Landkreis Harburg. Erhöhte Kosten für Futter, Energie und Tierarztbehandlungen machen Tierheimen zu schaffen. Landesregierung reagiert mit Sofortprogramm.

Rasant gestiegene Preise in fast jeder Lebenslage: Für viele Haustierbesitzer wird es zunehmend schwieriger, die Kosten für die eigenen Hunde und Katzen zu tragen. Besonders ins Gewicht fallen neben den erhöhten Preisen für Futter und Energie auch die zusätzlichen Kosten, die seit Ende 2022 für tierärztliche Behandlungen anfallen. Insgesamt müssen Tierhalter im Schnitt mit rund 25 Prozent Mehrkosten rechnen, heißt es vom Deutschen Tierschutzbund.

Das macht sich auch in Tierheimen wie dem Tierzentrum Neu Wulmstorf bemerkbar: „Wir haben durchaus schon gemerkt, dass seit dem Anstieg der allgemeinen Kosten die Nachfrage nach Aufnahmeplätzen deutlich gestiegen ist – also ganz extrem“, sagt Doris Firlus, Chefin des Tierzentrums Neu Wulmstorf. „Es rufen viele Leute an und bitten um Hilfe.“

Nun haben sich die Tierarztkosten für Hunde und Katzen teilweise verdoppelt

Seit dem 22. November 2022 gilt in Deutschland eine neue Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT). Sie regelt, welche Summen Tierärzte für ihre Leistungen abrechnen können. Die davor gültige Gebührenordnung galt seit 1999 – nun haben sich die Tierarztkosten für bestimmte Behandlungen von Hund, Katze und Co. teilweise verdoppelt.

Darunter leiden nun auch die Tierheime. Zwar gebe es für Tierheime andere Konditionen für die tiermedizinischen Behandlungen, aber auch die Preise für die Medikamente seien deutlich gestiegen und die könne man eben auch als Tierheim nicht günstiger bekommen, so Doris Firlus. Eins ist für die Chefin des Neu Wulmstorfer Tierheims aber klar: „Kein Tier wird hier nicht behandelt, weil die Medikamente teurer geworden sind, das geht auf gar keinen Fall, die haben natürlich das gleiche Anrecht, wie ein Mensch auch, dass sie behandelt werden“.

Die Kosten für die Aufnahme neuer Tiere musste das Tierzentrum inzwischen anheben

Sparmaßnahmen seien in dem Tierzentrum allerdings nur schwer umsetzbar, so Firlus weiter: „Es geht hier um Tiere, das heißt um Lebewesen, da müssen wir dann halt tiefer in die Tasche greifen.“ Die Kosten für die Aufnahmen von neuen Tieren musste das Tierzentrum dennoch anheben, um einigermaßen kostendeckend arbeiten zu können.

Der Grund für die Anpassung liegt im wissenschaftlichen Fortschritt begründet: Weil sich in der Tiermedizin in den letzten 20 Jahren viel getan hat und die Untersuchungsverfahren sehr viel moderner geworden sind, müssen die Praxen auch höhere Rechnungen ausstellen können. Doch davon haben Tierheime wenig. Doris Firlus appelliert deshalb an die Politik und wünscht sich eine zuverlässige, dauerhafte Unterstützung. „Zum Beispiel könnten die Bundesländer sagen, die Tierheime werden entweder von der GOT ausgeschlossen, dass da der einfache Satz abgerechnet wird und eben nicht solche extremen Kosten anfallen. Oder die Bundesländer beteiligen sich zu 50 Prozent an den erhobenen Kosten“, schlägt die Tierheimchefin vor.

Ein Soforthilfeprogramm des Landes stellt eine Million Euro zur Verfügung

Die niedersächsische Landesregierung ist sich der schwierigen Lage offenbar bewusst. In finanzielle Not geratene Tierheime werden mit einer Million Euro unterstützt, hieß es vergangene Woche aus dem Landwirtschaftsministerium. Das Geld werde über das Sofortprogramm bereitgestellt. „Unsere unverschuldet in Not geratenen Tierheime werden wir schnell und zielgerichtet unterstützen. Als Gesellschaft tragen wir die Verantwortung für unsere Tiere als Mitgeschöpfe“, sagte Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne). „Auch vor unseren Tierheimen machen die erhöhten Energiekosten aufgrund des andauernden Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine keinen Halt“, erklärte Staudte. Die Ministerin dankte allen engagierten haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die die Situation vor Ort meisterten.

Doris Firlus rät Tierhaltern, schon beim Kauf eine OP-Versicherung abzuschließen

Aus dem Tierheim Buchholz heißt es zunächst Entwarnung. Dort könne man nach aktuellem Stand nicht feststellen, dass vermehrt Tiere aus Kostengründen abgegeben wurden, so Schatzmeister Michael Frühauf. Trotzdem müsse man die Situation abwarten: „Ab März/April, wenn die Energiekostenabrechnungen des Vorjahres eintrudeln, müssen wir sehen, wie sich das auswirkt.“ Nichtsdestotrotz müsse auch das Tierheim Buchholz bereits umstrukturieren und die Aufnahmegebühren anheben, um die erhöhten Kosten ausgleichen zu können, so der Schatzmeister.

Doris Firlus rät Tierhaltern, schon beim Kauf eine OP-Versicherung abzuschließen – oder regelmäßig Geld zur Seite zu legen: „Denn je älter ein Tier wird, desto teurer ist es ja dann leider auch.“ Wer sich ein Haustier zulegen will, der sollte vor allem eins machen: in Ruhe darüber nachdenken – und nüchtern die Finanzen durchkalkulieren. „Es ist wichtig, dass man sich vorher darüber informiert, welche Kosten auf einen zukommen“, bestätigt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund e.V. „Tierarztkosten können im Fall eines Unfalls schnell mehrere tausend Euro kosten können. Da sollte man dann schon ein bisschen was im Sparstrumpf haben, dass man von solchen Überraschungskosten nicht aus der Bahn geworfen wird.“

Auf der Webseite www.tierschutzbund.de informiert der Verband über die einzelnen Haustierarten und schlüsselt grob auf, was ein Tier im Laufe seines Lebens kostet – und welche Kosten man im Blick haben muss. Und: Wer die Tierheime Buchholz und Neu Wulmstorf unterstützen möchte, kann dies jederzeit mit einer Geld- oder auch Futterspende tun.