Metropolregion Hamburg. Regionale Produkte sind sehr beliebt. Doch selbst in der Erntezeit gibt es auch weit gereistes Gemüse, zeigen Stichproben in Harburg.

Paprika und Gurken aus Spanien oder den Niederlanden, Spitzpaprika aus Ungarn und Johannisbeeren aus Nordbaden: Selbst in der Haupterntezeit Juli/August findet sich viel Frischware in den Auslagen von Discountern und Supermärkten, die ähnlich lange Reisewege zurückgelegt hat wie die heimkehrenden Urlauber.

Gerade Discountern und zentral organisierten Supermarktketten ist es oft nur begrenzt möglich, Obst und Gemüse mit kurzen Transportwegen anzubieten und damit den Wunsch der Mehrzahl der Kunden zu erfüllen. Die sollten genau auf das Etikett achten und Kilometerfresser links liegen lassen. Alternativen gibt es gerade jetzt genügend.

80 Prozent der Verbraucher halten Angaben zur Herkunft für wichtig

80 Prozent der Verbraucher halten Angaben zur Herkunft ihrer Lebensmittel für wichtig, so steht es im Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Etwa ebenso hoch ist der Anteil der Verbraucher, die Lebensmittel aus der Region bevorzugen; unter den Frauen sind es sogar 85 Prozent. Älteren Menschen ist dies wichtiger als jüngeren, aber auch bei den 19- bis 29-Jährigen sprachen sich 63 Prozent für regionale Waren aus.

„Das regionale Angebot hat sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen verbessert“, sagt Silke Schwartau, Ernährungsberaterin der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH). „Früher fanden wir oftmals keinen deutschen Apfel im Supermarkt.

Im August kommt dann schon die neue Ware

Das hat sich geändert – auch durch die Möglichkeit, die Äpfel bis in den folgenden Sommer zu lagern. Im August kommt dann schon die neue Ware.“ Allerdings sei die Kennzeichnung noch unbefriedigend, so Schwartau. Ein verlässliches Label sei das blau-weiße Regionalfenster.

Es mache konkrete Angaben über die regionale Herkunft der Ware und den Ort der Verarbeitung, werde aber noch zu wenig eingesetzt.

Beim Aldi-Markt in Harburg ist das Regio-Label zu finden

Beim Aldi-Markt in der Harburger City ist das Regio-Label zu finden. Beim Test Ende Juli kennzeichnete es Möhren aus Niedersachsen, genauer: aus Vögelsen (bei Bardowick). Die Ortsangabe präzisiert die großräumige Aussage „Niedersachsen“ und dokumentiert die ortsnahe Versorgung.

Allerdings wird dadurch auch klar, dass die ebenfalls mit Regio-Fenster angebotenen Tomaten aus Edemissen stammen. Das liegt im südlichen Emsland.

Aldi versucht, viele regionale Produkte anzubieten

Gemüse aus Edemissen punktet jedoch im Vergleich zu spanischen Gurken und Tomaten oder Spitzpaprika aus Ungarn, die ebenfalls angeboten werden. „Grundsätzlich beziehen wir, wann immer es möglich ist, unser Obst und Gemüse aus heimischer Produktion“, sagt Michael Strothoff, Sprecher von Aldi-Nord.

„In Harburg kommen fast die Hälfte unserer Obst- und Gemüse-Sorten aus den umliegenden Regionen, darunter auch bestimmte Tomaten-Sorten. Als einer der größten deutschen Discountunternehmen in Deutschland benötigen wir allerdings für unsere rund 2300 Märkte eine große Menge an Produkten. Das macht es nicht einfach, alle Märkte ausschließlich mit regionalen Produkten zu beliefern.

Bei Netto liegt Ware aus Spanien

Daher ergänzen wir auch in der Haupterntezeit unser Sortiment mit Obst- und Gemüse-Sorten aus anderen Regionen wie zum Beispiel Spanien oder den Niederlanden.“

Auch der nahe gelegene Harburger Netto-Markt kommt offenbar nicht mit heimischer Ware aus; auch hier liegt Ware aus Spanien und den Niederlanden. „Wir legen sehr großen Wert auf hohe Produktqualität und Vielfalt in unserem Sortiment“, betont Christina Stylianou, Sprecherin von Netto Marken-Discount.

Zahlreiche Artikel aus dem Obst- und Gemüsesegment kommen aus Deutschland, so Stylianou, etwa Beerensorten, Äpfel, Salate, Blattgemüse, Porree und Tomaten. „Erkennen können Netto-Kunden die regionalen Produkte an Siegeln sowie Etikett- und Preisschildauszeichnungen.

Bezeichnungen sind oft nicht nachvollziehbar

Dazu gehört das auch das Regionalfenster.“ Bei anderen Regio-Labeln ist dies nicht der Fall. Das ergab ein Marktcheck der VZHH. Bezeichnungen wie „Das Beste von hier“, „Gutes aus der Heimat“ und ähnliche Formulierungen seien oft nicht nachvollziehbar, sagt Verbraucherschützerin Schwartau. Oftmals seien als „regional“ ausgelobte Produkte quer durch Deutschland gereist – ein Beispiel: Eine Wurst mit der Angabe „aus maximal 30 Kilometer Umkreis“ wurde in einem 130 Kilometer entfernten Fleischwerk hergestellt.

Hinschauen lohnt sich

Eine bessere Orientierung schafft die Nennung der Unternehmen, für die die Ware abgepackt wurde. So stammten die Bio-Möhren in einem Seevetaler Edeka-Markt vom Unternehmen Westhof in Friedrichsgabekoog bei Büsum. Und das obwohl der Landkreis Harburg zu dem Dutzend deutschen Landkreisen gehört, in denen flächenmäßig das meiste Gemüse angebaut wird.

Hinschauen lohnt sich also. Einige Produzenten haben sogar Systeme aufgebaut, mit denen die Kunden durch die Eingabe von Produktnummern oder QR-Codes über das Internet den Ursprung ihrer Ware erkunden können. Silke Schwartau hält zum Beispiel den „Zutatentracker“ vom Fertiggericht-Anbieter Frosta (www.zutatentracker.de) für vorbildlich.