Geesthacht. Er war der “Stargast“ der Energiemesse: Franz Alt. Der 74 Jahre alte Journalist und Buchautor aus Baden-Baden sprach im Ratssaal über seine nicht unumstrittenen Visionen einer Energiewende. „Ich habe auch erst Tschernobyl gebraucht, um aufzuwachen“, stellte Alt klar.
Vor dem Hintergrund der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, dem Atomausstieg in Deutschland und den Ideen für eine Energiewende sagte Alt, dass er es nicht verstehen könne, was sich die Menschheit bisher leistet. „Noch nie hat eine Generation vor uns ihre eigene Lebensgrundlage zerstört. Das ist Homo-Dummkopf“, mahnte Alt die angeblich so intelligente Spezies Mensch. „Die Lösung unseres Energieproblems, um das viele Kriege geführt werden, steckt am Himmel. Wieso holen wir uns Öl aus Arabien und Gas aus Sibirien, statt die Sonne oder den Wind zu nutzen“, fragte Alt. „Die Sonne und der Wind schicken uns nie eine Rechnung. Und wer sagt, Windräder verschandeln die Landschaft, der soll mir mal erklären, was an einem Atomkraftwerk sexy ist“, meinte der 74-Jährige.
Fast zwei Stunden lang sprach der frühere Moderator der Sendung „Report“ und versicherte seinen Zuhörern, dass es gelingen könnte, dass sich Deutschland schon 2030 allein aus regenerativen Energien versorgt. Ein Ziel, das neben der Stadt Geesthacht bisher auch gut 100 andere Regionen in Deutschland mit politischem Willen zum Ausdruck gebracht haben. „Das bestärkt mich, dass wir mit unserer Entscheidung auf dem richtigen Weg sind“, freute sich Bürgermeister Volker Manow, der den Vortrag verfolgte. Die Stadt möchte sich nach einem Beschluss der Ratsversammlung – unterstützt durch die Stadtwerke GmbH – unabhängig machen von den endlichen Ressourcen wie Öl und Gas und auf regenerative Energiequellen wie Sonne und Wind setzen.
„Wenn Sie sich Fotovoltaik aufs Dach setzen, dann brauchen Sie kein E.on und kein RWE, sondern einen Handwerker, der etwas vom Fach versteht“, sprach sich Alt für eine dezentrale Stromerzeugung und gegen die Energieriesen aus. Die FDP kritisierte er, weil sie noch immer zu sehr die Verbindung zu den Konzernen pflegen würde. Dafür gab es Beifall von den Zuhörern. Die Rechnung des Journalisten ist einfach: Wenn bis 2030 etwa 60 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs eingespart werden, könnten die verblieben 40 Prozent mit regenerativen Energiequellen gedeckt werden. Auch mit Biomasse, so Alt. „Das bisschen Bioenergie ist nicht das Problem des Hungers auf der Welt“, sagte er. Alt: „Wenn wir es intelligent machen, haben wir Biomasse für Teller und Tank.“
Kritiker des 74-Jährigen sagen, seine Visionen seien oft zu unausgegoren. „Es kann nicht alles so bleiben wie bisher, nur mit anderen Techniken. Die enorme Mobilität der Menschen vergeudet zu viel Energie, woher auch immer diese stammt“, sagt Umweltschützerin Bettina Boll.
„Wenn wir halbwegs intelligent sind, dann überlegen wir nicht, auf den Mars oder die Venus auszuwandern, sondern versuchen, die Wüste zu begrünen“, erklärte der Stargast, der sich als Titel eines seiner Bücher selbst als „Der ökologische Jesus“ bezeichnet.