Geesthacht. Vermittlungserfolg: Trotz Schließung für Besucher fanden alle Hunde ein neues Heim. Corona weckte bei Vereinsmitgliedern Kreativität.
Seit 1973 gibt es das Geesthachter Tierheim nun, aber so etwas sei wohl noch nicht vorgekommen, meint Sarah Kubisch. Sie ist seit sieben Jahren 1. Vorsitzende von „Tierschutz Geesthacht und Umgebung“. Der Verein betreibt das Tierheim an der Lichterfelderstraße 10, und wohl zum ersten Mal in seiner Geschichte sei es hundefrei, berichtet sie.
Der letzte Fundhund war nicht lange da. Den ausgebüxten Streuner, der vergangene Woche in Dassendorf aufgegriffen wurde, holte Herrchen einen Tag später wieder ab. Und mit „Spencer“ steht zwar noch ein Vierbeiner auf der Vermittlungsliste, aber der Owtscharka befindet sich nicht mehr auf der Anlage, er rauft sich gerade mit einer Mitarbeiterin zusammen.
Vermitteln über Internet-Seite klappt gut
Die gute Vermittlung der Hunde – das ist wohl auch eine Folge der Tierheim-Schließung während der Corona-Zeit. „Vermitteln durften wir aber die ganze Zeit“, erläutert Sarah Kubisch. Nur eben nicht regulär für alle Besucher öffnen. Weil das Vermitteln über die übersichtliche Internet-Seite so gut klappte, wird nun überlegt, dieses Prinzip beizubehalten, wenn wieder Besucher empfangen werden dürfen.
Die Ingenieurin für Umwelttechnik hat auch eine Erklärung: „Während der normalen Öffnungszeiten sind oft nicht so viele Mitarbeiter vor Ort, die sich um die Interessenten kümmern können.“ Im Internet dagegen hätten die Tierfreunde dagegen alle Zeit der Welt, sich über ihr Wunschtier zu informieren.
Tierheim ist passabel durch Corona-Krise gekommen
Auch ansonsten ist das Geesthachter Tierheim passabel durch die Corona-Krise gekommen. „Wir sind mit mit blauem Auge davongekommen“, sagt Sarah Kubisch. Die Zahlungen der Stadt Geesthacht (50.000 Euro), des Amtes Hohe Elbgeest und der Stadt Lauenburg (25.000 Euro), die „mitversorgt“ werden, reichen jedoch nicht, um die Kosten des Tierheims zu decken. 60 Prozent des Etats müssen die Tierschützer über mehrere Einnahme-Quellen selbst beisteuern.
So gibt es Spenden, Patenschaften (ab fünf Euro), Mitgliedsgebühren (35 Euro), Futterspendeboxen in Geschäften und eben die Gebühren für die Tiervermittlung. Ein Hund kostet 300 Euro, eine Katze 110 Euro. Die Tiere werden entwurmt, entfloht, gechippt und geimpft abgegeben.
Auf Facebook gab es einen eigenen Flohmarkt
Sarah Kubisch hatte sich zunächst Sorgen gemacht, dass während des Lockdowns diese Einnahmen einbrechen. Aber das war nicht der Fall, nur eine Handvoll Patenschaften für die Tierheim-Tiere – ab fünf Euro möglich – wurden gekündigt wegen Kurzarbeit. Aber diejenigen wollen alle wieder einsteigen, wenn es ihnen finanziell besser geht, ist Sarah Kubisch versprochen worden.
Um die befürchteten Ausfälle zu kompensieren, entwickelte das Tierheim-Team pfiffige Ideen. Auf Facebook wurde eine Flohmarkt-Gruppe ins Leben gerufen. Die Hälfte des Verkaufserlöses fließt als Spende in die Kasse des Tierheimes. „Was da alles verkauft wurde“, wundert sich Sarah Kubisch. Neben Bücher und Spielen auch Mundschutze und ein Stück Dachrinne. In den ersten vier Wochen wurden so 500 Euro eingenommen. Zudem hat die Tierschutz-Vorsitzende ein ganz persönliches Projekt in Angriff genommen. Sie startete zum Spendenlauf. Die Idee: Sie will 2.500 Kilometer laufen, pro abgerissenem Kilometer werden von Tierfreunden ein Euro als Spende gezahlt. „Wir haben bisher 549 Euro eingenommen“, sagt sie – für 412 absolvierte Kilometer. Auch diese Aktion läuft über Facebook.
Elf Katzen und drei Kaninchen suchen ein neues Heim
Für die Zukunft möchte Sarah Kubisch die Einnahmen des Tierheims auf eine noch breitere Basis stellen. Von ansässigen Firmen gibt es als Unterstützung nur die jährliche Spende der Metallwaren-Fabrik Walter Förster, und einmal im Monat darf auf der Wiershoper Deponie der Buhck Gruppe der Tierheim-Müll entsorgt werden. Da ist also noch viel Luft nach oben. „Auf die hiesigen Firmen zuzugehen, steht ganz oben auf meiner Agenda“, sagt denn auch Sarah Kubisch.
Bleiben nach dem Auszug der Hunde elf Katzen und drei Kaninchen, die aktuell auf der Homepage vermittelt werden, und die 14 „Wildis“. Das sind eingefangene, verwilderte Katzen, die in einem großen waldähnlichen Außengehege leben. Sie werden nicht vermittelt. Jedenfalls nicht an „normale“ Haushalte. Hin und wieder kämen jedoch Anfragen von Landwirten nach genau diesen Katzen, berichtet Sarah Kubisch. Denen ist die Fähigkeit, Mäuse und Ratten zu fangen, wichtiger als ein schnurrender Schmuser.
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Ehrenamtliche Fänger werden gesucht
Weil es immer noch verwilderte Katzen „ohne Ende“ gebe, sucht der Tierschutzverein händeringend ehrenamtliche Fänger. Fangabend ist meistens am Mittwochabend gegen 18 Uhr. „Aber das kommt drauf an, wie schnell die Katzen in die Fallen gehen“, erläutert Sarah Kubisch. Die Tiere werden vorher ein paar Tage an die Boxen gewöhnt. Ein Hotspot ist gerade in Worth: Knapp 20 freilebende Streuner werden dort vermutet. Da es jedoch nur zehn Fallen gibt, klingt das nach einem längeren Einsatz.