Im Forst Hagen werden sukzessiv heimische Laubbäume gepflanzt. Damit soll verhindert werden, dass fremde Bäume das Ökosystem verändern.

Sie sind in Reih und Glied gepflanzt worden, geschützt hinter einem Zaun: Mannshoch sind manche der 3000 Eichen und Buchen auf dem 5000 Quadratmeter großen eingezäunten Areal im Forst Hagen in Ahrensburg bereits gewachsen. Doch es wird Jahrzehnte dauern, bis sie so groß sind, wie ihre Vorgänger. Früher standen hier vor allem Fichten und Douglasien. Vor vier Jahren fielen die von Insekten zerfressenen morschen Stämme einem Sturm zum Opfer. Eine Aufforstung kostet die Stadt pro Hektar rund 8000 Euro.

„Bisher sind wir noch ganz glimpflich davongekommen“, sagt Jan Richter, der als Biologe im Umweltamt der Ahrensburger Verwaltung auch für die Stadtwälder zuständig ist. „Aber es ist zu vermuten, dass mit dem Klimawandel auch die Stürme stärker werden.“ Kreisweit wurden vor allem im Herbst und Winter 2017 außergewöhnlich viele und intensive Stürme verzeichnet. Im Vergleich zu vorherigen Jahren steigerte sich die Zahl der umgeknickten Bäume um das Zehnfache.

Wichtig ist, sich nicht auf eine Baumart zu beschränken

In Zeiten des Klimawandels muss ein Baum auch gegen Starkregen und Frost gewappnet sein, gleichzeitig Hitzeperioden sowie extreme Bodentrockenheit aushalten können. Anforderungen, die laut Richter kaum erfüllbar seien: „Den perfekten Baum gibt es nicht“, sagt der Biologe. „Umso wichtiger ist, dass man sich nicht nur auf eine Baumart verlässt, sondern weit aufgestellt ist.“

Beraten wird die Stadt Ahrensburg dabei von Jens Lübbers. Neben der Schlossstadt betreut der freiberufliche Förster auch die Wälder in Glinde, Bad Oldesloe und Ammersbek. Kreisweit gibt es rund 10.000 Hektar Waldgebiet. Der Stadt Ahrensburg stehen rund 290 Hektar Wald als Eigentum zur Verfügung.

Fichten ist anfällig für Wind und Trockenheit

Dass es bei großen Stürmen oftmals die Fichten traf, wundert den Förster weniger. „Diese Baumart gehört hier einfach nicht her“, sagt Lübbers. Denn eigentlich sei der Nadelbaum in den Mittel- und Hochgebirgen Europas beheimatet. Durch eine flache Wurzelbildung ist die Fichte bei Staunässe und hochanstehendem Grundwasser dadurch stark „windwurfgefährdet“, wie die Experten das nennen. Bei zu großer Trockenheit ist sie wiederum eine leichte Beute für Borkenkäfer.

Kein einfaches Los also für den Forst Hagen, denn die Fichten machen bislang noch einen Großteil des rund 125 Hektar großen Wirtschaftswaldes aus. Vor allem in der Nachkriegszeit lieferte der Nadelbaum dringend benötigte Holz-Ressourcen. „Die Fichte wächst schnell, sodass häufiger geholzt und rasch wieder aufgeforstet werden konnte“, sagt Richter. „Mit diesem Erbe müssen wir auch noch 70 Jahre später leben.“ Heute sei die forstwirtschaftliche Vorgehensweise weitaus nachhaltiger.

Herbstlaub zersetzt sich besser als Nadeln

So vermeide man Kahlschläge grundsätzlich und führe die erforderlichen Aufforstungen ausschließlich mit standortgerechten und heimischen Laubbäumen durch. Neben Eichen und Buchen gehören hierzu ebenso Birkenwälder. Im Unterschied zu herabfallenden Fichten- und Tannennadeln könne sich das Herbstlaub zudem deutlich besser auf dem Boden zersetzen.

„Wir wollen zurück zum Naturwald, der widerspiegelt, wie es hier ohne Eingriffe des Menschen heute ausgesehen hätte“, sagt Lübbers. „Dazu bauen wir den Forst Hagen sukzessive um.“

Zwölf verschiedene Baumarten sind momentan im Ahrensburger Waldgebiet vertreten, darunter auch sogenannte Fremdländer, zu denen die aus Nordamerika stammende Douglasie ebenfalls zählt. Vermehrt sich eine gebietsfremde Baumart zu rasant, besteht die Gefahr, dass die einheimische Flora verdrängt und das hiesige Ökosystem gefährdet wird.

Alle zehn Jahre gibt es eine Inventur im Wald

In welchem Bereich eine Baumart hauptsächlich vorkommt, ist auf einer Karte dokumentiert. Blaue Schattierungen und Punkte kennzeichnen Fichten, gelb steht für Eichen, braun für Buchen. „Das ist die Grundlage unserer Planung“, sagt Lübbers. „So können wir das Vorkommen jeder Baumart besser einschätzen und wissen, wie viel Kubikmeter Holz an diesem Ort steht.“ Alle zehn Jahre wird im Forst Hagen Inventur gemacht. Dann nimmt ein Kartierer den Baumbestand neu auf.

Mehr als die Hälfte der Waldfläche wird wirtschaftlich genutzt. Gleichzeitig unterliegt das Areal als Naturschutzgebiet und als Teil des Tunneltals dem europäischen Schutzgebietssystem „Flora und Fauna Habitat (FFH)“ strengen Richtlinien. „Es bedarf keiner neuen Idee aus Berlin oder Brüssel, dass umgedacht wird“, sagt Richter. „Eine nachhaltige Zielsetzung verfolgen wir schon seit Jahrzehnten.“ Nur die Umsetzung dauere aufgrund langsamer Wachstumsprozesse entsprechend lang.

Mitte September gibt es eine Führung durch den Wald

Eine nachhaltige Forstwirtschaft ist auch für Lübbers ein besonders hohes Anliegen. Dies möchte der zertifizierte Waldpädagoge auch nach außen transportieren. So wirkt er bei verschiedenen Bildungsangeboten im Naturerlebnis Grabau mit. Die jährliche Waldführung durch den Forst Hagen, die Lübbers zusammen mit Jan Richter gestaltet, ist für Mitte September vorgesehen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Ankündigen mit dem genauen Datum werden in Kürze bei den Waldeingängen des Forstes Hagen ausgehängt.