Es ist besiegelt: Das Atomkraftwerk Krümmel in Geesthacht soll nie wieder Strom liefern. Darauf hat sich in der Nacht zu Montag die Bundesregierung mit Spitzenvertretern aus CDU/CSU und FDP geeinigt. Am 6. Juni soll der Beschluss offiziell gefasst und mehrere Atomgesetze geändert werden, um die rechtlichen Rahmenbedingen zu schaffen.

Auch Brunsbüttel und sechs weitere deutsche Atommeiler, die seit einem Moratorium im März stillstehen, sollen nicht wieder ans Netz gehen. Der komplette Ausstieg aus der Atomkraft soll nach dem Willen der Bundesregierung spätestens 2022 erfolgt sein.

„Wir nehmen die Entscheidung erst mal nur zur Kenntnis“, sagte Barbara Meyer-Bukow, Sprecherin von Vattenfall Nuclear Energy, in einer ersten Reaktion am Montag. Der Konzern betreibt die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel gemeinsam mit E.on. Eigentlich sollte E.on die Betriebsführung von Krümmel mit seinen 350 Mitarbeitern übernehmen, nachdem Vattenfall wegen zahlreicher Probleme immer wieder massiv in die Kritik geraten war.

Jetzt ist das endgültige Aus beschlossen. „Wir werden das prüfen“, sagt Barbara Meyer-Bukow zu dem noch nicht komplett vorliegenden Plan der Bundesregierung. Wirtschaftlich hat das Aus von Krümmel nicht nur für den Energiekonzern massive Folgen. Auch die 350 AKW-Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft und den örtlichen Betrieben, die regelmäßig in Krümmel gearbeitet haben, werden Aufträge wegbrechen.

Der Reaktor im AKW Krümmel wäre nach einer Reihe von Pannen jetzt technisch wieder anfahrbereit gewesen. Vattenfall hatte in den vergangenen vier Jahren fast eine halbe Milliarde Euro in die Modernisierung des Kraftwerks investiert. Seit dem Brand eines Transformators im Juni 2007 stand der Reaktor bis auf wenige Tage durchweg still. Immer wieder hatten seitdem Menschen für eine dauerhafte Abschaltung des Kernkraftwerkes demonstriert.

Der Energie-Experte Klaus Gärtner (Grüne) aus Bergedorf ist einer von ihnen. Seit 1979 kämpft er gegen Atomkraft und freut sich entsprechend über die Entscheidung der Bundesregierung: „Wenn die sieben ältesten Atomkraftwerke und Krümmel vom Netz bleiben, freue ich mich sehr. Das ist ein wirklich wichtiger Schritt – und mein größter persönlicher Triumph, wenn Krümmel wirklich nicht mehr ans Netz geht. Feiern werde ich aber erst, wenn der Beschluss offiziell ist, noch traue ich dem Ganzen nicht.“ Meinhard Füllner, Kreispräsident im Herzogtum Lauenburg begrüßt den Beschluss ebenfalls: „In der Vergangenheit hat die Bevölkerung im Kreis das Kernkraftwerk geduldet. Das ist nicht mehr so. Wir können keine Politik gegen 80 Prozent der Menschen im Kreis machen“, sagte er gegenüber unserer Zeitung. Das Atomkraftwerk Krümmel sei eine riesige Verantwortung für den Kreis gewesen, auch im Zusammenhang mit dem Katastrophenschutz. „Es war für uns klar, dass Krümmel nie wieder ans Netz darf, wenn nicht alle Zweifel beseitigt sind. Die Entscheidung zieht einen Schlussstrich und ist eine sichere Bank.“ Geesthachts Bürgervorsteher Peter Groh zeigte sich vor allem erleichtert, dass „die Hängepartie“ endlich ein Ende hat: „Ich begrüße es, dass sowohl für die AKW-Mitarbeiter als auch für Stadt und Politik jetzt Klarheit herrscht.“