.
Wer einen Test machen will, muss auf Fehmarn nicht einmal aussteigen, die Ärzte treten, wenn ein Bedarf signalisiert wurde, in Schutzkleidung ans Autofenster heran. Die Reisenden fahren danach weiter, die Proben werden per Intermed ins Zentrallabor nach Geesthacht transportiert, nach bis zu 48 Stunden liegt ein Ergebnis vor. Die Tests sind für die Rückkehrer kostenlos, 50,50 Euro Laborkosten werden dafür bei den Kassen fällig – diese Summe wurde vom Bundesgesundheitsministerium festgelegt. Es kommen 15 Euro hinzu für den Abstrich beim entnehmenden Arzt.
Unter Reiserückkehrern bisher ein Corona-Fall entdeckt
Unter den 756 Proben vom Wochenende wurde bisher ein Corona-Fall entdeckt. Woher der Infizierte kommt, darf Kramer aus Gründen des Datenschutzes nicht sagen. Das Ergebnis wird an den Getesteten und das Gesundheitsamt an dessen Wohnort übermittelt.
Für Testpersonen, die schnell eine Bescheinigung benötigen, um sie beim Arbeitgeber oder anderen Stellen vorzulegen, bietet das Geesthachter Labor von heute an einen neuen Service an. Über eine App und das Webportal „LADR Mein Laborergebnis“ lässt sich das Testergebnis aufrufen und ausdrucken.
Kramer befürchtet Ausreizung der Kapazitätsgrenze
Für Reiserückkehrer sind die Tests immer noch freiwillig. Das soll sich für Rückkehrer aus offiziellen Risikogebieten noch diese Woche ändern. Prof. Jan Kramer sieht das skeptisch. „Das halte ich für problematisch“, sagt er. Er befürchtet eine Ausreizung der Kapazitätsgrenze. „Insgesamt hatten wir in der Kalenderwoche 30 (20. bis 26. Juli) im LADR-Verbund etwa 30.000 PCR-Untersuchungen durchgeführt“, berichtet er. Mit Laboren bundesweit seien es 563.553 gewesen, eine Steigerung von 14 Prozent gegenüber der Kalenderwoche 29.
„Als Spitzenwert sind eine Million Tests pro Woche durchführbar“, sagt Kramer. Das könne nur kurzfristig geleistet werden, nicht dauerhaft. Und in diese Richtung würde es gehen, sollte ein Test für alle Reiserückkehrer aus dem Ausland zur Pflicht werden. „Die Geräte laufen dann unter Volllast, Wartung und Service müssen funktionieren. Ein zweites großes Thema sind die Testkits und Verbrauchsmaterialien, die weltweit benötigt werden. Und die großen Hersteller rationieren uns Labore in der Belieferung noch“, sagt er.
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Kramer vergleicht die Situation mit Intensivbetten im Krankenhaus, die auch nicht alle belegt würden, um Reserven für einen medizinischen Notfall zu haben. Er verweist auf die Schulöffnungen, zudem beginne im Herbst die Influenza-Saison. Sein Appell an die Politiker: „Mit Augenmaß vorgehen.“ Ebenso appelliert Kramer an die Reisenden, auch im Urlaub vernünftig zu bleiben. Dann könne man sich Tests von Reisenden aus Nicht-Risikogebieten sparen.
„Einiges tut nicht weh, wenn man es einen Tag liegen lässt“
Kreissprecher Karsten Steffen hält ein Verfahren wie auf Fehmarn und Neumünster für den Kreis Herzogtum-Lauenburg nicht für sinnvoll, es fehlten in der Region die großen Verkehrsanbindung, meint er. Sollte der Bedarf an Tests angesichts steigender Infektionszahlen zunehmen, gäbe es ausreichend Personal, das an verschiedenen Dienststellen abgezogen werden könne, um zu reagieren. Auch könne die Kontaktermittlungsgruppe von zurzeit zwei bis drei Mitarbeitern wieder aufgestockt werden.
Es gebe 730 Köpfe in der Kreisverwaltung, und einiges „tut nicht weh, wenn man es einen Tag liegen lässt“. Es seien erhebliche Erfahrungswerte gesammelt worden, sagt Steffen. Er schließt aus, dass der positive Fall aus den mobilen Testterminals des LADR-Labors im Lauenburgischen wohnt, im Gesundheitsamt sei nichts bekannt geworden.