Wohltorf. In wenigen Tagen kommen die Abrissbagger. Dann ist das Gemeindehaus Geschichte. So bunt wie jetzt, war es noch nie zuvor.

Knallbunt endet in Wohltorf auf dem Kirchberg eine Ära: wenige Tage, bevor der Abriss des Gemeindesaales mit den angrenzenden Gebäuden beginnt, durften sich am Wochenende 48 Kinder und Jugendliche beim Graffiti-Workshop mit der Sprüherei aus Reinbek austoben. Auf dem Kirchberg wird ein Neubau errichtet mit Platz für einen Gemeindesaal und eine neue Kindertagesstätte.

Mit dabei war Gundel Zschau-Buchwald (77), deren Mann Erich Zschau von 1989 bis 2005 beliebter Pastor in der Sachsenwald Gemeinde war. Vielen Wohltorfern ist sie als ein sehr kreativer Mensch in Erinnerung: begeisterungsfähig, voller Ideen und immer aufgeschlossen, etwas Neues zu probieren. „Für mich ist das heute hier ein gutes Ritual, um mich endgültig vom alten Gemeindehaus zu verabschieden“, sagt Gundel Zschau. Sie kann sich begeistern für die kunterbunten Wände, wilden Schriftzüge und bunten Graffitis, die überall im Gemeindehaus in den zwei Tagen entstanden sind.

Gundel Zschau-Buchwald ist voller Freude mit der Spraydose dabei

Und sie hat extra ein Motiv entworfen für diesen Tag: „Alles hat seine Zeit“ steht in Graffitiart gezeichnet rund um eine kleine Skizze des Gemeindehauses. „Für den Tag heute habe ich auch ein passendes Bibelzitat gefunden“, freut sie sich. Es lautet „Einreißen hat seine Zeit und Bauen hat seine Zeit“ und passt perfekt. Gundel Zschau-Buchwald zeigt ihre Skizze Sebastian Albrecht, Inhaber der Sprüherei. Der ist begeistert und erklärt ihr, wie sie ihre Idee mit der Spraydose auf die Wand bringen kann.

Für sie hängen viele Erinnerungen am Gemeindesaal auf dem Kirchberg. „Wir hatten hier tolle Theateraufführungen mit dem Maskentheater.“ Gemeint ist das Scharniertheater, das ihr Vater Hans-Ulrich Buchwald (1925-2009), Künstler und kreatives Multitalent, entwickelt hatte. Unter der Regie von Gundel Zschau-Buchwald sind viele Musicals mit den Kindern entstanden, tolle Kostüme und Bühnenbilder haben das Publikum begeistert. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes Erich vor vier Jahren ist Gundel Zschau-Buchwald noch einmal neu durchgestartet: „Ich lebe seit drei Jahren bei meiner Tochter, einer Schauspielerin, und ihrer Familie in Berlin“, erklärt sie.

Kinder und Jugendliche sind begeistert, besprühen auch ein Erinnerungsstück

Der große Gemeindesaal ist kaum wiederzuerkennen: Die früher weißen Wände sind voller Graffiti, sogar Bühne und Vorhang mussten dran glauben. Nur der Flügel steht einsam und gut mit Folien geschützt mitten im Saal.

Gundel Zschau-Buchwald sieht sich kurz um, geht entschlossen auf die Wand neben der Bühne zu und hat den Platz für ihr Graffito gefunden. Nach einer kurzen Einweisung legt sie los. „Ich mache das zum ersten

Karina, Liv und Emil (alle zehn Jahre alt, v.l.) mit der Tür, die als Erinnerungsstück aufbewahrt werden soll.
Karina, Liv und Emil (alle zehn Jahre alt, v.l.) mit der Tür, die als Erinnerungsstück aufbewahrt werden soll. © Stephanie Rutke | Stephanie Rutke

Mal und es macht richtig Spaß“, freut sie sich.

Ein echtes Highlight war das Wochenende auch für die vielen Kinder, die in Kleingruppen eingeteilt erste Erfahrungen mit der Spraydose machen durften. „Das lohnt sich und ist total cool“, erklärt Emil begeistert. Der Zehnjährige ist zusammen mit mehreren Mitschülern dabei. „Man darf einfach alles ansprühen“, sagt Anni, ebenfalls zehn Jahre alt und guckt sich begeistert im Keller des Gemeindehauses um. Hier gibt es keine einfarbige Wand mehr: Sprüche, Schriftzüge und kleine Comicfiguren leuchten von den Wänden.

Bald kommt der Abrissbagger, macht Platz für neue Räume

Damit es auch in Zukunft ein Erinnerungsstück an das alte Gemeindehaus und den coolen Workshop gibt, haben die Kinder eine Tür angesprayt, die sei behalten werden. Sie soll ihren Platz finden im Jugendraum oder vielleicht im Bauwagen, den die Jugendlichen der beiden Kirchengemeinden sich als Aufenthaltsort gestalten.

In wenigen Tagen rücken die Abrissbagger an, dann ist das Ensemble auf dem Kirchberg Geschichte. Es weicht einem modernen zweigeschossigen Neubau, in dem die Kita Kirchberg ihren Platz haben wird. Zwei Krippen- und drei Elementargruppen sind geplant. Im Erdgeschoss entsteht der neue Gemeindesaal.