Landkreis Harburg. Geflügelmäster im Landkreis Harburg sind mit dem Geschäft zufrieden, fürchten aber Rückkehr der Vogelgrippe.

Trotz Inflation und vermehrt auftretenden Geldsorgen wollen viele Menschen nicht auf ihre Weihnachtsgans verzichten. Das berichten Mäster aus der Region. Sie mussten zwar aufgrund gestiegener Kosten die Preise erhöhen, doch bleibt die Nachfrage hoch. Auch von Gastronomen. Das größte Risiko bis zur Schlachtung ist die Vogelgrippe.

„Unsere Gänse werden allmählich knapp“, sagt Teresa-Marie Pelka vom Cassenshof in Inzmühlen. „Das hätte ich nicht gedacht in Zeiten, in denen bei vielen Menschen das Geld knapp ist. Aber offenbar werden beim Weihnachtsbraten keine Abstriche gemacht.“ Der Cassenshof ist ein recht großer Gänsemäster im Landkreis Harburg. Ursprünglich wurden 3000 Gössel (Gänseküken) hier groß. 2000 Gänse marschieren jetzt noch über die hofeigenen Wiesen am Seevelauf, 1000 sind bereits verbraten. „Wir schlachten immer frisch, nur auf Bestellung“, sagt Pelka, die mit ihrer Familie den Hof leitet.

Weihnachten: Eine Gans kostet in der Regel mehr als 100 Euro

Natürlich seien auch die Gänse vom Cassenshof teurer geworden, sagt die Hofchefin. Schließlich gebe es höhere Futterkosten und Schlachtkosten. „Wir nehmen für unsere Weidegänse 19,90 Euro pro Kilo. Eine Gans kostet deshalb in der Regel mehr als 100 Euro. Vor fünf, sechs Jahren lag der Kilopreis bei 15 Euro. Wir dachten, 19,90 sei viel, aber auch die Gastronomie zahlt diesen Preis. Andere Mäster verlangen in diesem Jahr 24 Euro. Das war bislang der Bio-Preis.“

Der Familienbetrieb und andere Gänsemäster hoffen, dass die Tiere gesund und munter bleiben, bis die letzten kurz vor dem Fest zum Schlachter kommen. Denn die Vogelgrippe hängt wie ein Damoklesschwert über der Region. „Für die 2000 Gänse besteht immer noch das Risiko eines Totalausfalls“, sagt Teresa-Marie Pelka. Solange die eigene Gänseschar nicht befallen werde, sei die Situation zu managen – „wenn wir sie als Vorsichtsmaßnahme wie im vergangenen Jahr wieder im Stall halten müssten, wäre das nicht schön, aber zu verkraften.“

Vogelgrippe war selbst im Sommer nie ganz verschwunden

Die Vogelgrippe war selbst im Sommer nie ganz verschwunden – seit Juni wurden zwischen Emden, Osnabrück und Cuxhaven 70 infizierte Wildvögel gefunden. Mit Schwerpunkt an der Küste. Gerade im Herbst steigt die Gefahr. So wurde Ende November 2021 ein Zuchtbetrieb in Wistedt (Samtgemeinde Tostedt) befallen – 1200 von 16.000 Elterntieren verendeten oder mussten geschlachtet werden. Die betroffene Gänsegruppe wurde sehr isoliert gehalten, so dass der Großteil des Hofgeflügels die Seuchenbekämpfung überlebte. Neben den restlichen Elterntieren – sie brachten die Küken für die aktuelle Weihnachtszeit hervor – blieben auch rund 15.000 Mastgänse und einige Tausend Enten am Leben. Die Mastgänse allerdings nur bis Weihnachten 2021.

In diesem Jahr sieht es bislang besser aus. Es gibt keine Infektionswelle und keine Stallpflicht. Doch die Situation bleibt angespannt. Auch auf dem Geflügelhof Backeberg in Wittorf zwischen Winsen und Bardowick. „Wir arbeiten eng mit dem Veterinäramt zusammen und haben schon im Oktober angefangen zu schlachten“, sagt Dirk Backeberg. „Wir schlachten selbst und legen die Gänse in den Schockfroster. Dort frieren sie innerhalb einer halben Stunde durch – und schmecken später ebenso gut wie frisch geschlachtete Gänse. Wenn man sie in einem üblichen Gefrierschrank tiefkühlt, sind sie erst nach vier bis fünf Tagen komplett durchgefroren.“

Junggänse fressen sich erst bei kühlerer Witterung Reserven an

Nur noch 150 der ursprünglich 1000 Backebergschen Gänse sind noch auf der Weide unterwegs. Viele sind bereits verkauft, sowohl gefroren oder auch als Frischfleisch. Die Gänse und anderes Geflügel sowie Wild und Heidschnucke aus eigener Schlachtung bietet der Familienbetrieb auf den Wochenmärkten in Lüneburg und Kaltenmoor, in Adendorf, Pattensen und Maschen an.

„Es wird in diesem Jahr mehr nach dem Preis gefragt“, sagt Backeberg. Und der liegt bei 18,50 Euro das Kilo Gänsebraten. Im Vorjahr seien es knapp 18 Euro gewesen. Die sehr moderate Erhöhung sei möglich, weil der Geflügelhof das Futtergetreide komplett selbst anbaut.

Weihnachten: Gänse nicht zu früh schlachten

Vom frühzeitigen Schlachten hält Ruth Staudenmayer, Geschäftsführerin vom Geflügelhof Schönecke in Neu Wulmstorf, wenig: „Die Junggänse fangen erst richtig an zu fressen, wenn es kalt wird. Wenn man zu früh schlachtet, haben sie zu wenig Gewicht. Sie setzen von August bis Dezember Fleisch an. Zuvor ist es zu warm. Und auch in diesem Herbst war es mordsmäßig warm. Erst in jüngster Zeit wurde es kälter, so dass die Gänse nun mehr fressen und schön ansetzen.“ In der Gans stecke noch viel Wildtier.

Der Hof Schönecke hat sich auf die Eierproduktion spezialisiert. Das Geflügelfleisch liefern Partnerbetriebe. Die Verfügbarkeit von Gänsen sei in diesem Jahr um etwa ein Drittel geringer, die Vogelgrippe hinterlasse ihre Spuren, so Staudenmayer. Die Gänse, die über Schönecke verkauft werden, stammen vom Geflügelhof Hemme in Rhade bei Zeven.