Neu Wulmstorf. Gemeinde tritt als erste Kommune im Landkreis Rosengartener Solargenossenschaft bei. Schule erhält Strom vom Dach
Die Gemeinde Neu Wulmstorf ist die erste Kommune im Landkreis Harburg, die der Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten eG beigetreten ist. Nach zähen Verhandlungen steht damit nun fest, dass die Gemeinde das Dach der neuen Grundschule am Moor an die Genossenschaft verpachtet und diese die geplante Photovoltaik-Anlage bauen und betreiben wird. „In Neu Wulmstorf entsteht damit ein Leuchtturm, an dem sich auch andere Kommunen orientieren können“, sagte Norbert Stein, Vorstandsvorsitzender der Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten eG und ehemaliger Bürgermeister von Buchholz, bei der Bekanntgabe der neuen Partnerschaft. Auch Neu Wulmstorfs Bürgermeister Tobias Handtke war froh, dass die Verhandlungen mit der Solargenossenschaft endlich zu einem erfolgreichen Ende geführt haben: „Die Energiewende beginnt in den Kommunen. Wir sind ein gutes Beispiel dafür.“
Die Einigung, die in der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag einstimmig beschlossen wurde, basiert auf einem interfraktionellen Antrag, auf den sich die Fraktionen der SPD und UWG/Freie Wähler sowie die Gruppen CDU/FDP und Grüne/Linke nach längerer Diskussion geeinigt haben und der bei der Ratssitzung am Donnerstag einstimmig beschlossen wurde.
Langfristiger Pachtvertrag über Nutzung der Grundschule in Neu Wulmstorf
Die Fraktionen und Gruppen unterstützen darin den Vorschlag der Verwaltung, nach dem die Gemeinde als Beitrag zum Klimaschutz und zur Förderung einer preiswerten und klimafreundlichen Stromversorgung Mitglied der Bürger-Solarkraftwerke wird und vier Genossenschaftsanteile zeichnet.
Zudem solle mit der Genossenschaft ein langfristiger Pachtvertrag über die Nutzung der Dachflächen der Grundschule am Moor – immerhin eine Fläche von insgesamt 1000 Quadratmetern – geschlossen werden sowie über die Lieferung von Strom aus der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) für den Betrieb des Gebäudes. „Weitere Projekte sollen folgen“, so Handtke. Als nächstes biete sich der Neubau der Heideschule dafür an.
Details aus dem Vertragswerk wollten die Partner nicht bekanntgeben. Dennoch stritt Norbert Stein nicht ab, dass die Verhandlungen besonders zum Ende hin „sehr zäh“ gewesen seien. „Wir mussten Federn lassen, und die Anlage wird sich für die Genossenschaft wahrscheinlich nur über Querfinanzierungen lohnen“, so Stein zum Abendblatt. „Dennoch habe ich jetzt ein positives Gefühl.“
Schule soll nach den Sommerferien in Betrieb gehen
Der Vorstandsvorsitzende der ehrenamtlich und nach eigenen Angaben nicht profitorientiert arbeitenden Genossenschaft musste vor allem Malte Kanebley, Fraktionsvorsitzender der Gruppe CDU/FDP, davon überzeugen, dass die Rosengartener die richtigen Partner für die Gemeinde Neu Wulmstorf sind. „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mit Herrn Kanebley einige Male gerungen habe“, so Stein.
Wie berichtet, hatte die Gruppe CDU/FDP in einem Antrag Anfang des Jahres gefordert, dass von der Gemeinde für den Bau und den Betrieb der PV-Anlage auf dem Dach der neugebauten Grundschule am Moor Angebote von verschiedenen Anbietern eingeholt werden sollen. Damit sah sowohl die Verwaltung als auch die Solargenossenschaft als anvisierte Betreiberin den Zeitplan in Gefahr. Denn die Schule soll nach den Sommerferien in Betrieb gehen und damit auch die Stromversorgung über das eigene Dach.
Die Verwaltung hatte die Bürgersolargenossenschaft Rosengarten als Betreiber seit längerem favorisiert, und die Genossenschaft wurde bereits im Leitpapier zur Klimakommune Neu Wulmstorf als Partner für PV-Anlagen genannt, beginnend mit dem Neubau der Grundschule am Moor. Der Plan für die Grundschule am Moor sah vor, dass die Rosengartenenergie auf eigene Kosten eine Photovoltaik-Anlage installiert und betreibt und damit die darunter befindliche Schule, die Sporthalle sowie die geplante Großküche und den Veranstaltungsbereich mit günstiger nachhaltiger Energie versorgt.
Jetzt bessere Konditionen als in ersten Vertragsentwürfen?
Die CDU/FDP zog den eigenen Antrag zugunsten des interfraktionellen Antrags zurück, „weil wir die angestrebten Ziele ja prinzipiell ebenfalls unterstreichen“, so Kanebley. Umsonst sei die Intervention und die Kritik am Vergabeverfahren aber mitnichten gewesen, betonte der CDU-Mann: „Entscheidend ist, dass wir jetzt nennenswert bessere Konditionen für Neu Wulmstorf herausgeholt haben, als in den vorherigen Vertragsentwürfen. Das schreiben wir uns schon auf unsere Fahnen. Wir müssen immer auch auf die Finanzen achten.“
Der Vertrag mit den Bürger-Solarkraftwerken Rosengarten gilt für 20 Jahre. 18 Monate nach Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage wird anhand der bis dahin gewonnen Daten- und Faktenlage geprüft, ob die vereinbarten Konditionen hinsichtlich des Abschlags und der Preisobergrenze zwischen der Gemeinde und der Genossenschaft tragfähig sind oder ob und inwiefern eine Anpassung erforderlich ist.
Zwar betreibt die Solargenossenschaft bereits verschiedene Projekte im gesamten Landkreis Harburg und im Hamburger Süden – darunter auch Photovoltaikanlagen auf gepachteten Dachflächen öffentlicher Träger wie dem Landkreis Harburg. Doch wann und inwieweit die künftige Anlage auf dem Dach der Grundschule am Moor refinanziert werden oder sogar Rendite abwerfen kann, steht für Aufsichtsrat und Vorstand in den Sternen, wie Stein betont: „Das wird erst die Praxis zeigen.“
Nun ist es wichtig, weitere Mitstreiter aus Neu Wulmstorf zu gewinnen
Vor dem Beschluss im Gemeinderat machte der Grünen-Abgeordnete Jens Kock darauf aufmerksam, dass lange vor dem politischen Beschluss die „engagierte ehrenamtliche Vorarbeit“ des Neu Wulmstorfer Klimaforums stand. „Wir sind froh, dass nach zwei Jahren intensiver Arbeit und Organisation mit diesem Leuchtturmprojekt die Energiewende auf den kommunalen Dächern in Neu Wulmstorf endlich eingeläutet werden kann“, so Peter Boser vom Klimaforum. Einige Neu Wulmstorfer seien bereits als Privatperson in die Rosengartener Solargenossenschaft eingetreten.
Nun sei es wichtig, weitere Mitstreiter aus Neu Wulmstorf zu gewinnen. „Die 200 Menschen, die aktuell in der Genossenschaft sind, haben nicht die Absicht, klimapolitisch unsere Betten zu machen“, so Boser. Eine Mitgliedschaft in der Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten eG sei eine gute Möglichkeit, um als Anwohner zur Energiewende im eigenen Wohnort beizutragen.
Mehr Informationen, auch zu einer Mitgliedschaft in der Genossenschaft Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten eG, gibt es im Internet unter www.rosengartenenergie.de