Hilfsaktion: Drei Mediziner vom Johanniter-Krankenhaus besuchen Südsudan - Patienten stehen Schlange
Operationen unter einfachsten Bedingungen - hinter Dr. Frank Templin, dem Ärztlichen Direktor des Johanniter-Krankenhauses, und seinen Kollegen Diana Joseph und Michael Perschmann liegt eine harte Zeit. Das Trio war zwei Wochen unterwegs, um im Südsudan zu arbeiten. 70 Patienten wurden in der Region Gordhim operiert, insgesamt mehr als 200 Menschen von den Geesthachtern medizinisch versorgt. Vom Flughafen aus ging es noch eineinhalb Stunden mit dem Auto zum Einsatzort in einer abgelegenen Provinz.
"Wir waren in einer Region, wo schon seit Jahren keine Ärzte mehr waren", berichtet Templin. Diana Joseph, die aktuell auf der gynäkologischen Station der Klinik am Runden Berg arbeitet aber vorher in der Chirurgie war, stammt aus dem Südsudan. Über eine Krankenschwester aus dem jüngsten Staat Afrikas, die für einen Kursus am Johanniter-Krankenhaus zu Gast war, kam der Kontakt zustande.
Dank Diana Joseph war zumindest die Sprachbarriere gering. Überraschend für die drei Geesthachter Mediziner war jedoch das Spektrum der Erkrankungen beziehungsweise deren Ausprägung. Templin: "Es war medizinisch hoch interessant, dort einige Dinge zu sehen, die man bei uns so ausgeprägt nicht mehr erlebt, weil sie einfach viel früher behandelt werden." Tuberkulose, Lepra, große Tumore, starke Unterernährung, Aids und Malaria - die Patienten boten den Medizinern einen breiten Querschnitt an Erkrankungen. Jeder Patient musste vor seiner Operation einen HIV-Test absolvieren.
Stützpunkt der Ärzte war ein Buschhospital, das sonst allein von der Krankenschwester betreut wird, die in Geesthacht zu Gast war. "Die Vorbereitung unserer Reise dauerte Monate, wir mussten ja klären, was wir alles vor Ort zum Arbeiten benötigen und was vorhanden ist", berichtet Perschmann, Anästhesist in dem Trio. "Manchmal haben wir in einem Raum an zwei Tischen parallel gearbeitet."
Eine Klimaanlage gab es nicht, im Operationssaal herrschten oft 40 Grad und mehr. Strom für das Licht lieferte ein Generator, der nicht mehr als zehn Stunden laufen durfte - um keinen Ausfall zu riskieren.
Im Südsudan - das Land ist mehr als doppelt so groß wie Deutschland - leben neun Millionen Menschen in sehr einfachen Verhältnissen. Seit der Unabhängigkeit vom restlichen Sudan im Jahr 2011 versinkt der Südsudan immer mehr in Chaos und Bürgerkrieg. "Jeder, der zu uns in die Station kam, um operiert zu werden, musste jemanden mitbringen, der sich hinterher um ihn kümmert. Das ist dort aber durchaus üblich", so Perschmann. Die Begleitpersonen schliefen auf dem Boden neben den Betten. Mehr als 200 Patienten kamen zur Sprechstunde der drei Ärzte, 70 konnten sie mit Operation helfen. "Es war sehr emotional, die Dankbarkeit war enorm. Einige Patienten waren tagelang unterwegs zu uns", sagt Templin.
Organisiert wurde der Aufenthalt zusammen mit der katholischen Hilfsorganisation Misereor, finanziert über Spenden. Und die Hilfe im Südsudan soll nicht einmalig bleiben. Deshalb sammelt das Johanniter-Krankenhaus bereits Spenden (Klinik-Konto: IBAN DE 8223052750008129 3649). Perschmann: "Beim nächsten Besuch würden wir uns auch mehr zutrauen." Einige Patienten mussten von den Medizinern abgewiesen werden. Entweder, weil ohnehin nur noch eine geringe Lebenserwartung vorlag, oder weil eine Behandlung unter den gegebenen Umständen zu riskant war.
Für den nächsten Einsatz wollen die Geesthachter einen plastischen Chirurgen mit in die Region nehmen, um Menschen besser helfen zu können, die durch Krankheiten, Unfälle oder Gewalt beeinträchtigt oder schwer entstellt sind. Templin und Mitstreiter wollen unter Kollegen für die Hilfsaktion werben: "Ich wünsche mir, dass schon sehr bald wieder ein Team von uns nach Gordhim reisen kann."