Neu Wulmstorf. Abriss auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Pleite-Fleischfabrik geht schnell voran. Was der Nachfolger auf dem Areal plant.
Die ehemaligen Gebäude von Schwarz Cranz in Neu Wulmstorf liegen zum größten Teil in Schutt und Asche – und vielen Passanten wird erst jetzt klar, um welch großes Areal es sich an der Justus-von-Liebig-Straße handelt.
Die knapp vier Hektar große Gewerbefläche im Neu Wulmstorfer Gewerbegebiet war einst das Betriebsgrundstück des bankrottgegangenen Fleischfabrikanten Schwarz Cranz und wurde im Sommer 2022 von dem Industrieimmobilien-Konzern Segro erworben. Bis dahin hatte die Gemeinde Neu Wulmstorf seit der Insolvenz des Neu Wulmstorfer Fleisch- und Wurstwarenherstellers vor rund zweieinhalb Jahren einen langfristigen Leerstand auf dem ehemaligen Firmengelände befürchten müssen. Die Erlösung kam mit Segro, das Unternehmen möchte dort eine knapp 22.000 Quadratmeter große Immobilie für logistische Zwecke bauen.
Aktuell werde mit einer Bauzeit von etwa neun Monaten gerechnet
Wie berichtet, wurden die Pläne Ende des vergangenen Jahres von Segro-Vertretern im Bauausschuss der Gemeinde vorgestellt. Das Baugenehmigungsverfahren läuft inzwischen. Eine Änderung des Bebauungsplans ist für das Vorhaben nicht nötig, das Unternehmen plant innerhalb des bestehenden Bauplans. Nach Erhalt der Baugenehmigung solle abhängig von den dann herrschenden Witterungsbedingungen möglichst zeitnah mit den Baumaßnahmen begonnen werden, teilt Segro nun mit. Aktuell werde mit einer Bauzeit von etwa neun Monaten gerechnet. Segro bestätigt zudem den Beginn der Abbrucharbeiten, die inzwischen schon weit fortgeschritten sind.
Weitere Fragen des Abendblatts, etwa nach den künftigen Mietern oder zur Nachfrage nach den entstehenden Logistikflächen, könnten vor dem Erhalt einer Baugenehmigung nicht beantwortet werden, teilte eine Unternehmenssprecherin dem Abendblatt mit. Demnach bleibt weiterhin unklar, wer nach der Fertigstellung in die geplante 21.700 Quadratmeter große Halle einziehen wird. Wie die Segro-Vertreter im Bauausschuss mitgeteilt hatten, könnten dies ein Hauptmieter sein oder auch mehrere Mieter. Die Aufteilung der Halle sei flexibel und könne verschiedenen Nutzungen angepasst werden, so die Segro-Vertreter. Angesichts der Marktlage sei es aber wahrscheinlich, dass lediglich ein Mieter in den gesamten Komplex einziehen werde.
Das Risiko für den Immobilienkonzern ist überschaubar
Segro baut spekulativ, das heißt, zunächst wird die Immobilie gebaut und anschließend je nach Nachfrage am Markt vermietet. Das Risiko für den Immobilienkonzern ist dabei überschaubar, da die Flächennachfrage das Angebot insbesondere im Hamburger Raum regelmäßig übersteigt.
Die neue Anschlussstelle Neu Wulmstorf der A 26 macht die Lage für Unternehmen noch attraktiver – auch wenn die Weiterfahrt nach Hamburg frühestens 2026 möglich sein wird.
Segro entwickelt seine Logistik- und Gewerbeflächen für den eigenen Bestand, die Immobilien werden nicht verkauft, sondern vermietet. Das börsennotierte britische Unternehmen soll in insgesamt acht europäischen Ländern knapp 10 Millionen Quadratmeter Fläche im Wert von 23,6 Milliarden Euro besitzen oder verwalten und ist Dienstleister für Kunden aus den verschiedensten Branchen.
„Die Ecke wird nicht so idyllisch bleiben wie sie ist“, warnt ein Politiker
In Deutschland ist Segro seit 1974 aktiv und verfügt hier nach eigenen Angaben über ein Immobilienvermögen in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Die im Besitz von Segro befindlichen Immobilien liegen überwiegend in unmittelbarer Nähe zu Ballungsräumen und an wichtigen Verkehrsknotenpunkten.
Und unter dem Namen „Segro Logistics Centre Hamburg Neu Wulmstorf“ nun auch bald in Neu Wulmstorf, wo sich ein Teil der Anwohner und Politiker darüber Sorgen machen, welche zusätzlichen Verkehrsbelastungen die Ansiedlung mit sich bringen könnte. „Es kommen Nutzer, die wir heute nicht kennen. Die Ecke wird nicht so idyllisch bleiben wie sie ist“, warnte SPD-Politiker Uwe Stockleben. Eine Logistik-Ansiedlung sei nicht mit einem Gewerbebetrieb zu vergleichen. Segro hat aus eigenem Interesse allerdings bereits vor dem Kauf der Immobilie ein Verkehrsgutachten erstellen lassen, das nach Unternehmensaussage positiv ausgefallen ist. Auch Schwarz Cranz hatte ja bis zur Schließung für erheblichen Verkehr in der Umgebung gesorgt.
Auf dem Dach der neuen Immobilie werden Photovoltaikanlagen errichtet
Insgesamt wolle sich Segro im Neu Wulmstorfer Gewerbegebiet sehr nachhaltig aufstellen, teilt das Unternehmen jetzt mit. „Für das geplante neue Segro Logistics Centre Hamburg Neu Wulmstorf hat sich Segro auf höchste Nachhaltigkeitskriterien festgelegt“, heißt es. Die geplante Logistikimmobilie werde „klimapositiv“ sein. „Der CO2-Ausstoß, der durch das Gebäude im laufenden Betrieb verursacht wird, ist geringer als die Emissionen, die durch die Eigenproduktion und den Export von treibhausgasfreier Energie am Gebäude entstehen werden“, so die Erläuterung.
Dafür werden auf dem Dach Photovoltaikanlagen errichtet, die den Energiebedarf der späteren Mieter decken sollen und die zum Aufladen von Elektrofahrzeugen an den ebenfalls geplanten Ladestationen genutzt werden können, teilt Segro weiter mit. Gleichzeitig werde der Energiebedarf des neuen Gebäudes optimiert – unter anderem, indem die LED-Beleuchtung über moderne Bewegungsmelder gesteuert und um viel Tageslicht ergänzt wird.
Segro überließ der der Feuerwehr und anderen Institutionen kostenlos Gegenstände
Darüber hinaus sei beabsichtigt, die Biodiversität durch das Aufstellen von Bienenstöcken, Insektenhotels und Nisthöhlen für heimische Vögel weiter zu verbessern. Dieses nachhaltige Immobilienkonzept für Neu Wulmstorf stehe im Einklang mit einer übergeordneten Strategie, sagt Segro-Manager Julian Kux: „Mit diesem Projekt gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt, um auf Unternehmensebene bis 2030 klimaneutral zu agieren. Darüber hinaus wollen wir auch in Hamburg Mehrwerte für Anwohner und Kommunen schaffen.“
Mit dem von Kux angesprochenen Konzept „Responsible Segro“ verpflichtet sich der Konzern, sich für die Gesellschaft und die Umwelt einzusetzen. Es konzentriert sich auf drei langfristige Prioritäten, von denen das Unternehmen überzeugt ist, dass es dort den größten Einfluss ausüben kann: Förderung eines kohlenstoffarmen Wachstums, Investitionen in lokale Gemeinschaften und die Umwelt sowie die Förderung von Talenten. Auch in Neu Wulmstorf wurden durch Segro bereits „lokale Gemeinschaften“ gefördert: Das Unternehmen überließ der Feuerwehr und anderen Institutionen in der Gemeinde kostenlos Einrichtungsgegenstände aus der inzwischen größtenteils abgerissenen Schwarz-Cranz-Immobilie.