Geesthacht. Straßenmusik – das gehört für viele Menschen zur Fußgängerzone dazu. Passanten freuen sich über die Klänge, die beim Einkaufen für eine gemütliche Atmosphäre sorgen. Doch die Dauerbeschallung kann auch nerven, besonders, wenn immer wieder dieselben Stücke in eintöniger Manier zu hören sind.
„Ich finde es toll, wenn hier Musiker spielen. Besonders die aus den osteuropäischen Ländern sind meistens sehr gut“, sagt Wolf Stille. Der Rentner wartet gerade auf seine Frau, die Einkäufe erledigt. Und hat Zeit, den Klängen eines Bläsertrios aus Lettland zu lauschen. „Die können es wirklich“, sagt Stille und wirft eine Münze in den Instrumentenkoffer, der vor der Gruppe steht.
Egons Kliesmets, Janis Silakalns und Janis Vilks haben sowohl klassische Stücke als auch Jazz und Boogie-Woogie im Repertoire. „Wir haben Ferien und touren durch deutsche Städte“, sagt Egons Kliesmets, der am besten Deutsch spricht. Er und Janis Silakalns studieren Musik an der Hochschule in Riga, Janis Vilks arbeitet als Musiklehrer. Wie viel sie mit ihren Auftritten verdienen, wollen die drei nicht verraten. Nur so viel: „Es reicht für Unterkunft und Verpflegung hier in Deutschland und es bleibt noch etwas für zu Hause übrig.“
Länger als eine Stunde dürfen die Straßenmusiker in Geesthachts Fußgängerzone nicht an einem Standort spielen – so steht es in einem Merkblatt des Fachdienstes öffentliche Sicherheit. Weitere Regeln: Verstärker sind nicht erlaubt, Geschäftseingänge und Verkaufsstände müssen frei gehalten werden, es darf nur zwischen 10 und 18.30 Uhr musiziert werden. Gruppen mit mehr als drei Musikern und Musiker, die CDs verkaufen wollen, benötigen eine Sondernutzungserlaubnis.
„Es kommt gelegentlich vor, dass sich jemand beschwert – meistens, wenn die Musiker zu lange an einer Stelle stehen“, sagt Jan Lauritzen aus dem Rathaus. Dann wird ein Mitarbeiter losgeschickt, überreicht das Merkblatt zur Straßenmusik. „Für diejenigen, die ihren Dienst in den Geschäften, Kanzleien, Arztpraxen und Büros unserer Stadt verrichten, ist eine Dauerberieselung mit Musik oft störend“, heißt es darin.
Das bestätigt Axel Brinkmann von der Stadtbuchhandlung: „Besonders wenn sich die Stücke immer wiederholen, nervt es – auch Kunden, die sich länger bei uns aufhalten.“ Gabriele Manske von „Blumen Schmidt“ findet, dass die Musik einfach dazugehört – auch wenn sie nicht immer ihren persönlichen Geschmack trifft. „Nur wenn offensiv um Geld gebettelt wird, ist das nicht in Ordnung“, sagt sie. Gabriele Reckler vom Modegeschäft „Cotonel“ findet, dass die Musiker oft zu lange an einem Platz stehen. Wiebke Wodarg, die gerade bei ihr einkauft, begrüßt die Straßenmusik: „Es ist dramatisch, dass osteuropäische Musiker auf diese Weise Geld verdienen müssen.“
Jewgenij Tkatschijnok spielt unterdessen unverdrossen sein Xylophon. In seiner weißrussischen Heimatstadt, 200 Kilometer nördlich von Minsk, unterrichtet er Kinder in Musik. „Hier kann ich bei einer Familie in Ochsenwerder wohnen, die ich vor einiger Zeit kennengelernt habe“, erzählt der 51-Jährige, der vor der Wende auch schon mal fünf Jahre lang als Militärmusiker in der DDR arbeitete. Er schätzt die Auftritte in Geesthacht: „Die Leute sind hier freundlicher als in Hamburg, ich komme oft mit ihnen ins Gespräch.“ Am 27. August ist sein dreimonatiger Sommerurlaub zu Ende, dann geht es zurück zu seiner Frau und den beiden Kindern.