Winsen. Allein 2,7 Millionen Euro werden 2023 durch Autobahn-Blitzer erwartet. Warum auch ein Gerät auf einer gesperrten Straße Geld brachte.
Auto- und Lastwagenfahrer, die sich nicht an Verkehrsregeln halten, werden dem Landkreis Harburg im laufenden Jahr Rekordeinnahmen im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten bescheren. Davon geht die Verwaltung im Entwurf des aktuellen Nachtragshaushalts aus. Insgesamt 8,1 Millionen Euro an Buß- und Verwarngeldern durch Verkehrssünder erwartet der Landkreis für 2023. Innerhalb von zwei Jahren wäre das fast eine Verdopplung der Erträge. Dem stehen laufende Kosten für die Verkehrsüberwachung und dem Anfertigen von Bußgeldbescheiden von etwa zwei Millionen Euro entgegen.
Die erwartete Steigerung der Einnahmen geht auf die Erfahrungen im vergangenen Jahr zurück. Schon dort legten die Erträge zu. Einen einzelnen Grund für den Anstieg gebe es nicht, so die Auskunft vom Landkreis Harburg. Nach dem Ausklang der Corona-Beschränkungen würden zum einen mehr Verstöße festgestellt werden. Zum anderen wirke sich der Ende 2021 geänderte Bußgeldkatalog mit erhöhten Bußgeldern aus. Eine Rolle dürften auch der Einsatz von neuer Blitzertechnik sowie – wie immer – ein wenig der Zufall spielen.
Landkreis Harburg profitiert von neuen Blitzgeräten
Die meisten Bußgelder werden 2023 voraussichtlich von mobilen Blitzern an den Autobahnen kommen. Prognostiziert werden Einnahmen von 2,7 Millionen Euro. Der Landkreis profitiert dabei von neuen Blitzgeräten, die vom Seitenraum aus eingesetzt werden. „Hierdurch ist es möglich, alle Fahrspuren einer Fahrtrichtung gleichzeitig zu überwachen”, sagt Kreissprecherin Katja Bendig. Das sei mit den alten Geräten, die auf Brücken aufgestellt wurden, nicht möglich gewesen. Solche Brückenblitzer nutzt der Landkreis seit 2021 nicht mehr. Das Land Niedersachsen untersagte den Einsatz der Geräte, nachdem es Zweifel an der Messgenauigkeit gab. Dagegen geht der Landkreis Harburg gerichtlich vor. Das Verfahren läuft aktuell.
Im Fokus von Autofahrern, Vandalen und insbesondere in den Online-Netzwerken steht oft der einzige im Landkreis Harburg eingesetzte teilstationäre Messanhänger. Der gepanzerte Anhänger wurde vor allem im ersten Einsatzjahr 2021 regelmäßig bemalt, besprüht und anderweitig beschädigt. „Die Sabotageversuche sind rückläufig. Das dürfte an Akzeptanz und Gewöhnung beim Einsatz von Messanhängern auch im Landkreis liegen”, sagt Bendig.
An Ortseingängen, vor Schulen und Kitas und in Tempo-30-Bereichen wurde geblitzt
Das Gerät wird über den gesamten Landkreis verteilt, bis zu zehn Tage vor allem an Ortseingängen, vor Schulen und Kitas und in Tempo-30-Bereichen hingestellt. Das führe relativ schnell zu einer Steigerung der Verkehrssicherheit. Genauso schnell würden die Autofahrer aber nach dem Abbau des Geräts auch wieder zu schnell fahren, heißt es aus der Verwaltung. Der Einsatz des Messanhängers macht sich für den Landkreis bezahlt. Laufenden Kosten von rund 15.000 Euro stehen für 2023 prognostizierte Einnahmen von etwa 570.000 Euro entgegen.
Blitzer auf gesperrter Strecke brachte besondere Einnahmen
An mehr als 500 verschiedenen Orten können die anderen mobilen Blitzgeräte des Landkreises täglich jeweils für einige Stunden aufgebaut werden. Diese Aufstellplätze entstanden aus Vorschlägen von Anwohnern, Polizei und Gemeinden und werden regelmäßig angepasst. Dabei werden pro Jahr mehr als 60.000 Fotos geschossen, von denen etwa 80 Prozent verwertbar sind. Die in diesem Jahr erwarteten Erträge liegen bei rund 2,3 Millionen Euro. Besondere Einnahmen brachte der fest verbaute Blitzer an der Bundesstraße 75 in Wistedt im vergangenen Herbst ein: Als die Strecke wegen Bauarbeiten für den regulären Verkehr eigentlich gesperrt war, löste das Messgerät trotzdem aus, und zwar bewusst.
Nachdem viele Autofahrer die Sperrung ignorierten, war der Blitzer auf zehn Stundenkilometer eingestellt worden. Er machte in den folgenden Wochen 1137 Fotos. Fast 90 Prozent der Geblitzten waren keine Anwohner und bekamen einen Bußgeldbescheid wegen Missachtung des Durchfahrtsverbots.
Insgesamt stehen an zehn Orten im Landkreis Harburg fest verbaute Blitzer. Seit einer Ende 2020 abgeschlossenen Umrüstung auf Laserscanner können die Geräte in beide Fahrtrichtungen messen und blitzen. In Neu Wulmstorf sind neben den Geschwindigkeits- auch zwei Rotlichtblitzer installiert. Aus diesen stationären Messgeräten werden Erlöse von etwa 1,8 Millionen Euro erwartet.
Abzüglich der Kosten fließen sechs Millionen Euro in Landkreis-Haushalt
Weitere 730.000 Euro kommen durch externe Anzeigen zustande. Also Verkehrsordnungswidrigkeiten, die zum Beispiel durch die Polizei oder Gemeinde aufgenommen wurden, wo aber der Landkreis das Buß- oder Verwarngeld ausstellt. Das können Parkvergehen genauso wie Handyverstöße sein.
Die erwarteten 8,1 Millionen Euro Einnahmen von allen Verkehrsordnungswidrigkeiten fließen nicht direkt in den Haushalt des Landkreises Harburg ein. Denn vorher müssen noch Personalkosten (1,5 Millionen Euro) und weitere Ausgaben (500.000 Euro) für den Betrieb und die Auswertung der Blitzanlagen abgezogen werden. So wird Ende 2023 wohl ein Gewinn durch Verkehrssünder von 6,1 Millionen Euro zu Buche stehen.