Geesthacht. Geesthacht will seinen Standortvorteil nutzen. Wasserstoffproduktion könnte Forschungsschwerpunkt ergänzen.
Eine Vision, die elektrisiert: „Kann nicht der Standort des Kernkraftwerks ein Standort der grünen Wasserstoffproduktion und -speicherung werden?“, sinnierte Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze (SPD) auf der jüngsten Ratsversammlung über die Zukunft des Energiestandortes Geesthacht. Befeuert hat Schulze die Nachricht aus Berlin, dass Geesthacht den Zuschlag für ein neues Institut für maritime Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erhalten hat.
Deutschland war bis vor wenigen Jahren führend
90 Wissenschaftler sollen an der Entwicklung von schadstoffarmen Antrieben für Schiffe forschen, eben auch an wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Batterie-Systemen. Deutschland war noch bis vor wenigen Jahren führend in dieser Technologie: Moderne U-Boote haben sich zum Verkaufsschlager entwickelt, die deutsche Autoindustrie hatte zunächst auf die Brennstoffzelle gesetzt, dann jedoch die Entwicklungskosten gescheut.
Krümmel bietet sich zur Wasserstoffgewinnung an
Krümmel bietet sich als Standort für Wasserstoffgewinnung an: Atomkraftwerk und Pumpspeicherwerk erforderten eine Anbindung an die Stromnetze, die künftig weiter genutzt werden könnte. Doch der KKW-Rückbau soll mehr als zehn Jahre dauern, die Betriebsgenehmigung eines Zwischenlagers für radioaktive Abfälle auf dem Kernkraftwerk-Gelände reicht sogar bis 2046.
Unterstützung für den Bürgermeister kommt von der CDU. „Wasserstoff ist das nächste Ding“, sagte deren Fraktionsvorsitzender Karl Hermann Rosell. Die Christdemokraten haben zur Ratsversammlung am Freitag, 13. Dezember, in Abstimmung mit Schulze einen Antrag gestellt. Titel: „Energie(wende)standort Geesthacht“.
CDU stellt Antrag in Ratsversammlung
„Das passte gerade zu der Meldung, dass das Forschungsprojekt kommt“, meint Rosell. Der Bürgermeister wird in dem Antrag gebeten, „mit den Stadtwerken Geesthacht Gespräche zu führen, um die Versorgung mit Wasserstoff für Geesthacht und das hiesige Umland zu errichten.“ Gemeint ist ein Komplettpaket – Herstellung, Speicherung und Logistik von H2 bis zur Betankung von Kraftfahrzeugen, Bahnen und Binnenschiffen. Um das Vorhaben in Gang zu bringen, schwebt der CDU zunächst die „Bildung eines Runden Tisches“ vor.
Die nördlichen Bundesländer wollen Technologie vorantreiben
Deutschland habe die Innovationen verschlafen, meinen Kritiker zur Entwicklung der Wasserstoffforschung hierzulande. Einst führend, hätten nun Asiaten die Nase vorn. Aber es tut sich etwas, nicht nur in Geesthacht. Begünstigt durch Standortvorteile, wie etwa viel Windkraft, haben die nördlichen Bundesländer sich vorgenommen, die Wasserstofftechnologie voranzutreiben.
So stellten die Wirtschafts- und Verkehrsminister aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bei einem Treffen Anfang November in Lübeck ein Strategiepapier vor. Sie, fordern mehr Geld vom Bund zur Förderung und zum Ausbau der Wasserstofftechnologie.
Kieler Landtag will eine Wasserstoffindustrie
Der schleswig-holsteinische Landtag legte Mitte November nach, sprach sich mit großer Mehrheit für den Aufbau einer Wasserstoffindustrie auf Basis der erneuerbaren Energien aus und forderte die Landesregierung auf, einen Maßnahmenkatalog zu erstellen. In Norddeutschland haben sich bereits einige Projekte damit beschäftigt, wie sich Wasserstoff – etwa mit überschüssigem Windstrom (Power to Gas) – gewinnen und auch speichern lässt, etwa im bestehenden Erdgasnetz.
Politisch günstiger könnte das Umfeld kaum sein für den Vorstoß, die entsprechende Forschung und Entwicklung auszubauen, meinen Befürworter wie Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze (SPD). Schließlich komme zur Wasserstoffforschung, die bereits am Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) betrieben wird, nun auch das neue Institut für maritime Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach Geesthacht: „Damit wird Geesthacht als Wasserstoff-Standort gestärkt.“ Daran werde Kiel nicht vorbeikommen.
Ansiedlung von Wasserstoffproduktion würde zu Geesthacht passen
„Die Ansiedlung einer grünen Wasserstoffproduktion würde zu dem Energiestandort Geesthacht passen“, formuliert Karl Hermann Rosell im Antrag seiner CDU-Fraktion. „Mein Vorschlag geht weit über eine Tankstelle hinaus“, sagt er zur Bedeutung des Antrags, den er zur nächsten Ratsversammlung angemeldet hat. So solle zur Herstellung von H2 möglichst vor Ort gewonnene regenerative Energie verwendet werden. Mit Pumpspeicherbecken und Solarpark werde vor Ort bereits „saubere Energie“ produziert. Zudem gäbe es immer noch die Idee eines Laufwasserkraftwerkes an der Elbe. Genutzt werden könnte auch Strom aus dem Netz, wenn die Abnahme überschüssiger Energie zu vergünstigten Tarifen erfolgen könne.
Antrag will Stadtwerke als vorrangigen Partner
Vorrangiger Partner sollen dem Antrag nach die Stadtwerke Geesthacht sein, Außerdem Vattenfall („die haben die meiste Erfahrung, so Schulze), HZG und das DLR Institut, zudem die Hitzler Werft Lauenburg, die VHH mit Busbetriebshof in Geesthacht sowie die bereits mit dem HZG zusammen arbeitenden Unternehmen. „Mal sehen, ob wir vielleicht noch den Kreis mit einbinden“, überlegt der Bürgermeister.
Ob es auf Geesthachts Ratsversammlung auch Gegenwind geben wird? Olaf Schulze gibt sich gelassen: „Ich glaube nicht, dass da jemand etwas dagegen hat.“