Geesthacht. Geesthacht. Unverbindlich aber mit ganz viel Spaß: Diese Mischung möchte Agnes Bröcker Sängern mit ihrem neuen Chorprojekt bieten.

Eine Gruppe Menschen trifft sich und schmettert gemeinsam Hits und Gassenhauer, aktuelle Songs und Oldies: So funktioniert „Rudelsingen“. In mehr als 100 Städten gibt es regelmäßig solche Treffen – und Agnes Bröcker wünscht sich so etwas Ähnliches für Geesthacht auch. Die Chorleiterin der Geesthachter Liedertafel sucht Sänger ohne Altersbeschränkung zum ungezwungenen Musizieren. Einzige Voraussetzung: Sie müssen männlich sein.

30 Jahre Chorarbeit

„Das ist quasi wie Karaoke für die Masse“, sagt die 57-Jährige, die seit mehr als 30 Jahren die Chorarbeit im südlichen Herzogtum Lauenburg mit gestaltet. Außer der Liedertafel Geesthacht und diversen Kinderchören hatte die Musikpädagogin unter anderem auch den Escheburger Gospelchor „Soul and More“ unter ihren Fittichen.

Magnus wird der jüngste Sänger

Ausgangspunkt für ihr Engagement war außer der Liebe zur Musik meist die Familie – und so ist es auch dieses Mal wieder. „Musik ist einfach ein tolles Medium. Irgendwie hat immer jemand in meiner Familie singen wollen – und ich habe dann das passende Angebot entwickelt“, erzählt Bröcker und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Dieses Mal sei es Enkel Magnus. Der Fünfjährige solle der jüngste Sänger ihres neuen Chores werden, eines wenig klassischen Chores.

Man muss nicht singen können

„Wer mitmacht, muss nicht singen können“, räumt Bröcker die erste Hürde aus dem Weg, die aus ihrer Erfahrung viele Menschen am gemeinschaftlichen Singen hindert. „Die Arbeit, der Alltag – das Leben von den meisten ist eng getaktet. Darum scheuen viele die Mitgliedschaft in Chören oder Vereinen, bei denen man zu festen Zeiten da sein muss. Ich sage: Alle, die Lust haben zu singen, sich aber nicht binden wollen, können kommen“, kündigt Bröcker an.

Rudelsingen mit bis zu 10 000 Sängern monatlich

Öffnen möchte sie ihr Singen jeden ersten Mittwoch im Monat von 19 bis 20.30 Uhr im Gemeindesaal der Christuskirche. Das erste Treffen steigt am 5. September. Anstimmen möchte sie Volkslieder, Musicalmelodien, Gospel, Schlager, aktuelle Hits – alles, was Spaß macht. Und um im Vorfeld Ängste zu nehmen: Es werden Sänger des Männerchores der Liedertafel vor Ort sein und Instrumente (Piano, Keyboard, Akkordeon und Cajon) erklingen – schiefe Töne fallen also nicht auf. „Es geht darum gemeinsam Spaß zu haben. Singen tut so gut“, sagt Bröcker, die Fragen zum Projekt unter 01 60 /92 66 11 03 beantwortet. „Ich hätte natürlich auch einen Flashmob in der Fußgängerzone machen können. Aber von mehreren Treffen haben alle mehr – und vielleicht wird ja was Großes daraus.“

Rudelsingen im Norden noch selten

Während es in Nordrhein-Westfalen schon sehr verbreitet ist, finden sich im Norden auf der Landkarte des Veranstalters „Rudelsingen“ bisher nur wenige Veranstaltungsorte. Hamburg ist der nördlichste Punkt – in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist das Rudelsingen noch nicht angekommen.

Entstanden ist das Mitsing-Format in Münster. Das Original-Rudelsingen ist heute mit zehn Teams in mehr als 100 Städten Deutschlands unterwegs. Monatlich machen bis zu 10 000 Sänger bei Veranstaltungen mit, die inzwischen Eintritt kosten. Ein Vorsänger, der Gitarre spielt, leitet die Singenden an. Textsicherheit ist keine Voraussetzung: Per Beamer werden die Texte auf Leinwände projiziert. Der künstlerische Geschäftsführer des deutschen Chorverbands, Moritz Puschke, freut sich über die „lebensbejahende Alternative“ in einer zunehmend digital geprägten Welt.

Singen für die Gesundheit

Und: Gemeinschaftliches Singen ist gesund. Es baut Stress ab, stärkt das Immunsystem, Herz und Kreislauf – das belegen unter anderem Studien des Institut für Musikpädagogik der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Chorsänger seien ausgeglichener, neigen seltener zu Depressionen. Hintergrund sei die beim Singen angewendete Atemtechnik: Während bei Stress und Angst nur flach Luft geholt wird, atmet ein geübter Sänger tiefer ein. Dabei nehme der Körper mehr Sauerstoff auf, und die Durchblutung wird angeregt.