Geesthacht. Geesthacht. Das Pumpspeicherwerk am Elbufer wurde vor 60 Jahren in Betrieb genommen. Doch die Zukunft der Anlage ist ungewiss.
Etwas in die Jahre gekommen, dennoch auf der Höhe der Zeit, politisch aber ins Abseits gestellt: Das Pumpspeicherwerk (PSW) feierte gestern seinen 60. Geburtstag. Im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss hatte Hamburgs damaliger Bürgermeister Max Brauer am 15. Oktober 1958 um 11.15 Uhr den Startknopf gedrückt.
Schulkinder hatten für dieses Ereignis frei bekommen, durften dem Spektakel am Elbufer zusehen. Nie zuvor hatte es in Norddeutschland ein Kraftwerk gegeben, das aus Wasserkraft Strom erzeugt. 120 Megawatt beträgt die Nennleistung.
Schaulustige kamen in Scharen
Drei Jahre lang war die Baustelle an Elbufer und Geesthang – verbunden durch drei 612 Meter lange und im Durchmesser 3,80 Meter große Rohre – die größte Baustelle in Europa. „Das war eine Touristenattraktion für Geesthacht. Die Schaulustigen strömten in Scharen herbei, zumal nichts abgesperrt war und man richtig gut gucken konnte“, erinnert sich Helmut Knust. Der Vorsitzende des Geesthachter Heimatbund und Geschichtsvereins war damals als Jugendlicher oft auf der Baustelle und erinnert jetzt an den runden Geburtstag: „Einige der riesigen Baumaschinen waren nie zuvor irgendwo im Einsatz gewesen, das war alles neu für die Menschen.“
Speichersee fasst 3,8 Kubikmeter Wasser
Einst war das Kraftwerk nötig, um morgens, wenn Hamburgs Industrie startete, die Netzstabilität zu gewährleisten. Keine andere Technik kann so schnell auf Knopfdruck Strom liefern wie ein PSW. In verbrauchsarmen Zeiten wurde Elbwasser auf den gut 90 Meter hohen Geesthang gepumpt. Wenn der Stromverbrauch stieg, wurde das Wasser aus dem 3,8 Millionen Kubikmeter fassenden Speichersee abgelassen. Im Maschinenhaus trieb es drei Turbinen an, die wiederum Generatoren zur Stromerzeugung antrieben.
„Mit seinen Rohren ist die Anlage eines der Wahrzeichen der Stadt. Es ist großartige Technik“, schwärmt Knust von der Anlage, die inzwischen unter Denkmalschutz steht. „Es ist auch ein einmaliges Bauwerk“, sagt der Vorsitzende des Geschichtsvereins.
Potenzial findet zu wenig Beachtung
Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) hatten das Pumpspeicherwerk damals gebaut, heute gehört es dem Energiekonzern Vattenfall. Das schwedische Unternehmen hat das Geesthachter Werk 2017 in den sogenannten „Übergangsbetrieb“ versetzt. Das heißt: Geesthacht ist eines von zwei Werken in Deutschland, das aus Wirtschaftlichkeitsgründen keine Energie mehr ins Netz speisen soll – es sei denn, Bedarf und Marktpreise sind sehr hoch.
Große Investitionen sind nicht geplant, eine Stilllegung scheint nicht ausgeschlossen. „Die Anlage in Geesthacht ist knapp 60 Jahre alt. Der finanzielle Aufwand für eine Ertüchtigung wäre einfach zu hoch“, erklärte Pressesprecher Stefan Müller 2017.
Sein Kollege, Lutz Wiese, sagte am Montag auf Nachfrage unserer Zeitung: „Wir fahren die Anlage, wenn es die Marktlage zulässt“. Wobei der Vattenfall-Sprecher aber betont, dass PSW weiter als Speicher für den Strom aus erneuerbaren Energien gefragt seien. Das Werk Geesthacht sei Netzstabilisator und ‘Zündkerze’ für den Raum Hamburg im Fall eines großflächigen Stromausfalls.
„Pumpspeicher sind wie für die Energiewende gemacht, groß, sauber, flexibel, nachhaltig und vor allem langlebig“, betont Peter Apel, Geschäftsführer der Vattenfall Wasserkraft GmbH. „ Deshalb dürfen die Pumpspeicherwerke nicht zu Verlierern der Energiewende werden“, sagt Apel. Das Potenzial der Werke finde zu wenig Beachtung, kritisiert Vattenfall die Politik. Zudem würde der Betrieb durch den so genannten Wasserpfennig und Netznutzungsgebühren unwirtschaftlich.