Stade/Buxtehude. Keine Chance für kommerzielle Klinikbetreiber: Stade und Buxtehude bleiben in kommunaler Hand
Trotz der chronischen Unterfinanzierung im Gesundheitswesen stellt sich der Landkreis Stade seiner Verantwortung und übernimmt mit dem Jahreswechsel die Trägerschaft der Elbe Kliniken mit den Standorten in Stade und Buxtehude. Allein in den kommenden drei Jahren sind aus dem Kreishaushalt Investitionen in Höhe von rund 40 Millionen Euro geplant.
Die Situation der Krankenhäuser ist so angespannt wie nie zuvor: Fachkräftemangel, ausufernde Bürokratie und unzureichende Finanzierung belasten die Kliniken massiv, aufgrund von Inflation und Pandemie spitzt sich die Lage weiter bedrohlich zu. Trotz all dieser Krisen müssen Kliniken ihre Leistungen zu Preisen von gestern erbringen. Sie können nicht – wie andere Unternehmen – mit Preissteigerungen auf die finanzielle Misere reagieren. In dieser teils existenzbedrohenden Lage stehen bundesweit insbesondere kleinere Klinikstandorte immer wieder auf dem Prüfstand.
Landkreis wird mit 89,9 Prozent der Gesellschafteranteile zum Jahreswechsel maßgeblicher Träger
Vor diesem Hintergrund und trotz der aktuellen Rahmenbedingungen hat der Landkreis Stade im Zusammenwirken mit den politischen Gremien die Übernahme der Elbe Kliniken besiegelt, die am vergangenen Freitag beurkundet wurde. Demnach wird der Landkreis mit 89,9 Prozent der Gesellschafteranteile zum Jahreswechsel maßgeblicher Träger der Elbe Kliniken mit ihren Standorten in Stade und Buxtehude sein. Bisher teilten sich der Kreis und die Hansestadt Stade die Anteile. „Das ist ein Bekenntnis für eine gute medizinische Versorgung und attraktive Arbeitsbedingungen in kommunaler Hand“, sagt Landrat Kai Seefried. Der Landkreis übernehme die städtischen Anteile, um die Elbe Kliniken in kommunaler Hand zu halten und für Patienten wie Mitarbeiter bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Hansestadt Stade hat ihre Anteile aus finanziellen Gründen auf eigene Initiative abgegeben. Der Landkreis übernimmt von ihr weitere 39,9 Prozent für 3,99 Millionen Euro. Zusätzlich 1,01 Millionen Euro zahlt die in diesem Jahr vom Kreistag gegründete kommunale Betriebsanstalt Stade, die 10,1 Prozent der Anteile erwirbt, weil bei einem sogenannten Rechtsgeschäft zu Gunsten des öffentlichen Gesundheitswesens keine Grunderwerbsteuer gezahlt werden muss.
Der Landkreis gewinnt einen größeren finanziellen Spielraum
Der Landkreis gewinnt dadurch einen größeren finanziellen Spielraum bei der Mitfinanzierung des Umbaus der Kliniken. Wie berichtet, sollen bis 2026 rund 40 Millionen Euro aus dem Kreishaushalt für Modernisierungsmaßnahmen in die Elbe Kliniken investiert werden. Außerdem wird ab 2023 ein Gesundheitscampus eingerichtet, wie es der Kreistag vor wenigen Tagen beschlossen hat. In Kooperation mit einer Universität in Riga sollen Mediziner an den Elbe Kliniken ausgebildet werden – ein in ganz Norddeutschland bisher einzigartiges Modell (wir berichteten). Die Kreisumlage soll trotz der hohen Investitionsvorhaben in die Kliniken aktuell nicht erhöht werden, wie ein Landkreis-Sprecher dem Abendblatt auf Nachfrage bestätigte. Der Kreis steht auch aufgrund einer unerwarteten Zahlung vom Land in Höhe von 11,6 Millionen Euro aus sprudelnden Steuereinnahmen finanziell nicht schlecht dar.
Bei der Belegschaft in den Elbe Kliniken sorgt die Übernahme der Trägerschaft durch den Landkreis Stade für Aufatmen, denn besonders der Standort Stade gilt als sehr attraktiv für kommerzielle Klinikbetreiber, da es sich um einen fast kompletten Maximalversorger handelt. Ein Verkauf an einen Klinikkonzern wie Asklepios oder Helios hätte für die kommunale Hand einen – wenigstens einmaligen – Geldsegen bedeutet. „Es ist ein sehr gutes Signal vom Landkreis, dass man sich trotz schwieriger Rahmenbedingungen dieser Verantwortung stellt“, sagt Kai Holm, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Elbe Kliniken Stade-Buxtehude. Der Betriebsrat freue sich über dieses klare Bekenntnis zu den Elbe Kliniken, hege aber keine großen Erwartungen etwa hinsichtlich der geforderten Tarifentlohnung für bestimmte Berufsgruppen.
„Bei der Pflegevergütung sind wir inzwischen konkurrenzfähig, teilweise zahlen wir besser als Hamburger Betriebe. Auch die Mediziner waren nie ein Problem. Aber beim Personal in Küche, Labor, Reinigung, Transport und bei den Physiotherapeuten ist noch Luft nach oben, um dort ebenfalls konkurrenzfähig zu werden“, so Holm. „Daran arbeiten wir.“
„Ich brauche das wirklich nicht, was in Hamburg passiert“
Dennoch sei er froh, dass die medizinische Versorgung in den Kliniken des Landkreises Stade in kommunaler Hand bleibt: „Ich brauche das wirklich nicht, was bei den kommerziellen Klinikkonzernen in Hamburg passiert“, so Holm. In den Jahren 2010 bis 2016 habe Stade und insbesondere Buxtehude viele Pflegekräfte an Hamburg verloren. „Jetzt stellen wir vermehrt fest, dass die Leute wieder zurückkommen.“
Auch Sönke Hartlef, Bürgermeister der Hansestadt Stade, ist erleichtert: „Für uns war immer erklärtes Ziel und Bedingung, dass die Kliniken in kommunaler Hand bleiben. Das ist sichergestellt. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass die Elbe Kliniken mit den geplanten Investitionen eine gute Zukunft haben“, sagt Hartlef. Die Elbe Kliniken mit den Standorten in Stade und Buxtehude und einem Umsatzvolumen von einer knappen Viertelmilliarde Euro sind der größte Arbeitgeber im Landkreis – noch vor Airbus. Rund 3000 Beschäftigte versorgen jedes Jahr mehr als 45.000 stationäre und über 85.000 ambulante Patienten. Im Jahr werden rund 20.000 Operationen durchgeführt. Mit 400 Schul- und Ausbildungsplätzen sind die Elbe Kliniken zudem einer der größten Ausbildungsbetriebe der Region.
Mit der Übernahme ist nun auch der Bestand des Krankenhauses in Buxtehude längerfristig gesichert. Das Elbe Klinikum Buxtehude ist für etwa 40.000 Menschen in der Hansestadt und im wachsenden Umland zuständig und muss sich außer mit der Schwester-Klinik in Stade vor allem auch mit starker Konkurrenz in Harburg und Buchholz messen. Das Buxtehuder Krankenhaus wurde in den vergangenen zehn Jahren für fast 50 Millionen Euro umfangreich modernisiert.