Geesthacht/Berlin. Die Bundesregierung will 15 Millionen jährlich in einen Geesthachter Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) investieren.
Als umweltverträglicher Schiffsantrieb der Zukunft wird die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle aktuell hoch gehandelt. Und bei der Entwicklung solcher Wasserstoff-Schiffe könnte Geesthacht zu einem Vorreiter werden. Experten eines neuen Instituts des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sollen hier künftig maritime Energiesysteme für die Schifffahrt entwickeln.
„Richtig große Sache für die Region“
Den Beschluss für die Finanzierung traf am Donnerstagabend der Haushaltsausschuss des Bundestages. Mit 15 Millionen Euro pro Jahr will der Bund das neue DLR-Institut fördern, um maritime Energiesysteme für die Praxis zu erforschen. „Das ist eine richtig große Sache für die ganze Region, es ist das erste Institut des DLR in Schleswig-Holstein“, freute sich Norbert Brackmann (CDU). Der Lauenburger Bundestagsabgeordnete ist Maritimer Koordinator der Bundesregierung und hatte sich für das Projekt in seinem Wahlkreis stark gemacht.
Positive Reaktionen gab es auch vom Koalitionspartner SPD. „Mit diesem neuen Institut hält der Technologiestandort Deutschland Einzug im Kreis Lauenburg“, sagte die Lübecker Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium.
Beispiel Wasserstoff-Projekt in Schottland
„Klimaschutz funktioniert nur mit Alternativen zu klimaschädlichen Technologien und Antrieben. Der Einsatz von Wasserstoffsystemen ist dabei ein zentraler Baustein für die Mobilitätswende“, betonte die Geesthachter Bundestagsabgeordnete und Energiepolitikerin Nina Scheer. Geesthacht sei bei der Wasserstoffforschung „zukunftsfest aufgestellt“, sagt sie auch mit Blick auf die bereits laufenden Forschungen des Helmholtz-Zentrums.
Die DLR-Wissenschaftler wiederum sind bereits an dem EU-Projekt „HySeas III“ beteiligt: Die schottische Werft Ferguson will in den kommenden Jahren eine Fähre mit Brennstoffzelle bauen. Der Wasserstoff soll auf den Orkney-Inseln mit überschüssiger Energie aus erneuerbaren Quellen produziert werden. Die DLR-Experten erstellen die Marktanalyse.
Standort auf HZG-Geländer oder Mercatorstraße
„Das ist richtig toll, für Geesthacht und die Region ist diese Nachricht eine Granate“, schwärmte Ulf Hahn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises (WFL).
Als Standort ist an eine Fläche auf dem Gelände des Helmholtz-Forschungszentrum (HZG, Max-Planck-Straße) gedacht, bestätigt Hahn. Sollte es am HZG baurechtlich nicht klappen, ist bereits eine Fläche im neuen Gewerbegebiet an der Mercatorstraße vorgesehen: „Das werden wir in aller Ruhe ausloten, jedenfalls wird es an der geeigneten Fläche nicht scheitern.“ Er hoffe auf einen verstärkten Wissenstransfer in die örtliche Wirtschaft hinein.
Bürgermeister sieht Bedeutung Geesthachts gestärkt
In einer Pressemitteilung meldete sich Bürgermeister Olaf Schulze (SPD) zu Wort: „Für die Stadt Geesthacht ist das eine tolle Sache. Durch das neue Institut wird Geesthachts Rolle als Ort, an dem Wasserstoffforschung betrieben wird, weiter ausgebaut.“
Profitieren könne nicht nur das Image der Stadt. Schulze: „Es werden weitere Arbeitsplätze in Geesthacht geschaffen. Und für Firmen, die bereits mit dem Helmholtz-Zentrum zusammenarbeiten, das seit Jahren an der Verwendung von Wasserstoff als Energieträger zum Beispiel in der Automobilindustrie arbeitet, werden Kooperationen noch interessanter.“ HZG-Sprecher Torsten Fischer sagte: „Je näher es an uns ran rücken kann, umso besser.“
150 Arbeitsplätze beim DLR angedacht
Aktuell geht Norbert Brackmann von 150 Arbeitsplätzen aus, die so nach Geesthacht kommen sollen, davon 90 Wissenschaftler. „Das Institut soll sich mit der Entwicklung von energieeffizienten und emissionsarmen Schiffsantrieben jeder Größenordnung beschäftigen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Batterie-Systemen“, so Brackmann. Dies sei hinsichtlich des Klimawandels ein wichtiges Thema: „Die CO2-Emissionen des Schiffsverkehrs sind mit knapp drei Prozent der weltweiten Emissionen vergleichbar mit den Emissionen der Luftfahrt.“ Das DLR bringe bereits eine gute Expertise mit, habe Brennstoffzellensysteme für Schiffe wie die „AIDAnova“ entwickelt.
Vermutlich schon Mitte 2020 soll der Bau des DLR-Instituts in Geesthacht beginnen. „Das neue Institut soll die gesamte Kette der Energieversorgung für Schiffe von der Versorgung mit Brennstoffen über deren Speicherung bis zur Bereitstellung von Strom, Wärme und Kälte an Bord als integrierte Systemarchitektur bearbeiten“, so Brackmann.
Ali Demirhan, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Geesthachts Ratsversammlung, dankt Brackmann für dessen Initiative: „Für den Ausbau des Wissenschaftsstandortes Geesthacht ist das erfreulich“, so Demirhan „Die Errichtung der neuen, zusätzlichen Forschungseinrichtung ist eine großartige Chance, Aufwertung des Standortes. Wir als Wirtschaft sehen die Möglichkeiten von noch mehr Zusammenarbeit“, sagt Jürgen Wirobski, Vorsitzender der Wirtschaftlichen Vereinigung Geesthacht.