Geesthacht. . Interview Carmen Korn liest in Geesthacht und spricht im Vorfeld über ihren Weg vom Krimi zur Familiensaga
RAF-Terror, Mauerfall, Aids und Aufleben des Internets – im dritten Teil ihrer Jahrhundert-Trilogie reisen Carmen Korns Protagonisten durch vier Jahrzehnte. Der Bestseller „Zeitenwende“ beginnt im Jahr 1970 auf der Uhlenhorst.
Die Freundinnen Käthe, Henny, Ida und Lina sind inzwischen betagte Damen, haben teilweise Enkelkinder, und Erfolgsautorin Korn verwebt das Schicksal ihrer Hauptfiguren mit den gesellschaftlichen Ereignissen des 20. Jahrhunderts. In Geesthacht steht Carmen Korn am 27. Februar in der Stadtbücherei Fans Rede und Antwort. Im Interview mit unserer Zeitung spricht sie im Vorfeld über die Liebe zu ihren Figuren, den schweren Abschied von der Trilogie und ihren Weg von der Krimi-Autorin zur Familiensaga.
Ihr Roman „Zeitenwende“ ist Ende September 2018 erschienen und aktuell auf Platz 13 der Spiegel-Bestseller-Liste. Was ist das Erfolgsrezept des Romans?
Carmen Korn: Er ist das dritte Buch einer Trilogie, die vom ersten Band an viele Leser berührt hat, weil eine hohe Identifikation mit den Figuren möglich ist. Die Leser haben mich durch acht Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts begleitet, da sind wir uns alle schon sehr nahe gekommen. Und das geht auch weit über die Grenzen Norddeutschlands. Vielleicht, weil es ein kollektives Schicksal ist, das aktuell sogar Leser in Italien erreicht.
„Zeitenwende“ ist Familiensaga, Gesellschaftsstudie, Politik- und Geschichtsstunde – welche dieser Charakterisierungen ist Ihnen am wichtigsten?
Es ist eine Familiensaga vor der Kulisse eines gewaltigen und in den ersten fünf Jahrzehnten auch gewaltsamen Jahrhunderts. Die Politik und der Zustand der Gesellschaft ist jeweils eine ganz wichtige Säule, das lässt sich gar nicht anders erzählen.
Ihr aktueller Roman ist der Abschluss der Trilogie, in der Ihre Helden Henny, Ida, Käthe und Lina sowie deren Angehörige und Freunde altern und viele von ihnen sogar sterben. Wie schwer viel Ihnen der Abschied von den fiktionalen Personen?
Sehr schwer. Ich habe mit ihnen allen drei intensive Jahre verbracht. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Wie im wirklichen Leben.
Welche Figur ist Ihnen besonders ans Herz gewachsen über die Jahre?
Das wechselte im Laufe der Erzählung. Am Anfang stand mir Käthe näher als Henny, ich mochte ihre Widerspenstigkeit, ihre Courage. Später wuchs mir dann Henny sehr ans Herz, sie ist an der Seite ihres dritten Mannes Theo eine starke Figur geworden. Vielleicht habe ich am ehesten Schwierigkeiten mit Ida und ihrer Entschlusslosigkeit gehabt, Campmann zu verlassen.
Wie viel Henny, Ida, Lina und Käthe steckt in Ihnen?
Ich stecke in allen Figuren. Auch in den Männern.
Vor der Trilogie haben Sie unter anderem für den „Stern“ und die Welt geschrieben und Krimis veröffentlicht. Warum haben Sie diesen Weg eingeschlagen und gibt es grundsätzliche handwerkliche Unterschiede bei der Entstehung eines Krimis oder einer Familiensaga?
Ich habe neben den Romanen noch lange Zeit journalistisch gearbeitet, auch heute steckt noch die Journalistin in mir, das hilft mir bei der Recherche. Meine ersten beiden Bücher waren eher Kammerspiele, die Kriminalromane kamen später hinzu. Doch selbst in den Krimis interessierten mich am meisten die familiären Hintergründe. Ich denke, dass ich jetzt mein Genre gefunden habe. Große handwerkliche Unterschiede sehe ich nicht in der Entstehung. Ich bin einfach nur dankbar, all die Morde vom Hals zu haben. Das ganz normale Leben ist genügend gewaltsam.
Wie nähern Sie sich Ihren Figuren und was beeinflusst Sie beim Schreiben?
Die Figuren sind das erste, was ich entwickle. Ich denke lange an ihnen herum, lege ihnen Sätze in den Mund, um sie mir vertraut zu machen, bevor ich mit dem eigentlichen kontinuierlichen Schreiben angefangen habe. Einflüsse kommen von allen Seiten, aus dem täglichen Leben, aus dem Fundus der Erinnerungen.
Auf was können sich Ihre Leser als nächstes freuen und was erwartet die Geesthachter bei Ihrem Besuch in unserer Stadtbücherei?
Ich bin dabei, die Figuren für das neue Buch zu entwickeln. Und ich hoffe sehr, dass es mir gelingt, meine Leser noch einmal so zu berühren, wie es mir in der Trilogie gelungen ist. Dem Geesthachter Publikum werden die vertrauten Figuren begegnen. Ein paar Schicksalsfragen sind ja noch offen, nicht nur die, wer der Vater von Florentines Kind ist. Ich lese sehr gern vor und denke, das merkt man auch.