Geesthacht. Ein Hamburger Mediziner schreibt nun Heftroman für den Kelter Verlag, der mit Versand und und Druckerei in Geesthacht ansässig ist.
Sie heißen Dr. Norden, Dr. Laurin, Wyatt Earp, Hüttenwirt Toni oder der Bergpfarrer. Es sind Romane, die die Leserinnen und Leser knapp 70 Seiten lang in eine heile Welt entführen, die sich vor der Kulisse großer Kliniken, des Adels, Wilden Westens oder einer alpinen Bergwelt entfaltet. Romantische Romane mit Happy End, in denen es um große Gefühle, Sehnsucht und Hoffnung geht, gewürzt mit einer Prise Dramatik. „Groschenromane“ wurden sie lange genannt, und viele schauen noch immer abschätzig auf die schmalen Hefte, die im Zeitschriftenregal zu finden sind. Das aber dafür bereits seit Jahrzehnten.
Seit 1938 gibt es den Kelter Verlag, er ist der älteste Romanverlag Deutschlands und seit 1957 mit Druckerei, seit 1961 auch mit Versand in Geesthacht ansässig. „Wir produzieren im Grunde Märchen für Erwachsene“, sagt Seniorchef Gerhard Melchert. Und das erfolgreich. Einer der Bestseller ist mit rund 90 Millionen verkauften Exemplaren die Arztserie Dr. Norden. Bislang. Denn im August bekommt der smarte Mediziner Konkurrenz von Chefarzt Professor Konstantin Hartwig, der in einer namhaften Klinik in Norddeutschland plötzlich mit den drastischen Auswirkungen der Corona-Pandemie konfrontiert wird. Der Clou: Der Autor der Serie, Peik Volmer, war bis vor wenigen Jahren als Urologe in Hamburg niedergelassen.
Kelter Verlag: Neuer Autor ist Peik Volmer
Ein ungewöhnlicher Berufswechsel. Wie kommt ein Mediziner dazu, einen Heftroman zu schreiben?„Ich stamme aus einer Generation die gern schrieb“, erklärt Peik Volmer. Liebesbriefe, Tagebuch, Geburtstagswünsche. Dann kam der erste Versuch eines Romans. „Sehr umfangreich, beinah zu umfangreich“, gibt der 63-Jährige zu. Das Format Heftroman sei ihm da viel sympathischer. „Es ist erschwinglich, verängstigt nicht durch großes Volumen und erhebt keinen Anspruch auf Ewigkeit.“ 2018 sprach er beim Kelter Verlag vor und erhielt dort seine Chance, eine erste Arztserie zu verfassen. „Dr Sonntag – kein Halbgott in Weiß“. „Die Fortsetzungen müssen aber warten“, kündigt Volmer an. Denn jetzt beschäftigt er sich tagtäglich mit seinem neuen Protagonisten Professor Hartwig. „Um Missverständnissen vorzubeugen: Er trägt keine autobiografischen Züge“, betont Volmer lachend. „Aber – ich schaffe eine Figur, die ich immer gern gewesen wäre“, verrät er. Ehrgeizig, engagiert, nervenstark, ein wenig eitel, liebenswert, zuverlässig. Ein guter Vater, und ein treuer Freund. Perfekt also. Geradezu märchenhaft. Aber Volmer zeichnet seine Figuren gern mehrschichtig. Eindimensional ist dem hemdsärmeligen Autoren zu wenig. Humor und Ironie spielen in seinen Romanen eine ebenso große Rolle wie berührende Liebesszenen.
Fundiertes Hintergrundwissen ist für Heftromane wichtig
25.000 Zeichen muss er jeden Tag zu Papier bringen, ständig neue Erlebnisse seiner Figuren erfinden. „Häufig fangen abends, wenn ich einschlafen will, die Personen an, ein Eigenleben zu entwickeln. Ich frage sie nach ihren Sehnsüchten, Ängsten und Geheimnissen und sie vertrauen mir diese an. Am nächsten Tag muss ich nur noch aufschreiben, was sie mir vorgegeben haben.“Klingt leicht. Ist es das? Nein, sagt er. Es erfordert eine Menge Disziplin. Und auch Recherche, ergänzt Cheflektorin Dr. Christina Gallo. „Gerade der aktuelle Hintergrund der Corona-Pandemie muss ja auch realistisch abgebildet werden. Da reicht die Fantasie allein nicht aus“, sagt sie. Fundiertes Hintergrundwissen sei auch für die Heftromane wichtig. „Die Menschen wollen die heile Welt“Umso mehr schätzt sie gemeinsam mit Seniorchef Gerhard Melchert und ihrem Kollegen Dr. Andreas Schäfer, dass sie einen echten Mediziner als Autoren für ihren neuen Arztroman haben. „Hier paart sich Fachwissen mit Fantasie und einer guten Schreibe. Das sind sehr gute Voraussetzungen.“
Viele Kelter-Autoren schreiben unter Pseudonym
Viele Kelter-Autoren schreiben unter Pseudonym. Peik Volmer nicht. Er steht selbstbewusst zu dem, was er tut. „Ich habe ein straffes Pensum. Alle 14 Tage erscheint ein neuer Roman. Das muss man erstmal schaffen!“ Schämen? Wofür? „Die Menschen wollen die heile Welt“, sagt Melchert. Sie wollen einen Kontrast zu ihrem Alltag, eine Flucht aus Belastungen und Stress, Unterhaltung vor attraktiven Kulissen, Liebesgeschichten, die trotz Konflikten zu einem Happy End führen. Märchen eben. „Besonders in unruhigen Zeiten wie der Pandemie“, sagt Melchert. Hier kommt Professor Hartwig gerade zur richtigen Zeit.
Der Kelter Verlag:
1938 Gründung des Martin Kelter Verlags in Leipzig
1941 Übernahme des Deutschen Literaturverlags
1945 Wiederaufbau des Verlags in Hamburg
1948 Der Verlag „Mein Roman“ wurde als erster deutscher Verlag, der Romanhefte über den Zeitschriftenhandel verbreitete, nach dem Krieg gegründet
1951 Vereinigung der beiden Verlage „Mein Roman“ und „Martin Kelter“
1957 Aufbau der verlagseigenen Druckerei in Geesthacht
1960 Bau mehrerer Wohnhäuser für Mitarbeiter der Druckerei in Geesthacht
1961-63 Kauf von Grundstücken im Gewerbegebiet Geesthacht für den Versand
2014 Gründung von Kelter Media. Einige Klassiker wie Dr. Norden und Sophienlust sind jetzt auch online erhältlich