Geesthacht. Das Coronavirus bereitet vielen Unternehmern Sorgen, aber gleichzeitig weckt es Kreativität. Ein Spaziergang durch die Stadt.
Heute wirken die Straßen in Geesthacht irgendwie besonders leer. Anscheinend tut das kleine Schneechaos am Montagmorgen sein Übriges zur Coronastimmung samt Kontaktverbot. Selbst die Hühner des Landhofs Buhk an der Straße Besenhorst kommen nicht aus ihren Mobilställen heraus und die Bushaltestellen entlang der Berliner Straße zum ZOB werden kaum genutzt.
Es ist alles schon ein wenig verrückt. Vor zwei Tagen noch strahlender Sonnenschein, jetzt eisige Temperaturen und Schneegestöber. Und noch dazu die Coronakrise, die das sonst so quirlige Leben in Geesthacht zum Erliegen bringt. Was einst als so selbstverständlich galt, ist nun vorerst Geschichte. Wer beispielsweise am Fotoautomaten im Budnikowsky ein Foto ausdrucken möchte, muss nun darauf verzichten. Ein Zettel klebt daran: „Bitte nicht mehr nutzen. Wir wollen die Ansteckungsgefahr minimieren.“ Und selbst beim Geldabheben in der Sparkasse bleibt das Thema Corona nicht aus. Beim Einschieben der EC-Karte ploppt ein Hinweisschild auf: „Alle Haspa-Filialen bleiben geöffnet. Lediglich Öffnungszeiten sind teilweise eingeschränkt.“
Bürger tragen beim Einkaufen Mundschutz und Handschuhe
Noch präsenter ist das Thema in der sonst so belebten Fußgängerzone. Die meisten Menschen, die aus dem Rewe-Center kommen, tragen einen Mundschutz oder Einweghandschuhe. Und Taschen voller Lebensmittel. Und Toilettenpapier. Die großen Schaufensterscheiben und Eingangstüren sind jetzt nicht mehr blitzeblank und kahl, viele haben Kundeninformationen aushängen. So auch beim Kaufhaus Nessler, dem Café Plus und Tchibo.
Doch manche Unternehmer dürfen aktuell noch öffnen – unter bestimmten Voraussetzungen. So zum Beispiel Optiker Jacob. Augenoptikermeister Uwe Edler öffnet nach einem Klopfen an der Tür und sagt: „Wir dürfen noch Kunden empfangen, allerdings dürfen wir sie nur einzeln hereinlassen.“ Arbeit trotz der Coronakrise sei noch da. „Viele bestellen ihre Kontaktlinsen und holen diese ab. Meist mehrere Packungen. Auch kommen Kunden vorbei, die eine schnelle Reparatur ihrer Brille benötigen“, so Edler. Nur das Augenüberprüfen sei aktuell eher schwierig, da sich das Virus ja auch über die Augenbindehaut übertrage.
Schaufenster-Shoppen beim Schuhhaus Purwin
Ein paar Häuser weiter sind die Lichter aus. Alles dunkel, nur die Schaufenster, die voller Schuhe sind, leuchten. Mehrere Zettel weisen auf einen neuen Lieferservice des Schuhhauses Purwin hin. Die Idee: Auf Instagram und Facebook werden jeden Tag verschiedene Modelle gepostet. Die können dann per E-Mail oder Telefon bestellt und nach Terminvereinbarung geliefert werden. Auch Schaufensterkaufen geht: Alle Modelle sind nummeriert und können somit ebenfalls bestellt werden. „Was für eine pfiffige Idee“, sagt eine ältere Dame, die gerade mit vollgepackten Taschen daran entlang läuft.
Weiter geht es in Richtung Liliehofpassage, vorbei an der Geschäftsstelle der Lauenburgischen Landeszeitung. Hier sind fast alle Mitarbeiter der Anzeigenabteilung und der Redaktion die meiste Zeit im Homeoffice. Redakteurin Elke Richel ist allerdings noch vor Ort und sagt: „Es kamen schon einige Bürger vorbei, die ans Fenster geklopft und sich für die informative Berichterstattung bedankt haben.“
„Dat Teehus“ liefert nun im Umkreis von zehn Kilometern
Auch im Geschäft Nähkästchen arbeitet noch jemand. Der Grund: Geschäftsführerin Heide-Lucia Gloor bietet einen Hermes-Paketshop an. Nach einem Klopfen öffnet sie die Tür, zieht sich zuvor schnell ein paar Einweghandschuhe über. Dann sagt sie: „Die Situation ist bescheiden. Wie soll man seine Miete bezahlen?“ Aktuell öffne sie von 10 bis 13 Uhr den Laden, darf allerdings keine Stoffe und keinen Garn verkaufen. Nur Pakete annehmen. „Ansonsten haben die Kunden noch die Option über unseren Onlineshop Ware zu kaufen. Das läuft aber nicht besonders gut“, sagt sie mit trauriger Stimme und schließt hinter sich die Ladentür.
Deutlich positiver gestimmt ist hingegen Angela Gelhar, die seit sechs Jahren gemeinsam mit ihrem Mann „Dat Teehus“ an der Norderstraße betreibt. Hier muss keiner einem die Tür öffnen, hier darf man noch so eintreten. Die 53-Jährige und eine Mitarbeiterin sind gerade dabei, Tee abzuwiegen und abzufüllen. „Wir überstehen diese schwere Zeit“, sagt sie. Zum Glück habe sie viele Stammkunden, die nun schnell ihren Tee oder Kaffee herausholten. Wer nicht persönlich vorbeikommen möchte, kann seinen Wunsch aber auch liefern lassen. „Wir haben einen Mindestbestellwert von 20 Euro. Fahren aber dafür auch einen Umkreis von zehn Kilometern an“, sagt die 53-Jährige, die an das klingelnde Telefon geht und eine Bestellung für Schwarzen Tee entgegennimmt.
Expert Megaland bietet einen Drive-In-Service an
Auch im Gewerbegebiet kämpfen viele Unternehmer um ihre Existenz. Während sich auf dem Famila-Parkplatz ein Auto an das andere reiht, ist das Bild beim Expert Markt sehr übersichtlich. Geschäftsführerin Kirsten Brinkmann, die zwei weitere Filialen leitet, ist aber trotzdem positiv gestimmt. Sie sagt: „Die aktuelle Coronasituation ist für uns eine echte Herausforderung, aber wir haben uns ein Konzept überlegt.“ So gibt es seit Beginn der Coronakrise einen Drive-In-Service. Brinkmann erklärt, wie das funktioniert: „Kunden können ihre Bestellungen im Internet aufgeben und dann bei uns am Markt abholen. Wir holen die Ware aus dem Geschäft, stellen sie davor ab und der Kunde kann sie einladen.“ Dabei sei den Wünschen keine Grenzen gesetzt: Egal ob Kühlschrank, Staubsauger oder doch nur ein kleines Netzwerkkabel, man sei für die Bürger da.
Weiter hinaus im Ortsteil Grünhof-Tesperhude zieht es am verschneiten Montag auch nur wenige Leute raus vor die Tür. Selbst an der Elbe gibt es kaum Spaziergänger zu entdecken. Von Touristen ganz zu schweigen. Auffällig ist aber ein großes Pappschild an der Steinmauer des Cafés Koch: „Geöffnet von 12 bis 17 Uhr“ steht darauf. Der große Eingangsbereich samt Tischen und Stühlen ist natürlich nicht besetzt, weiter hinten steigt einem der Duft von frisch gebackenem Kuchen und Torten in die Nase. Eine freundliche Begrüßung samt Lächeln folgt von Junior-Chefin Ulrike Bichowski, die gerade aus der Backstube kommt. Sie erzählt, dass ein leeres Café natürlich deprimierend sei, man aber trotzdem versuche, das Beste aus der Situation zu machen. So habe Bichowski aktuell auch einen richtigen Verkaufsschlager kreiert: einen Klopapier-Kuchen. Die Nachfrage sei groß und der Wunsch nach etwas Humor in dieser Krisenzeit ebenso.