Hittfeld. „Ein Fehler!“: Gemeinde ließ Höhenbegrenzung auf 2,75 Meter vor 4,50 Meter hoher Durchfahrt installieren. Inzwischen ist sie wieder abgebaut.

Die Wiederöffnung des Tunnels am Natenbergweg war nach langer Sanierung vor allem von Anwohnern sehnlichst erwartet worden. Anfang April war es schließlich soweit: Die „neue“ Bahnunterführung war für den Verkehr freigegeben worden. Mit einem baulichen Element, das bei einigen Anliegern für Erstaunen sorgte.

Das Betonbauwerk am Natenbergweg in Hittfeld-Emmelndorf wurde von der Deutschen Bahn 4,5 Meter hoch gebaut. Die Gemeinde Seevetal schränkte die Durchfahrtshöhe jedoch von Anfang an auf 2,75 Meter ab. Schranken würden in ebenjener Höhe aufgestellt. Das sei passiert, „um Schulkinder vor Lastwagen zu schützen”, heißt es aus der Verwaltung. Und das nicht einfach nur mit Schildern. Gleich vier mit Betonblöcken gesicherte Höhenbegrenzungen stellte die Gemeinde Seevetal vor die Einfahrten. Damit sperrte sie praktisch Feuerwehr und Rettungsdienst aus dem Neubau aus. Nach Protesten wurden die Höhenbegrenzungen in dieser Woche schnell wieder zur Seite geklappt.

Absperrungen verhinderten zunächst eine Durchfahrt – auch für die Hittfelder Retter

Eigentlich war die neue Unterführung praktisch für die Feuerwehr und den Rettungsdienst: Es würden sowohl Rettungswagen (2,90 Meter) als auch das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Hittfeld (3,20 Meter) durch den Tunnel passen. Doch die Absperrungen verhinderten zunächst eine Durchfahrt – auch für Retter. Mit einem speziellen Schlüssel hätten die Retter die Begrenzungen einzeln zur Seite drehen müssen. Das hätte in der Realität aber länger gedauert, als einen Umweg zu fahren. Außerdem: „Wer hätte garantiert, dass die Teile im Winter nicht zufrieren?“, heißt es aus der Feuerwehr.

Wieder geöffnet: Die Höhenbegrenzung wurde von der Gemeinde erst aufgebaut und nach zwei Wochen wieder zur Seite gedreht. Zukünftig soll sie Wildcamper von Seevetaler Seen fernhalten.
Wieder geöffnet: Die Höhenbegrenzung wurde von der Gemeinde erst aufgebaut und nach zwei Wochen wieder zur Seite gedreht. Zukünftig soll sie Wildcamper von Seevetaler Seen fernhalten. © JOTO | Joto

Für den Rettungsdienst gab es noch keine Lösung. Deswegen war bis zuletzt im Leitstellenrechner hinterlegt: Durchfahrt verboten.

Zwei Wochen waren die Höhenabsperrungen vorhanden

Für mehr als zwei Wochen waren die Höhenabsperrungen nach der Öffnung der Unterführung vorhanden. Nachdem Anwohner, die Feuerwehr und das Abendblatt bei der Gemeinde nach dem Sinn fragten, gab es eine Kehrtwende. Am Mittwochmorgen drehten Mitarbeiter der Gemeinde die 7500 Euro teuren Begrenzungen zur Seite.

Auch die Schilder zur Höhenbegrenzung wurden abgebaut. „Wir haben einen Fehler gemacht und diesen umgehend korrigiert“, sagt Andreas Schmidt, Pressesprecher der Gemeinde Seevetal.

Bürgermeisterin: Nach Ortsbesichtigung sofort Abhilfe geschaffen

Bürgermeisterin Emily Weede hätte erstmals am Dienstag von der Feuerwehr über diese Situation erfahren. Nach einer Ortsbesichtigung am Mittwoch hätte man sofort Abhilfe schaffen können, so Schmidt.

Doch wie konnte es dazu überhaupt kommen? Laut Gemeinde sollte Lastwagen die Möglichkeit genommen werden, durch die Unterführung zu fahren. Damit sollten Schulkinder geschützt werden, die auf dem neuen Fußgängerweg zur nahen Integrierten Gesamtschule oder zum Gymnasium laufen oder radeln. Bei den ersten Planungen 2016 für die Höhenbegrenzung hätten die Krankenwagen noch eine Höhe von 2,70 Meter gehabt und wären ohne Probleme durch die Unterführung gekommen.

„Diese Angaben sind im weiteren Prozess dann leider nicht weiter aktualisiert worden“, erklärt Schmidt.

Bahn plante die Unterführung und wusste von der Höhenbegrenzung

Die Bahn plante die Unterführung und wusste von der geplanten Höhenbegrenzung der Gemeinde. Die wirtschaftlichste Lösung war aber, eine 4,50 Meter hohe Unterführung zu bauen, hieß es von Seiten der Deutschen Bahn. Außerdem könnten damit Anfahrtsschäden vermieden werden.

Welche Lastwagen die Gemeinde von einer Durchfahrt abhalten wollte, ist für Anwohner nicht schlüssig. Die einzigen Lastwagen, die sie gesehen hätten, wären Cateringwagen für den Golfplatz oder den Sunderhof gewesen. Das seien aber nur wenige in der Woche, sagte eine Familie. Der Natenbergweg führt lediglich zu den beiden Siedlungen Emmelndorf und Sunderberge mit ihren etwa 300 Einwohnern. Kurios sei auch, dass die Lastwagen mit der Sperrung einen Umweg über den Hohlweg hätten fahren müssen. Das ist genau die Straße, auf welcher zukünftig der neue Radschnellweg zwischen Tostedt und Hamburg laufen soll. Und das im Mischverkehr zwischen Autos, Radfahrern, Fußgängern und den möglicherweise fahrenden Lastwagen auf einer 3,5 Meter breiten Strecke.

Gefährdung von Kindern auf einem Fußgängerweg?

Um eine Gefährdung von Kindern auf einem Fußgängerweg zu verringern, sei also eine größere Gefährdung von Radfahrer auf der Ausweichstrecke in Kauf genommen worden. Dabei handelt es sich indes vor allem um Mutmaßungen zu einem Problem, das es nicht gibt. Laut der polizeilichen Unfallstatistik ist weder der Hohlweg noch der Natenbergweg ein Unfallschwerpunkt. In den vergangenen fünf Jahren gab es auf beiden Straßen nicht einen einzigen Verkehrsunfall. Statt der Höhenbegrenzungen sollen zukünftig vor den Tunnelzufahrten Piktogramme mit dem Verkehrszeichen „Achtung Kinder“ auf die Fahrbahn aufgebracht werden.

Für die „Höhenkontrollen“ hat die Gemeinde jetzt schon den nächsten Standort im Blick. Sie sollen wilde Camper mit ihren Wohnwagen an den Seevetaler Seen abhalten.