Welle. Der Verein Besitzerhunde unterstützt Menschen in der Region, die sich das Futter für ihre Vierbeiner nicht mehr leisten können.
Von der Tafel für bedürftige Menschen haben schon viele gehört oder gelesen. Die Tiertafel aber ist noch nicht ganz so bekannt. Ihre Bedeutung jedoch nimmt gerade in Zeiten drastisch gestiegener Kosten für Energie und Lebensmittel rapide zu.
In der Nordheide kümmert sich der Verein „Besitzerhunde“ bereits seit 2016 um Herrchen und Frauchen, die in finanzielle Notlage geraten sind und sich ohne Unterstützung kaum das nötige Futter für ihre flauschigen oder gefiederten Lieblinge leisten könnten. „Not darf alte Freunde nicht trennen“ lautet denn auch das Motto des Vereins mit Sitz in Handeloh, der einmal im Monat Futterausgaben in Welle, Winsen an der Luhe und Rotenburg/Wümme veranstaltet.
Labradogge Sam ist auf getreidefreies Spezialfutter angewiesen
Stephanie Dralle-Ohm aus Dohren ist bei der Tiertafel in Welle regelmäßig anzutreffen, seit sie aufgrund einer schweren Rheuma-Erkrankung Erwerbsminderungsrente bekommt und das Geld in der Familie mit vier Kindern knapp geworden ist. Wie soll sie da noch „Labradogge“ Sam (zehn Jahre alt) und angewiesen auf getreidefreies Spezialfutter, sowie die achtjährige Laeny aus dem spanischen Tierschutz, satt bekommen?
Die beiden Vierbeiner werden genau wie mehr als 300 weitere Haustiere von 134 bedürftigen Menschen mit Futter, oft zum Teil auch Spezialfutter, versorgt. „Manchmal sind auch Sachspenden wie Leinen oder Halsbänder dabei“, sagt die 46-Jährige. Auch Andrea Pehka aus Tostedt holt sich für Ben und Bobo hier Feuchtfutter, Trockenfutter und Leckerlis. Wer wie sie für seine Tiere Unterstützung braucht, muss bei der Tiertafel in Welle zunächst einen Leistungsbescheid vorlegen oder belegen, dass er oder sie Bürgergeld, Arbeitslosengeld, Hartz IV, Wohngeld, Grundsicherung oder Kindergeldzuschlag bekommen.
Die bedürftigen Tierhalter müssen sich telefonisch anmelden
Um Missbrauch zu verhindern, müssen auch Unterlagen der Tiere vorgezeigt werden, etwa Impfpass, Heimtierausweis oder eine Tierarztrechnung mit Namen des Tieres und des Halters. Ebenso dürfen Tierbesitzer keine neuen Tiere mehr anschaffen beziehungsweise „nachmelden“, um in den Genuss der Leistungen der Tiertafel zu kommen. Und: Bis zum Freitag vor jeder Ausgabe müssen sich die Tierhalter telefonisch unter der Nummer 04188/88 89 24 anmelden.
Jeden dritten Sonnabend im Monat herrscht an der Ausgabestelle in Welle auf dem Gelände hinter der Tankstelle „Freie Welle“ an der B 3 von 10 bis 12 Uhr Hochbetrieb. Dienstags ist die Tiertafel dann von 10.30 bis 12 Uhr in der Halle der Reso-Fabrik am Neulander Weg 15 in Winsen präsent – und mittwochs zwischen 12 und 13.30 Uhr in Rotenburg auf dem Gelände der Rotenburger Tafel. Während in Welle, wo sich das Lager des Vereins befindet, das Benötigte aus Containern herausgesucht wird, müssen für die anderen beiden Ausgabestellen Taschen gepackt werden – mit dem für jedes einzelne Tier benötigten Futter.
Mit der feuerroten „Gerda“ bringt der Verein auch Futter nach Winsen und Rotenburg
Anschließend werden sie zum Transport nach Winsen und Rotenburg in die feuerrote „Gerda“ verfrachtet. Das ist ein Transporter, gestiftet von Spendern, die anonym bleiben möchten. „Das Auto ist unser bestes Pferd im Stall, mit dem wir mehrere Tonnen im Monat bewegen“, freut sich Vereinsvorsitzende Christine Boll.
Derzeit benötigt der Verein kaum Sachspenden, sondern erwirbt lieber zu günstigen Konditionen Palettenware bei den Produzenten. Zwar gibt es auch bei den Discountern günstiges Futter, doch das möchten sie den Tierbesitzern nicht vor der Nase wegkaufen und leere Regale hinterlassen. Dabei hat das kleine Team rund um Christine und Peter Boll nicht nur ein Herz für hiesige Hunde und Katzen, sondern auch für Gnadenhöfe, Wildtierhilfe sowie Igelpflege-Stationen.
Rund 15 Tonnen Medikamente und Futter gingen bislang in die Ukraine
Damit allein endet das Engagement des Vereins allerdings noch nicht. Die freiwilligen Tierhelfer sind auch überregional und international aktiv. So haben sie vor zwei Jahren anlässlich der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal 50 Tonnen Hilfsgüter für Tiere in das betroffene Gebiet geliefert. Denn unter den Folgen des Jahrhunderthochwassers litten nicht nur die Menschen. Auch Tiere waren davon betroffen. Dutzende Pferdeställe waren innerhalb von Minuten von den Fluten mitgerissen worden, in den Scherben und Trümmerresten auf dem Boden verletzten sich später Hunde und Katzen.
Weitere 15 Tonnen Futter sowie Medikamente und Material für Tierkliniken im Wert von 3500 Euro wurden zuletzt in die Ukraine transportiert. „Wo auch immer Katastrophen passieren, versuchen wir zu helfen“, erklärt Christine Boll. Die Hilfe für Tiere in der Ukraine, die oft Hand in Hand mit anderen vertrauenswürdigen Vereinen organisiert wird, geht zunächst weiter. Erst Mitte Januar hatte der Verein einen Transport mit Hundemänteln und Futter auf den Weg gebracht.
Ein weiteres Problem: die gestiegenen Kosten für den Tierarzt
Derzeit verzeichnet die Tiertafel sechs bis sieben Neuanmeldungen pro Monat. Tendenz steigend, zumal im Frühling erhöhte Nebenkostenabrechnungen anstehen und die Abgabegebühr etwa für einen Hund im Tierheim je nach Ort mit 50 bis 250 Euro zu Buche schlägt. Beträge, die Menschen in Not kaum aufbringen können. Ein weiteres Problem stellen die kürzlich gestiegenen Kosten beim Besuch des Tierarztes dar. „Diese Kosten kann die Tafel nicht übernehmen, sondern wir können nur mit Futter helfen und einigen Sachspenden“, so Christine Boll. Über Spenden freut sie sich ebenso wie den Kontakt mit den Bedürftigen, denn: „Not darf alte Freunde nicht trennen.“
Spendenkonto bei der Volksbank Lüneburger Heide eG, IBAN DE15 2406 0300 2401 1339 00, BIC GENODEF1NBU. Paypal: Besitzerhunde@web.de. Weitere Infos im Internet unter www.besitzerhunde.de.