Elstorf. Neues Wohngebiet, mehr Gewerbe und eine Erweiterung der Nahversorgung:Edeka soll wachsen, Volksbank möchte bleiben
Ein Dorf bekommt ein „Urbanes Gebiet“, um sich entwickeln zu können – und erhält damit ein komplett neues Antlitz im Eingangsbereich. Die Umgestaltung des Elstorfer Ortseingangsbereichs hat eine weitere Hürde im zähen Bauleitverfahren in Richtung Realisierung genommen – und wenn diese vollendet ist, wird das Entree des Ortes kaum wiederzuerkennen sein.
Denn der Eingangsbereich verändert sich an beiden Seiten der Lindenstraße - das ist die B 3, die den Ort durchschneidet. Auf dem ehemaligen Raisa-Gelände sollen auf zwei Baufeldern mehr als 60 Miet- und Eigentumswohnungen entstehen sowie ein Gewerberiegel mit 1400 Quadratmetern im Anschluss an die Tankstelle. Und auch hinsichtlich der Nahversorgung soll sich etwas tun: Die Betreiber des Edeka-Marktes möchten die Verkaufsfläche um 800 Quadratmeter erweitern. Außerdem soll im hinteren Bereich des Grundstücks ein weiteres Gebäude mit Wohnungen und Gewerbe gebaut werden. Die gesamten Pläne möchte die Neu Wulmstorfer Verwaltung den Anwohnern bei einer Informationsveranstaltung am 10. Mai vor Ort vorstellen.
Projekt in Elstorf: Anzahl der Pkw-Stellplätze ist mit 1,5 pro Wohneinheit vorgeschrieben
Der Bauausschuss der Gemeinde machte den Investor für das große Wohnungsbauprojekt auf dem ehemaligen Raisa-Gelände bei seiner Sitzung am vergangenen Donnerstagabend einmal mehr darauf aufmerksam, dass er sich bei der Planung seines Vorhabens an die Rahmenbedingungen des gültigen Bebauungsplans halten müsse. Investor Friedrich Brandt von der Deutschen Immobilen Gesellschaft (DIG) hätte sich dagegen gern etwas mehr Freiheiten gewünscht – zum Beispiel hinsichtlich des vorgeschriebenen Schlüssels für die Stellplätze oder die Fassadengestaltung mit Holz. Doch der B-Plan besteht auf Verblendstein und auch die Anzahl der Pkw-Stellplätze ist mit 1,5 pro Wohneinheit vorgeschrieben.
Brandt würde diesen gegebenenfalls gern unterschreiten – je nachdem, welche gewerblichen Mieter er für die Gewerbeflächen neben der Tankstelle gewinnen kann. Gewollt ist eine Tagespflege und eine Arztpraxis, Brandt ist nach eigener Aussage auch bereits mit möglichen Betreibern im Gespräch.
Eine Tagespflege benötige aber weniger Stellplätze als im Schlüssel vorgesehen, argumentierte der Investor, dem eine Reduzierung viel Geld ersparen könnte. Außerdem baue er viele kleine Wohnungen für Singles oder Paare, die lediglich einen Stellplatz benötigten. „Der Markt ist hitzig. Als Investoren brauchen wir daher möglichst maximale Flexibilität für unsere Projekte“, so Brandt.
Ein „Urbanes Gebiet“ in der gewachsenen Dorfstruktur
Mit der Schaffung eines „Urbanen Gebiets“ hat die Gemeinde bei der Bebauungsplan-Änderung für den Ortseingangsbereich in Elstorf vor rund vier Jahren ein damals neues Instrument genutzt. Seit der Planungsrechtsnovelle von 2017 steht den Kommunen mit der neuen Baugebietskategorie eine Möglichkeit zur Verfügung, um planerisch in innerörtlichen Gebieten eine stärkere Nutzungsmischung realisieren zu können. Vorher trennte das Gesetz noch streng in Wohn-, Misch- und Gewerbegebiete. Die Kategorie „Urbanes Gebiet“ erlaubt dagegen eine räumliche Nähe von Funktionen, wie Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung, Kultur und Sport und sieht eine im Vergleich zum Mischgebiet breiter angelegte Nutzungsmischung vor. Der Gesetzgeber reagierte damit auf die hohe Wohnungsnachfrage in städtischen Regionen.
Aber auch im zu Neu Wulmstorf gehörenden dörflichen Elstorf konnte auf diese Weise der alte Bebauungsplan geändert werden, um dort mehr und vor allem kleinere Wohnungen bauen zu können, die derzeit bei Senioren wie auch „Haushaltsgründern“ stark nachgefragt würden, wie Brandt sagte: „Große Wohneinheiten für Familien sind derzeit auf dem Dorf dagegen nicht so erwünscht.“ Ein „Urbanes Gebiet“ bedingt ein Verhältnis von Wohnen zu Gewerbe von 80 Prozent (Wohnen) zu 20 Prozent (Gewerbe), weshalb der Investor für eine Genehmigung seines Vorhabens quasi gezwungen ist, einen entsprechenden Anteil für Gewerbeansiedlungen bauen zu lassen.
DIG hat das 10.000 Quadratmeter große Areal 2019 erworben
Die soll nach den überarbeiteten Plänen nun ausschließlich auf der Nordseite des ehemaligen Raisa-Geländes im Anschluss an die Tankstelle erfolgen und als Riegel für die Wohnbebauung dienen. Die DIG hatte das 10.000 Quadratmeter große Areal an der B 3 bereits 2019 von der Landhandel-Genossenschaft erworben, die seinerzeit ihren Elstorfer Standort aufgegeben hatte. Seither hat sich die Marktlage in der Baubranche extrem verändert und der Investor musste seine Pläne auch auf Wunsch des Rates mehrfach anpassen. Die aktuellen Änderungswünsche wurden dem Rat jetzt von den Mitgliedern des Bauausschusses einstimmig empfohlen – wenn auch etwas zähneknirschend, denn es war nicht das erste Mal, dass sich der Ausschuss mit Anpassungswünschen der DIG beschäftigen musste.
Erweiterungspläne von Edeka erfuhren vollumfänglichen Zuspruch
Die Erweiterungspläne von Edeka erfuhren dagegen vollumfänglichen Zuspruch. „Ich freue mich, dass wir in der Sache weiterkommen“, sagte Malte Kanebley (CDU). „Das ist ein Thema, das die Menschen bewegt.“ Der Markt in Elstorf stoße räumlich an seine Grenzen, eine Erweiterung des Sortiments sei kaum möglich. „Deshalb finde ich den Ausbau gut“, so Kanebley. Betreiber Carsten Bretag befürchtet allerdings ein ähnlich zähes Bauleitverfahren wie für das Großprojekt auf der anderen Straßenseite: „Konkret sind wir ja auch schon seit 2020 dabei. Das dauert bestimmt noch drei Jahre, bis die Erweiterung da ist“, so Bretag zum Abendblatt. Was mit der Filiale der Volksbank in Elstorf geschieht, die im Zuge der Erweiterung des Edeka-Marktes abgerissen werden soll, ist noch unklar. „Wir planen mit und ohne Volksbank“, sagte ein Edeka-Vertreter im Bauausschuss.
„Bisher hat sich die Volksbank aber leider noch nicht geäußert.“ Auf Nachfragen des Abendblatts ließ die Volksbank Lüneburger Heide eG wissen, dass am Standort Elstorf festgehalten werden solle. „Derzeit befinden wir uns mit unserer Beratungsfiliale in direkter Nachbarschaft des Edeka Marktes in Elstorf. Da für uns die Situation unter anderem im Bauantragsverfahren ungeklärt war, besteht unsererseits noch keine konkrete Planung“, so Jan Klintworth, Regionalleiter Filialbereich Rosengarten-Neu Wulmstorf. „Grundsätzlich ist es uns wichtig zu betonen, dass wir am Standort Elstorf festhalten werden. Lediglich die Art, den Umfang und den genauen Standort gilt es zu klären.“ Dies könne auf Grundlage der Entscheidung des Bauausschusses nun angegangen werden. „Wir werden alle Optionen prüfen und im Sinne unserer Mitglieder und Kunden eine tragfähige und zukunftsorientierte Entscheidung treffen“, so Klintworth.