Landkreis Harburg. Chef der Kommunalen Wohnungsbau-Gesellschaft fordert für den Kreis Harburg 500 Wohnungen in den nächsten zwei Jahren – mindestens.

Die Kommunale Wohnungsbau-Gesellschaft (KWG) will künftig auch beim Bau von Sozialwohnungen im Landkreis Harburg aktiv werden. KWG-Geschäftsführer Joachim Thurmann fordert im Abendblatt-Gespräch ein schnelles Handeln der Politik. „Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist riesig und wird durch die aktuelle Situation mit Inflation, steigenden Zinsen und die Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine und anderen Regionen der Welt weiter verstärkt. Was wir brauchen, sind jetzt klare und zügige Entscheidungen der Politik, wie wir das Problem lösen wollen.“

Für Joachim Thurmann, der bis zu seinem Antritt als Geschäftsführer der KWG bei der SAGA/GWG tätig gewesen ist und weitreichende Erfahrung bei Entwicklung und Bau von Wohnraum mitbringt, liegt die Lösung für die Unterbringung der Wohnungssuchenden auf der Hand: „Im Grund bräuchten wir im Landkreis Harburg mindestens 500 neue Wohnungen innerhalb der kommenden zwei Jahre. Die Möglichkeiten in der Bauwirtschaft gibt es, das nötige Know-how zur Umsetzung bringen wir mit.“

Sozialwohnungen werden nur an Mieter mit Wohnberechtigungsschein vergeben

Die Zeit dränge, so Thurmann. Nie sei der Druck so groß gewesen wie heute. Das Defizit auf dem Markt für Sozialwohnungen werde immer größer. „Wenn Bund und Land nicht langsam mal den Hebel umlegen, werden wir von den Entwicklungen überrollt.“

Bezahlbarer Wohnraum in Buchholz: Dieses Mehrfamilienhaus in der Buchholzer Landstraße wurde von der KWG in Modulbauweise erstellt, der optimal für die Förderung im Sozialen Wohnraum geeignet ist.
Bezahlbarer Wohnraum in Buchholz: Dieses Mehrfamilienhaus in der Buchholzer Landstraße wurde von der KWG in Modulbauweise erstellt, der optimal für die Förderung im Sozialen Wohnraum geeignet ist. © HA | KWG

Seit Gründung der KWG im Jahr 2017 liegt der Fokus der Wohnungsbaugesellschaft, zu deren Gesellschafter alle Landkreisgemeinden bis auf Tostedt, Hollenstedt und Stelle zählen, auf dem Bau bezahlbaren Wohnraums in den beteiligten Gemeinden und Städten. Das Wohnungsangebot mit einem Quadratmeterpreis von aktuell 8,70 Euro richtet sich an Alleinstehende, junge Familien, Auszubildende, Senioren und Fachkräfte. 138 Wohnungen sind inzwischen bezogen.

In Buchholz könnten 75 bis zu 100 Wohnungen, in Neu Wulmstorf 70 Wohnungen entstehen

In den kommenden Projekten soll neben bezahlbarem auch sozialer Wohnraum für – je nach Kommune – 6,10 bzw. 5,60 Euro pro Quadratmeter entstehen. Das Angebot richtet sich ausschließlich an Mieter mit Wohnberechtigungsschein. Die ersten 29 Sozialwohnungen der KWG entstehen aktuell in Winsen im Neubaugebiet Winsener Wiesen.

Sie sollen 2024 bezugsfertig sein. Darüber hinaus sind weitere Projekte für Buchholz und Neu Wulmstorf im Gespräch. In Buchholz könnten 75 bis zu 100 Wohnungen, in Neu Wulmstorf 70 Wohnungen entstehen, von denen 30 bis 50 Prozent als sozialer Wohnraum, die übrigen als bezahlbarer Wohnraum angeboten werden soll.

Zudem wünscht sich Thurmann eine Beschleunigung der B-Plan-Verfahren. Man müsse sich angesichts der Wohnungsnot die prinzipielle Frage stellen, welche Form von Beteiligung man sich in einer solch angespannten Situation überhaupt leisten könne. „Wir sollten angesichts der angespannten Lage froh sein, wenn wir ein Grundstück haben, das wir nutzen können, zielgerichtet planen und möglichst schnell loslegen“, so Thurmann.

Anders als auf dem freien Markt liegen die Bauzinsen bei der Landesbank noch bei null Prozent

Wenn die Entscheidung zum Bau von sozialem Wohnraum vor Ort getroffen wird, kann alles ganz schnell gehen. Thurmann und sein Team sind vorbereitet, die mitwirkenden Bauunternehmen stehen in den Startlöchern. Gemeinsam haben sie im vergangenen Jahr einen Haustyp im Modulbau entwickelt, der optimal für die Förderung im Sozialen Wohnraum geeignet ist, niedrige Baukosten hat und darüber hinaus zügig umgesetzt werden kann – vor allem wenn sich die Beteiligten bereits bei der Erstellung des B-Plans abstimmen.

„Wenn der Planer den Haustyp kennt, kann er die B-Pläne so schnitzen, dass die Häuser dort hineinpassen“, so Thurmann. „Das verkürzt den Prozess enorm. In einem solchen Fall kann man mit dem sogenannten Bauanzeigeverfahren arbeiten. Hier gibt es eine vierwöchige Widerspruchsfrist, danach gilt die Planung als genehmigt.“

Bezahlbarer Wohnraum in Winsen: Dieses Mehrfamilienhaus wurde von der KWG in der Bonhöfer Straße errichtet.
Bezahlbarer Wohnraum in Winsen: Dieses Mehrfamilienhaus wurde von der KWG in der Bonhöfer Straße errichtet. © HA | KWG

Ein beschleunigtes Verfahren, auf das Thurmann auch bei den kommenden Projekten in Sieversen, Salzhausen und Seevetal setzt. Dort soll in diesem Jahr der Bau von insgesamt 39 Wohnungen im bezahlbaren Wohnraum vorbereitet werden. In Tespe läuft bereits der Bau von 18 Wohnungen. In Jesteburg entstehen zwölf Wohnungen im Geschosswohnungsbau.

Zudem soll im April der Bau von elf Reihenhäusern in Jesteburg beginnen. 2025 sollen dann die großen Projekte in Neu Wulmstorf und Buchholz in Angriff genommen werden. Für die kommenden Projekte setzt Thurmann auf die Unterstützung der NBank – anders als auf dem freien Markt liegen die Bauzinsen bei der Landesbank noch bei null Prozent – sowie Fördermittel des Bundes und fallende Baukosten.

Neubauten allein lösen aus Thurmanns Sicht nicht das Problem auf dem Wohnungsmarkt

Insgesamt hat die KWG seit Gründung 2017 23 Projekte im Landkreis bearbeitet und damit rund 18.000 Quadratmeter Wohnfläche verteilt auf 138 Wohnungen in Salzhausen, Jesteburg, Hanstedt, Klecken, Winsen, Buchholz und Drage vermietet. Noch im Bau befindliche 70 Wohnungen sollen bis Anfang 2024 fertig gestellt sein.

Neubauten allein lösen aus Thurmanns Sicht allerdings nicht das Problem auf dem Wohnungsmarkt. „Man sollte vor Ort auch schauen, was im Bestand möglich ist. In den kommenden Jahren wird es eine Welle freiwerdender Einfamilienhäuser geben, weil viele ältere Leute ihre großen Häuser verlassen werden.“ Es sei eine spannende Frage, was mit den Häusern passiere.

„Kauft man sie auf? Macht man neue B-Pläne? Sollen die Häuser modernisiert oder abgerissen, die Grundstücke neu und mehrgeschossig bebaut werden?“ Auch hier gebe es für Landkreis, Gemeinden und Kommunen neue Chancen. „Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Zielvereinbarung beim Thema Wohnungsbau“, so Thurmann. „Sonst werden wir die Situation nicht meistern.“