Landkreis Harburg. Immer mehr Besucher: Harburger Kreistag genehmigt drei neue Stellen für die Landschaftswacht an Elbe und Heide. Wo sie eingesetzt werden.

Eine Rangerin, die in einem Landschaftsschutzgebiet für Ordnung sorgt und darüber hinaus auch Besucherinnen und Besucher informiert. Das klingt im ersten Moment nach einer Geschichte au seinem anderen Land. Doch diesen Job gibt es auch im Landkreis Harburg, konkret im Büsenbachtal bei Handeloh, bereits seit einem Jahr.

Das Pilotprojekt läuft sogar so erfolgreich, dass demnächst drei weitere Ranger oder Rangerinnen für den gesamten Landkreis Harburg eingestellt werden sollen. Das hat der Kreistag in seiner jüngsten Kreistag am Donnerstag einstimmig beschlossen.

Mit den steigenden Besucherzahlen gibt es mehr Konflikte in der Heide und an der Elbe

Die Idee: Mit der neuen Einrichtung der Landschaftswacht sollen Natur und Tiere in sieben Schutzgebieten und an drei Kanustrecken geschützt werden. Dabei geht es um bestimmte Regionen an der Elbe ebenso wie um Heideflächen.

„Eigentlich ist es schade, dass wir so einen Job brauchen“, sagt Hilke Feddersen vom Naturpark Lüneburger Heide. Sie hatte zusammen mit dem Landkreis Harburg und der Gemeinde Handeloh das Pilotprojekt der Rangerin im Büsenbachtal auf den Weg gebracht und finanziert.

Mit den stetig steigenden Besucherzahlen gibt es auch immer mehr Konflikte. Dabei geht es um Mountainbiker, ausgelassene Feiern mit Lagerfeuern, frei laufende Hunde oder auch Drohnenfotos. „Mit der Corona-Pandemie kamen mehr Leute, die nicht wussten, wie sie sich in einem Schutzgebiet richtig zu verhalten haben“, erklärt Feddersen.

Gestiegenes Interesse an Ausflügen in die Natur in Folge der Corona-Pandemie

Nicht nur aus dem Heidetälchen bei Handeloh hat sich innerhalb weniger Jahre ein an Wochenenden von Touristen und Hamburgern gut besuchter Ort entwickelt. Das liegt neben dem gestiegenen Interesse an Ausflügen in die Natur in Folge der Corona-Pandemie auch an den sozialen Netzwerken. Tausende Fotos werden aus den Schutzgebieten auf Instagram geteilt, ein Video eines Influencers über die Heidegebiete im Landkreis Harburg kommt beispielsweise auf 70.000 Aufrufe. Wohlgemerkt ein Werbevideo, das von jemandem in Auftrag gegeben worden ist.

Während einige Geschäftstreibende von den gestiegenen Besucherzahlen profitieren, gibt es Anwohner, die sich von den vielen Besucherinnen und Besuchern gestört fühlen. Um wie viele Ausflügler es sich wirklich handelt, ist indes nicht bekannt. Der Landkreis Harburg wollte im vergangenen Jahr mit einer automatischen Zählanlage die Besucherströme messen. Doch das 40.000 Euro teure Gerät war entgegen den Versprechungen des Herstellers nicht für den Außeneinsatz geeignet, heißt es aus der Verwaltung. Es wurde erst einmal abgebaut. Dass es allerdings immer mehr Besucher werden, ist nicht abzustreiten.

Nutzungsdruck hat teils drastische Konsequenzen für Tiere und Pflanzen

„Der Nutzungsdruck hat teils drastische Konsequenzen für die dort wildlebenden Tier- und Pflanzenarten”, heißt es in einem Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Harburg. Um dem entgegenzuwirken, sollen so bald wie möglich vier weitere Ranger und Rangerinnen in Natur- und Landschaftsschutzgebieten nach dem Vorbild des Pilotprojekts unterwegs sein. „Schon die Präsenz der Rangerin hat viel bewirkt“, sagt Hilke Feddersen.

Auf rechtliche Grundlagen können sich die Landschaftsschützer zum Beispiel im Büsenbachtal nicht stützen. Die aktuell geltende „Verordnung zum Schutze des Landschaftsteiles Büsenbachtal“ feiert in wenigen Tagen ihren 84. Geburtstag. Basierend auf dem Reichsnaturschutzgesetz von 1935 verbietet es zwar Verkaufsbuden, Zelt- und Lagerplätze zu errichten, um den „Naturgenuss“ nicht zu beeinträchtigen. Von angeleinten Hunden oder dem Verlassen der Wegen wird dort aber nichts geschrieben. Das soll sich mit der Umwandlung zum Naturschutzgebiet ändern.

Letzte Eskalationsstufe: Platzverweise

Die Angestellten der Landschaftswacht hätten danach sogar das Recht, Platzverweise zu erteilen. Wobei das nur die letzte Eskalationsstufe sei, heißt es vom Landkreis. Im Vordergrund stehe die Weitergabe von Informationen. Für die Erstausstattung der Vollzugsbeamten rechnet der Landkreis Harburg mit Kosten von etwa 6000 Euro. Zum Beispiel für Handys oder Dienstkleidung inklusive Rangerhut. Die Anstellung soll voraussichtlich auf Minijob-Basis erfolgen. Als Vorbild gelten Beispiele aus dem Landkreis Lüneburg und der Hansestadt Hamburg, wo es diesen Job schon seit einigen Jahren gibt.

Hilke Feddersen freut sich über die neue Landschaftswacht: „Wir haben mit unserem Projekt ein wenig den Anstoß für die Pläne gegeben.“ Jetzt müsse nur noch der Heidekreis folgen. Auch zu diesem Landkreis gehören viele Hektar des Naturparks Lüneburger Heide.

Um diese Gebiete und deren Probleme geht es nach Angaben der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Harburg:

Brunsberg (Stadt Buchholz, 60 Hektar): Heidegebiet, das ganzjährig von Touristen und Anwohnern besucht wird. Durch die leichten Hügel nutzen immer mehr Mountainbiker und Reiter das Gebiet. Dabei werden naturbelassene Wege und Pfade in Mitleidenschaft gezogen.

Büsenbachtal (Gemeinde Tostedt, 53 Hektar): Heidegebiet, das durch den Bahnanschluss und den Heidschnuckenweg von vielen Touristen und Anwohnern besucht wird. Campen, Feiern mit Lagerfeuer sowie Mountainbiker ziehen die Natur in Mitleidenschaft.

Elbniederung von Avendorf bis Rönne (Elbmarsch, 410 Hektar): Elbegebiet, das von Anglern, Anwohnern, Sportlern und Bootsfahrern genutzt wird. Konflikte gibt es mit frei laufenden Hunden und Schafen. Auswärtige Angler zelten, machen Feuer und hinterlassen Müll.

Moore bei Buxtehude (Gemeinde Neu Wulmstorf, 430 Hektar im Landkreis Harburg): Moorgebiet wird von Anwohnern besucht. Gefährlich für Wildvögel sind frei laufende Hunde.

Tideelbe von Rönne bis Bunthäuser Spitze (Elbmarsch, Winsen, Stelle und Seevetal, 599 Hektar): Elbegebiet, das von Anglern, Anwohnern, Sportlern und Bootsfahrern genutzt wird. Konflikte gibt es mit frei laufenden Hunden und Schafen. Auswärtige Angler zelten, machen Feuer und hinterlassen Müll.

Untere Seeveniederung und Over Plack (Gemeinde Seevetal, 494 Hektar): Erholungsgebiet mit Wasserflächen, vor allem von Anwohnern genutzt. Zunehmende Probleme durch das Verlassen von Wegen, um Foto- und Drohnenaufnahmen zu erstellen. Für für Wildvögel gefährlich sind frei laufende Hunde.

Wulmstorfer Heide (Gemeinde Neu Wulmstorf, noch kein Schutzgebiet): Naherholungsgebiet für Anwohner. Grenzt an die Fischbeker Heide, in der Ranger aus Hamburg unterwegs sind.

Kanustrecken an Este, Seeve und Luhe: Eine Gefährdung der Natur ist gerade an den Ein- und Ausstiegsstellen möglich.