Rosengarten-Ehestorf. Eine Online-Fortbildung soll Pflegekräften die Muttersprache vieler Senioren näher bringen. Die Idee stammt von einer jungen Frau.
Vertrauter Klang tröstet. Für viele Seniorinnen und Senioren ist Plattdeutsch ihre Muttersprache und kann im Pflegealltag für Vertrautheit, Wertschätzung und ein Heimatgefühl sorgen. Davon profitieren nicht nur die zu Pflegenden und ihre Familien, sondern auch die Pflegekräfte und Einrichtungsträger.
Im Pflegerischen Alltag wird dieses Potenzial jedoch noch wenig genutzt und Plattdeutsch als Muttersprache der zu Pflegenden häufig nicht erkannt. Aus diesem Grund laden Rike Henties, Plattdeutsch-Koordinatorin des Landkreises Harburg, und der Verein „För Platt“ am Mittwoch, 22. März 2023, Pflegende im Landkreis zu der kostenfreien Online-Fortbildung „Platt in de Pleeg“ ein. „Platt in der Pflege ist für unseren Landkreis wichtig: Hochbetagte Menschen reagieren häufig besser auf ihre Muttersprache – und das ist oft Plattdeutsch“, sagt Rike Henties. „Wir wollen ihnen Türen öffnen und den Pflegenden dabei helfen, das Niederdeutsche in ihre wertvolle Arbeit zu integrieren.“
Der Kurs richtet sich an alle Mitarbeitenden in Altenpflege-Einrichtungen und ambulanten Diensten
Die Idee für die Fortbildung kommt von Rike Henties selbst: „Ich hatte schon relativ früh den Plan, mich für das Projekt einzusetzen, zu engagieren und Ansprechpartnerin zu sein“, so die Plattdeutsch- Koordinatorin. Corona habe ihr allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht, sodass sich die Umsetzung auf dieses Jahr verschoben hat. Um die Hürden für eine Teilnahme an der Fortbildung so gering wie möglich zu halten, findet der Kurs online statt und richtet sich an alle Mitarbeitenden in Altenpflege-Einrichtungen und ambulanten Diensten im Landkreis Harburg.
Die Teilnehmenden erfahren, welche Bedeutung die Muttersprache für ältere Menschen hat und wie sie Plattdeutsch als Hilfestellung in der Pflege einsetzen können. Auch sollen die Pflegenden in dem dreistündigen Kurs lernen, auf Plattdeutsch zu beten, um in schwierigen Situationen Beistand leisten zu können, aber auch Plattdeutsche Lieder zu singen, um den Pflegealltag fröhlich uns positiv gestalten zu können. „Gerade bei den älteren Generationen löst Platt ein Heimatgefühl aus, was eben in der Dienstleistung und der Pflege sehr wichtig ist, um den Leuten, die mit den älteren Herrschaften arbeiten, zu helfen“, heißt es von Rike Henties.
Die Plattdeutsch-Koordinatorin des Landkreises Harburg hat einen eigenen Podcast
Aber auch den Familien der Menschen, die in den Pflegeheimen leben, gebe die Fortbildung ein gutes Gefühl und die Gewissheit, dass alles dafür getan wird, dass ihre Angehörigen gut aufgehoben sind und sich wohlfühlen, so die Plattdeutsch-Koordinatorin weiter. Heinrich Siefer, Dozent der Katholischen Akademie Stapelfeld und niedersächsischer Vertreter im Bundesrat für Niederdeutsch, wird die Teilnehmenden am 23. März von 10 bis 13 Uhr durch den Kurs führen.
Doch wie hoch ist die Nachfrage nach Plattdeutsch in der Pflege überhaupt? Darauf antwortet Rike Henties: „Oft ist es ja gerade beim Plattdeutschen so, dass der Antrieb gegeben werden muss. Es ist unser Kulturgut, das geschützt und gefördert werden muss, und dafür muss man eben Projekte schaffen, die die Sprache wieder interessant machen. Das ist mit Plattdeutsch in der Pflege genauso, man muss das Angebot schaffen, um die Nachfrage zu erschaffen.“ Die Fortbildung sei erst der Startschuss gewesen, sagt Henties, seit Bekanntmachung des Projekts kämen immer mehr Pflege- und Altenheime aus der Region mit Anfragen auf die Plattdeutsch- Koordinatorin zu.
„Platt in de Pleeg“ ist für Rike Henties eine echte Herzensangelegenheit
Rike Henties hat es sich zur Aufgabe gemacht, Plattdeutsch als Kulturgut und Sprache im Generationenwandel zu erhalten. Aus diesem Grund hat sie auch einen YouTube-Kanal („Plattdeutsch-Koordinatorin Landkreis Harburg“) und einen Podcast („Hören, kieken, snacken – Platt an’n Kiekebarg“) gestartet, um in Zeiten der Digitalisierung auch die jungen Leute mit ins Boot zu holen und sie auf innovative und ansprechende Art und Weise für das Thema Plattdeutsch zu sensibilisieren.
Das Projekt „Platt in de Pleeg“ ist für die Plattdeutsch-Koordinatorin eine echte Herzensangelegenheit: „Ich weiß, wie wichtig und besonders es ist, in einer hochdeutschen Welt mit Platt als seiner Muttersprache aufzuwachsen, und es ist einfach schön helfen zu können und dort im Pflegealltag etwas verändern und erleichtern zu können. Mir ist wichtig, ein plattdeutsches Angebot zu schaffen und einfach klarzumachen, dass es eine Stelle und einen Ansprechpartnerin gibt, an die man sich wenden kann“.
Die Anmeldung ist noch bis zum 15. März möglich
Der Verein „För Platt e.V.“, der sich ebenfalls für die Weitergabe von Plattdeutsch in kommenden Generationen einsetzt, unterstützt den Förderkurs finanziell und ideell. „Wi sünd övertüügt, dat in de Pleeg – graad vun de ölleren Lüüd – Plattdüütsch helpen kann. De persönliche Uttuusch twüschen all de Lüud, de in de Pleeg arbeiten doot un Patschenten warrt dörch de Spraak ünnerstütt,“ so Friedhelm Schneider, Vorsitzender des Vereins „För Platt e.V.“.
„Auch für Pflege- und Altenheime ist es ein absoluter Pluspunkt, wenn klar ist, dass es mindestes eine Pflegekraft im Haus gibt, die Plattdeutsch sprechen kann oder es sogar plattdeutsche Angebote gibt“, sagt Rike Henties. Angelehnt ist die Fortbildung an das PlattHart, ein Zertifikat des Länderzentrums für Niederdeutsch, mit dem Einrichtungen ausgezeichnet werden in denen Platt gesprochen oder in denen es plattdeutsche Angebote gibt. „Das PlattHart möchte ich mit der Fortbildung gerne unterstützen, damit auch der Anspruch da ist, Plattdeutsch in den Einrichtungen zu sprechen und zu fördern“, heißt es von Rike Henties.
Die Anmeldung ist bis Mittwoch, den 15. März, möglich per E-Mail an henties@kiekeberg-museum.de. Auf www.plattfinntstatt.de führt ein Video in das Thema ein.