Hamwarde/Geesthacht. Günter Lemke gründet Gesprächskreis für Plattdeutsch-Fans
Das gängige „Moin“, das im Hamburger Randgebiet häufig durch Straßen und Geschäfte raunt, ist ihm zu wenig: Günter Lemke will mehr. Plattdeutsch soll wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen – und nachdem er die Umsetzung dieses Ziels in seinem direkten Umfeld bereits eingeleitet hat, ist nun sein Geburtsort dran. Der 76-jährige, der in Hamwarde geboren ist und nun in Geesthacht lebt, gründet einen Plattdeutsch-Gesprächskreis – für Einwohner Hamwardes oder dort Geborene, die der Sprache bereits mächtig sind.
„Ich habe erst Plattdeutsch gesprochen und kannte als Kind gar kein Hochdeutsch“, erklärt Lemke sein Engagement für die niederdeutsche Sprache, für die sein Herz erst vor wenigen Monaten wieder entflammte. Im Januar entschied der Handwerker, der bis dato noch in dem von ihm gegründeten Hamwarder Bauunternehmen mitgearbeitet hatte, mit der Arbeit Schluss zu machen. „Von einem Tag zum anderen habe ich meinem Sohn gesagt, ich komme jetzt nicht mehr“, beschreibt Günter Lemke die schnelle Entscheidung, die er zu keiner Zeit bereut, ihn aber vor eine Herausforderung gestellt habe – er hatte plötzlich viel Zeit.
Den ungewohnten Freiraum nutzte er zum Lesen – darunter ein sehr persönliches Buch: Von seiner Mutter Emmi Miske verfasste Zeilen über ihr Leben ließen ihn nicht nur in Erinnerungen an vergangene Zeiten gleiten, sondern erweckten eine vergessene Liebe zu neuem Leben – die Liebe zum Plattdeutschen. „Auf dem Bau haben wir immer Platt gesprochen. Ich konnte es ja aus meiner Kindheit. Aber mit der Zeit kamen immer mehr junge Kollegen dazu, denen Plattdeutsch nichts mehr sagte. Es ist leider so: Die Jüngeren verstehen heute auch oft noch Platt, sie sprechen es aber nicht“, beschreibt Lemke ein Problem, dem er mit seinem Gesprächskreis entgegenwirken möchte.
Das erste Treffen könnte nur der Auftakt sein
Kommt der neue Plattdeutsch-Gesprächskreis gut an, schreckt Lemke nicht vor einer längeren Strecke zurück: Fest steht bereits, dass er am 17. November und am 15. Dezember erneut einladen wird. Drei weitere Treffen – im Januar, Februar und März – sind noch nicht terminiert, was bei Interesse aber nachgeholt wird. Nach einer Sommerpause würde der gebürtige Hamwarder im Oktober 2018 in das zweite Plattdeutsch-Jahr starten. Dieses könnte dann eine Neuerung beinhalten: „Im zweiten Schritt kann ich mir vorstellen, dass wir Hamwardern, die bisher kein Plattdeutsch sprechen, Platt beibringen“, sagt der 76-Jährige, der bereits als Lehrer Erfahrung hat. In der Grundschule Gülzow bringt er Jungen und Mädchen die Mundart schon bei. Und auch seine Kinder haben bereits Unterricht eingefordert. „Meine Tochter hat großes Interesse. Sie hat sich auch schon beschwert, dass wir ihr als Kind nicht Plattdeutsch beigebracht haben“, berichtet Günter Lemke und kann sich einen leisen Kommentar nicht verkneifen: „Wie man es macht...“, raunt er mit einem Lächeln. Denn er und seine Frau hatten sich bewusst dagegen entschieden, es mit dem Niederdeutschen zu übertreiben. „Ich wollte, dass es meinen Kindern anders ergeht als mir. Ich musste in der Schule erstmal Hochdeutsch lernen – verstanden hat man mich nicht mit meinem Platt“, erinnert er sich an eine Zeit mühsamen Lernens.
Beginnen wird der erste Plattdeutsch-Abend in Hamwarde mit einer Klönrunde. Nach dem ersten „Einsprechen“ werden unter anderem plattdeutsche Geschichten vorgelesen und Lieder gesungen. Besonderer Gast des Abend ist Helmut Knust. Der Vorsitzende der Bezirksgruppe des Heimatbundes und Geschichtsvereins, der aus Hamwarde stammt, zeigt mit historischen und aktuellen Fotos, wie sich der Ort verändert hat. Beginn ist am Freitag, 13. Oktober, um 17 Uhr im Gemeindehaus (Dreiecksplatz).