Lüneburg. Neuer Design-Ratgeber für Hoteliers, Gastronomen und Händler: Es geht um Heutapeten, Schnuckenfilz und die Farbe Lila.

Ein typisches Klischee über die Lüneburger Heide lässt sich ungefähr so beschreiben: In die norddeutsche Wandergegend zieht es vor allem rüstige Senioren, die urige Pensionen schätzen, rustikal speisen wollen und zumeist in Busladungen anreisen, um zur Blütezeit die lila Landschaft zu erleben. Doch wie das mit Klischees so ist: Im Kern mögen sie einen gewissen Wahrheitsgehalt haben, doch drum herum haben sich allzu viele Vorurteile und veraltete Vorstellungen angeheftet. Heute steht die Lüneburger Heide immer noch für Naturverbundenheit und Aktivurlaub, aber auch für Genuss, Regionalität und Nachhaltigkeit.

Das Bild der wandernden Senioren umfasst schon längst nicht mehr die ganze Wirklichkeit. Und schon gar nicht entspricht es dem Bild, das Betreiber von Hotels, Ferienwohnungen und Souvenirshops sowie Marketingfachleute für ihre Region im Kopf haben. Heute ist die Lüneburger Heide als Urlaubsort auch bei Familien mit Kindern, Wellnessurlaubern, Hobbysportlern oder erlebnisorientierten Reisenden beliebt. Spätestens mit der Corona-Pandemie, als das Reisen im eigenen Land von vielen neu entdeckt wurde, hat sich die Lüneburger Heide zum durchaus angesagten Reiseziel entwickelt.

Sanft gewellte Hügellandschaft, Wacholderbüsche, ein weißer Schriftzug auf lila Grund

Fahnen für die Heide: Die Marketingexperten in Heide-lila.
Fahnen für die Heide: Die Marketingexperten in Heide-lila. © Lüneburger Heide GmbH | Lüneburger Heide GmbH

Dazu beigetragen hat auch eine neue Marketingstrategie, die sich weniger am Alter der Urlauber orientiert als an deren Interessen. „Waren es Anfang der 2000er-Jahre noch demografische Kriterien, nach denen das Marketing im Tourismus und auch in der Lüneburger Heide ausgerichtet war, sind es für uns heute die Kenntnisse von Lebensstil, Wünschen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen unserer aktuellen und vor allem auch zukünftigen Gäste“, sagt Babette Suhr. Sie leitet den Bereich Netzwerkmanagement und -kommunikation bei der Lüneburger Heide GmbH. Damit sich die neue Ausrichtung in der Selbstvermarktung auch in den Unterkünften und Restaurants widerspiegelt, hat sie den Leitfaden „Heide-Design“ für Hoteliers, Gastronomen, Händler und Ferienwohnungsvermieter mitentwickelt.

Das Heft soll ein Ratgeber sein, wie die sogenannten Leistungsträger in der Region sich zu Botschaftern der Lüneburger Heide entwickeln können. Es enthält unter anderem Gestaltungstipps zum Einsatz von Farben und regionalen Materialien in Hotelzimmern und Restauranträumen. Im Mittelpunkt steht die Annahme, dass das Design genau auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt sein soll. Diese werden – nach aktuellen Erkenntnissen aus der Marktforschung – den Schwerpunkten „Natur“, „Erlebnis“, „Vital“ und „Stadt“ zugeordnet. Über allem gibt das Logo der Dachmarke „Lüneburger Heide“ Orientierung: eine sanft gewellte Hügellandschaft, Wacholderbüsche und ein weißer Schriftzug auf lila Grund.

Heidegefühl mit Hilfe von Farben, Formen und Gerüchen

Klar im Design, dennoch gemütlich: Das Kutscher-Zimmer im Stimbekhof Bispingen.
Klar im Design, dennoch gemütlich: Das Kutscher-Zimmer im Stimbekhof Bispingen. © Stimbekhof | Stimbekhof

Doch was macht das Bild der Lüneburger Heide aus, das mit dieser Strategie gefestigt und befördert werden soll? Wie lässt sich das Heidegefühl mit Hilfe von Farben, Formen und Gerüchen hervorrufen? Einige Designtipps gelten grundlegend für alle touristischen Orte in der Region. Der Heideurlauber liebe organische Formen und Naturmaterialien, heißt es. Als Farbe wird ganz klar das typische Heide-Lila empfohlen, aber auch natürliche Grün- und Sandtöne. Zimmer können mit Heidschnuckenfilz, Lehmputz, Ziegeln oder einer sogenannten Heutapete mit zarten Sprenkeln gestaltet werden. Auch Birkenstämme und frische Blumen in Lilatönen eignen sich demnach gut, um die besondere Atmosphäre der Region aufzugreifen.

Schnuckenwolle, Heidehonig, Lakritzlikör oder Heidesandkekse

Zwar rät eine Interior-Designerin in dem Ratgeber dazu, Räume lieber schlicht zu gestalten und nichts zu überfrachten. Allzu zurückhaltend muss es jedoch auch nicht sein: Großformatige Bilder mit Naturmotiven oder auch Gebäudeansichten dürfen gern auf Sichthöhe platziert werden. Alte Möbelstücke sind demnach geeignet, einen besonderen Akzent zu setzen – sofern sie gut in Schuss sind und zur „Raumgeschichte“ beitragen. Wer Schnuckenwolle, Heidehonig, Lakritzlikör oder Heidesandkekse verkauft, sollte den Laden ebenfalls klar strukturieren und mit den empfohlenen Farben gestalten.

Die Wandfarbe in der Unterkunft, die Schriftart in der Überschrift oder die Bildern vom Produkt – das seien die Grundlagen, um mit dem touristischen Angebot ganz nah am Gast zu sein, sagt Ulrich von dem Bruch, Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH. Anspruchsvoller werde es, wenn man auch die Werte und den Lebensstil des jeweiligen Urlaubers berücksichtige. Um dies zu erreichen, investiere das Unternehmen viel in Marktforschung und Trend-Scouting. „Es ist sehr wichtig zu wissen, was den potenziellen Urlauber gerade beschäftigt. Wie möchte er Natur wahrnehmen? Welchen Geruch erwartet er in der Heide? Mag er unsere regionale Küche?“

„Der Gast soll das Heide-Gefühl bekommen“

„Der Gast soll das Heide-Gefühl bekommen“, sagt von dem Bruch. Dafür soll er oder sie die schönen Seiten der Region entdecken und zugleich Verständnis für die Landschaft und ihren Wert entwickeln. Das Thema Nachhaltigkeit ist den Tourismusexperten besonders wichtig. „Aktueller denn je ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Lüneburger Heide als nachhaltiges Reiseziel in allen drei Ausprägungen – ökologisch, ökonomisch und sozial – zu präsentieren“, betont Babette Suhr. Dies bedeute nicht zwingend Verzicht, sondern vielmehr einen respektvollen Umgang mit der Natur, den bewussten Genuss von Regionalität sowie Authentizität. Dafür sollen insbesondere regionale Netzwerke sowie regionale Kreisläufe aufgebaut und gestärkt werden.