Ratzeburg. Nach Aufruhr: Mit Grünen und AfD setzt die CDU durch, die Ausschreibung abzubrechen. Kritiker sprechen von Bananenrepublik.

Die fehlerhafte Ausschreibung musste wiederholt und nachgebessert werden. Es folgten viele Beratungen sowie der mehrfach vertagte Beschluss, welche Rettungsdienstanbieter im künftig dreigeteilten Kreis Herzogtum Lauenburg zum Zuge kommen sollen. Jetzt der Paukenschlag: Mit Grünen und AfD hat die CDU im Haupt- und Innenausschuss hinter verschlossenen Türen durchgesetzt, die Ausschreibung abzubrechen. Den Rettungsdienst soll der Kreis in Eigenregie durchführen. Dabei gibt es eine Handvoll gemeinnütziger Bewerber.

Die Begründungen für diesen ungewöhnlichen Schritt befördern bei wohlmeinenden Betrachtern die Kritik, der Kreis habe sich mit dem Verfahren überhoben. In einer Pressemitteilung verweist der auf Rechtsstreitigkeiten, eine Beschwerde gegen den Ausschluss gewerblicher Anbieter sowie die Forderung eines DLRG-Vertreters, den bisherigen Dienstleister, den DRK-Kreisverband, von der Vergabe auszuschließen. Er solle „unzulässig Einfluss auf Entscheidungsprozesse …. genommen haben“.

Herzgotum Lauenburg: Kreis soll Rettungsdienst betreiben

„Mit dem Beschluss gibt es endlich Sicherheit, wie der Rettungsdienst im Kreis ab dem kommenden Jahr aufgestellt wird,“ sagt Landrat Dr. Christoph Mager. Angesichts anhängiger Verfahren erscheine es derzeit fast ausgeschlossen, „dass die Leistungen des Rettungsdienstes fristgerecht hätten vergeben werden können. Durch die nun beschlossene Kommunalisierung bleiben uns knapp sieben Monate, die Organisation des Rettungsdienstes auf neue Füße zu stellen.“

Lesen Sie auch:

Dies, so gesteht der Landrat zu, war nicht als Aufgabe für die 2020 gegründete Herzogtum Lauenburg Rettungsdienstgesellschaft (HLR) gedacht, sie sollte das Rettungswesen neu organisieren. Und muss sich sputen, Personal einzustellen.

Abbruch des Verfahrens sei ein Skandal, politisch wie vergaberechtlich

„Juristische Auseinandersetzungen sind in einem Vergabeverfahren keine Ausnahme, sondern eher die Regel“, stellt Jens Meyer, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, klar. Immerhin gehe es um 60 Millionen Euro binnen fünf Jahren. Der Abbruch des Verfahrens sei ein Skandal, politisch wie vergaberechtlich.

„Weil das Ergebnis dem Kreis nicht gepasst hat, wurde das Verfahren abgebrochen, so etwas habe ich noch nie erlebt“, wählt der ansonsten zurückhaltende Rechtsanwalt und Notar klare Worte. In der SPD würden jetzt weitere Schritte beraten: Schreite der Landrat nicht ein, könne die Kommunalaufsicht eingeschaltet werden.

Manche Kritiker sind in der Wortwahl noch deutlicher als Meyer. Die Ausschuss-Entscheidung sei ein „schlimmer Treppenwitz“, andere wiederum fühlen sich an eine Bananenrepublik erinnert.

Lesen Sie auch

.
Von Ann-Kathrin Schweers und Susanne Tamm