Geesthacht. Initiative Verwaltung möchte, dass Geesthacht Fairtrade-Town wird

Produkte, die unter verträglichen Arbeits- und Lebensbedingungen entstehen und deren Erzeuger von ihrer Arbeit leben können: Immer mehr Menschen bewerten Lebensmittel und Textilien nicht mehr nur nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis, sondern legen auch eine moralische Skala an. Deutlich wird das an den Marktanteilen fair produzierter Erzeugnisse. Lag der Umsatz mit dem Fairtrade-Label ausgezeichneter Produkte 2006 in Deutschland noch bei 110 Millionen Euro, ist er 2016 auf 1115 Millionen Euro gestiegen. Und auch die Stadt Geesthacht springt auf diesen Trend auf: Die Elbestadt will „Fairtrade-Town“ werden – so wie es mehr als 500 Städte in Deutschland bereits sind, unter anderem Hamburg, Lüneburg und Lübeck.

„Wir wollen in Geesthacht den Fairtrade-Gedanken voranbringen. Wir finden das gut“, nennt Rathaussprecher Torben Heuer die Motivation der Verwaltung, die internationale Kampagne der Organisation TransFair an die Politik heranzutragen. Bevor Geesthacht sich Fairtrade-Stadt nennen kann, müssen jedoch einige Hürden genommen werden. Erste Voraussetzung ist, dass die Politik dem von Bürgermeister Olaf Schulze angeschobenen Vorhaben grünes Licht gibt. Die Ratsversammlung diskutiert den Vorschlag morgen um 18 Uhr im Rathaus (Markt 15).

Stimmt die Politik zu, geht es an die Erfüllung von fünf Kriterien. So dürfte bei städtischen Veranstaltungen ausschließlich fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt und ein weiteres gelabeltes Produkt wie Tee, Zucker oder Orangensaft müsste angeboten werden. Gleiches gilt für Treffen in den Büros von Bürgermeister, Bürgervorsteher und Erstem Stadtrat. Außerdem müssen mindestens sechs Geschäfte und drei Gastronomiebetriebe Fairtrade-Produkte anbieten – die Zahl richtet sich nach der Einwohneranzahl. Darüber hinaus gelte es, mindestens eine Schule, einen Verein oder eine Kirchengemeinde zum Mitmachen zu animieren. Koordiniert würde die Umsetzung über eine Steuerungsgruppe bestehend aus Privatleuten, Politikern und Verwaltungsmitarbeitern.

Alle Städte Deutschlands, die sich mit dem Label schmücken können, das Geesthacht erhalten möchte, sind unter www.fairtrade-towns.de gelistet. Dort sind auch die Kommunen aufgeführt, die sich im Bewerberstatus befinden und die andere Ziele bereits erreicht haben: So ist Glinde mit ihrer „Fairtrade-School“ aufgeführt.

Das Fairtrade-Siegel (links) steht für fair angebaute und gehandelte Produkte. Das heißt, alle Zutaten eines Erzeugnisses müssen fairtrade-zertifiziert sein. Anders als beim klassischen Fairtrade-Siegel geht es bei den Fairtrade-Programmen (rechts) um fairen Rohstoffeinkauf und nicht um die Zusammensetzung und Zertifizierung einzelner Produkte. Unternehmen können über dieses Siegel Abnahmeverträge über einzelne Rohstoffe mit Kleinbauern abschließen. Am häufigsten greifen Kunden in Deutschland bei fair gehandeltem Kaffee zu – er ist hierzulande das mit Abstand umsatzstärkste Produkt aus dem Fairtrade-Portfolio. Auf gerade einmal etwa ein Drittel der Kaffee-Menge kommen Bananen mit dem Fairtrade-Siegel. Dicht gefolgt von Blumen und Kakao. Textilien sind auf Platz fünf der umsatzstärksten Fairtrade-Produktkategorien in Deutschland. 70 Prozent aller Fairtrade-Produkte in Deutschland sind auch Bio-zertifiziert.