Geesthacht. Trotz Eurokrise und Griechenland-Pleite liegt ein erfolgreiches Jahr hinter den Betrieben der Region – davon hat auch der Ausbildungsmarkt profitiert. Allerdings ist der Boom bei den Lehrstellen offenbar in vielen Branchen an den Frauen vorbeigegangen, wie jetzt eine Studie der Gewerkschaft IG Metall belegt.

Demnach sei bundesweit die Zahl der von Männern unterschriebenen Ausbildungsverträge um vier Prozent gestiegen, bei jungen Frauen hat es dagegen einen Rückgang um 1,2 Prozent gegeben.

„Von den acht Azubis, die wir 2011 eingestellt haben, waren fünf männlich. Ansonsten hatten wir immer ein Verhältnis von zwei zu eins zugunsten der Frauen“, sagt Johanna Schröder, Personalleiterin im Geesthachter Rathaus. Der Trend bei den Verwaltungsberufen passe ins Bild der Studie, denn laut IG Metall sei ein Grund für den Trend, dass sich immer mehr Männer für Dienstleistungsberufe interessieren – bislang eine Domäne der Frauen, die sich seltener für Ausbildungen in technischen Berufen interessieren.

Doch dieser Trend ist nicht einheitlich in Geesthacht und Umgebung: Bei der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg dominieren zum ersten Mal die Frauen im aktuellen Ausbildungsjahrgang. So stellte die Sparkasse 16 weibliche und fünf männliche Azubis ein. „Sonst hatten wir immer ein ausgeglichenes Verhältnis“, sagt Claudio Wanjura, Leiter der Personalentwicklung. Im Labor Kramer gibt es zurzeit drei Azubis, darunter keine Jungen – wie schon in den Vorjahren. „Allerdings hatte ich in diesem Jahr erstmals einen männlichen Bewerber“, sagt Kathrin Uden-Brumm von der Personalabteilung. Das sei ungewöhnlich, weil der Beruf der Medizinischen Fachangestellten immer noch ein Frauenberuf sei.

„Auffällig ist, dass durch den demografischen Wandel insgesamt die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, einen Ausbildungsplatz zu finden. Auch wenn die Zeugnisse nicht so gut sind“, hat Andreas Dreyer, Leiter des Jugendaufbauwerks beobachtet. Die Verlierer auf dem Ausbildungsmarkt macht er eher unter den jungen Langzeitarbeitslosen beiderlei Geschlechts aus. „Hier muss ein Weg gefunden werden, diese zu integrieren“, so Dreyer.

Ulrich Hoffmeister, zuständig für den Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer in Lübeck, hat eine ganz andere Begründung dafür, dass junge Frauen bundesweit weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen haben. „Sie sind oft besser in der Schule und studieren häufiger als männliche Abiturienten. Darum sehe ich in den Zahlen der IG-Metall-Studie auch alles andere als eine Benachteiligung – im Gegenteil.“ Auch bei der Handwerkskammer sieht man eher gute Chancen für Mädchen: „Wir versuchen seit Jahren, mehr weibliche Auszubildende zu bekommen und die Betriebe sind dazu auch bereit“, sagt Pressesprecher Ulf Grünke.

Das bestätigt Urte Kummerow vom Helmholtz-Zentrum: „Junge Frauen bewerben sich immer noch viel zu wenig auf die klassischen Männerberufe, die bei uns überwiegen.“ Erstmals seit Jahren gebe es jetzt eine angehende Elektronikerin. Und bei den kaufmännischen Berufen – sonst eher eine weibliche Domäne – sei kein Vormarsch der Jungen zu beobachten. Urte Kummerow: „Dort haben wir zurzeit neun Azubis, davon drei männliche. Das ist sei Jahren konstant.“