Geesthacht. Geesthacht. Wer einen hilflosen Jungvogel findet, ist häufig selbst hilflos: Was machen mit dem kleinen Tier? Der Nabu gibt Tipps.

Es zwitschert und piepst in den Gärten und Grünanlagen Geesthachts. Kein Wunder, denn etliche Vogelarten ziehen in diesen Wochen ihre Jungen auf. Wer jedoch nicht nur mit den Geräuschen der Küken konfrontiert wird, sondern auch mit deren Anblick, wird schnell nervös.

Falsche Hilfe kann auch schaden

Nur wenige wissen, welche Vogeljungen tatsächlich verwaist sind und Hilfe brauchen. Und wie diese aussehen müsste, damit sie nicht mehr schadet als nützt.

„Aktuell werden viele Jungvögel gefunden“, berichtet Heike Kramer, Vorsitzende des Geesthachter Naturschutzbundes (Nabu) von Anrufen. „Viele Bürger rufen an, weil sie helfen wollen, aber nicht wissen wie“, sagt sie.

Erste Frage: Ist der Vogel verletzt

Grundsätzlich stehe am Anfang immer die Frage: Ist der Vogel äußerlich verletzt? Wenn das der Fall ist, wäre ein Tierarzt der richtige Ansprechpartner. „Als Nabu können wir zwar beraten, aber keine verletzten Tiere behandeln und wir machen auch keine Vogelaufzucht mehr“, klärt Heike Kramer auf.

Sind dem Küken keine Verletzungen anzusehen, gilt es die Situation weiter abzuklären. „Wenn der Vogel nicht befiedert ist, kann man versuchen, ihn vorsichtig ins Nest zurückzusetzen. Der Geruch, den man dabei hinterlassen würde, ist nicht so entscheidend“, räumt Kramer mit einem Ammenmärchen auf.

„Geruchssinn bei Vögeln nicht sehr gut ausgeprägt“

Dieses besagt, dass die Elterntiere ihre Küken verstoßen, wenn sie menschliche Gerüchen an ihnen wahrnehmen. „Tatsächlich ist der Geruchssinn bei den meisten Vögeln aber nicht sehr gut ausgeprägt“, klärt Nabu-Mitglied Friedhelm Ringe auf.

Ist das Nest nicht zu sehen, aus dem der Nestling gefallen ist, wäre erneut der Tierarzt die richtige Adresse.

Küken halten Kontakt

Besitzt der verlassen scheinende Nachwuchs bereits ein volles Federkleid, handelt es sich wahrscheinlich um einen flüggen Jungvogel. „Wenn er in Gefahr ist – also eine Straße oder Katzen in der Nähe sind – sollte man versuchen, den Vogel an einen sicheren Ort in der Nähe zu setzen. Denn die Jungvögel halten meistens Kontakt zu ihren Eltern. Die halten sich aber fern, so lange Menschen in der Nähe sind“, erklärt Heike Kramer.

Darum ist der Karton, zu dem Finder gerne greifen, um die Küken für den Transport zu einem sicheren Ort hineinzusetzen, nicht immer eine gute Idee. Denn darin sehen die Elterntiere ihren Nachwuchs nicht.

Auf Transportkarton verzichten

Trotzdem sind Heike Kramer und Friedhelm Ringe überzeugt: Der 13-jährige Fabian, der vor gut einer Woche Entenküken – per Karton – von der Berliner Straße zum Stadtpark gebracht hat, hat richtig gehandelt. „Die Küken waren auf einem Parkplatz zwischen Autos unterwegs. Das war eine sehr gefährliche Situation. Ich hätte sie dort auch nicht gelassen“, ordnet Ringe ein.

Handaufzucht kaum zu schaffen

Von übertriebener Tierliebe rät er aber ab. „Viele, die helfen wollen, nehmen die Tiere an sich. Aber die Aufzucht ist kaum zu schaffen. Man muss sie beispielsweise am Tag über eine Dauer von 17 Stunden einmal pro Stunde füttern“, begründet Friedhelm Ringe.

Zudem könnten die wenigsten Privatleute eine ausgewogene Ernährung für die Tierkinder sicherstellen. „Alle Jungvögel brauchen Eiweiß. Es reicht aber nicht, ihnen nur Mehlwürmer zu geben – das kann man vielleicht mal einen Tag machen. Danach müsste man Spinnen und anderes Futter sammeln“, erklärt Ringe.

Schwalben blind durch Mangelernährung

Wie gravierend die Folgen einseitiger Ernährung bei Vogeljungen sein können, kann Heike Kramer berichten: „Ich weiß von Schwalben, die ausschließlich mit Mehlwürmern großgezogen worden sind – durch die Mangelernährung sind sie blind geworden“, sagt sie.

Bis Ende Juli gibt es noch viel Nachwuchs

Etwa bis Ende Juli müssen Geesthachter mit vermeintlich verlassenen Jungvögeln rechnen. Vor allem Amseln, Meisen, Spatzen, Schwalben und Ringeltauben erwarten dieser Tage Nachwuchs oder füttern bereits ihre Küken. „Junge Amseln sind sogar länger zu sehen, sie brüten sehr lange“, sagt Ringe, „teilweise haben sie ihre dritte oder vierte Brut“.

Kontaktadressen von Tierärzten, Wildtierstationen der Umgebung und Beratern hat der Geesthachter Nabu unter www.nabu-geesthacht.de zusammengestellt.