Hittfeld. Fleischerei Lissewski im Dorfkern schließt am 30. November nach 72 Jahren. Inhaber Claus Rupert nennt die Gründe – und Schuldige.

Über dem Eingang zur Fleischerei hängen zwei große Bullenköpfe mit kräftigen Hörnern. Im Geschäft steht eine lange beleuchtete Theke gut gefüllt mit Fleisch, Wurst, Käse und Salaten. Ein Stehtisch in der Ecke lädt zum Verweilen am Hittfelder Suppenkessel ein – und Stühle entlang der Fensterfront zeugen davon, dass die letzte Schlachterei im Hittfelder Dorfkern ein publikumsstarker Treffpunkt ist.

Das Geschäft besteht bereits seit 1950. Claus Rupert hatte dort seit 1995 zunächst als angestellter Fleischermeister gearbeitet und 2007 den Betrieb schließlich übernommen. Seit einigen Tagen ist nun bekannt: Am 30. November schaltet der Inhaber in seinem Traditionsgeschäft endgültig die Lichter an der Fleischtheke aus. Auf einem unscheinbaren Zettel an der Tür steht der Grund geschrieben: „Aufgrund der dramatisch gestiegenen Energiekosten und der damit verbundenen wirtschaftlichen Entwicklung sehen wir uns leider gezwungen, unser Geschäft aufzugeben.“

Überraschendes Aus für Hittfelds Traditionsschlachterei

Die Entscheidung sei ihm nicht leichtgefallen, sagt Rupert. Sechs Monate habe Rupert nicht geschlafen, immer wieder nach Lösungen gesucht. „Unternehmensberater haben uns schließlich zu dem dramatischen Schritt geraten“, so der 52 Jahre alte Fleischermeister.

„Die Kosten für die Energie der Kühlhäuser, das Personal und den Einkauf sind teilweise drastisch gestiegen“, erklärt er den harten Schnitt. „Der Weiterbetrieb wäre einfach nicht mehr kostendeckend möglich gewesen, egal welches Szenario ich durchgespielt habe“, sagt Claus Rupert enttäuscht und schiebt nach einer kurzen Pause hinterher: „Die Politik lässt die kleinen Betriebe im Stich und daher glaube ich, es werden noch viele Betriebe folgen, etwa inhabergeführte Bäcker.“ Die Kunden, so der Schlachter, hielten aus verständlichen Gründen ihr Geld zusammen. „Wir haben 50 Prozent mehr Kosten für Energie und gestiegene Personalkosten“, klagt der Fleischer.

Wichtig sei ihm, sagt Rupert, dass seine Angestellten schnell neue Jobs finden

Die Menschen könnten nur beim Essen sparen, wenn die Wohnung warm bleiben soll. Und die Fahrt zur Arbeit müsse man ja erledigen, da könne man nicht sparen. In den letzten Monaten produzierte der Fleischer bereits deutlich weniger seiner 40 hausgemachten Wurstsorten und über 20 Salate aus eigener Herstellung. „Spätestens seit Mai ist zu beobachten, dass Kunden verhaltener einkaufen, denn auch bei ihnen schlagen die Energiekosten mittlerweile voll durch“, so Rupert. „Wichtig ist, dass meine sieben Angestellten neue Jobs finden. Einige konnte ich schon vermitteln“, zeigt sich der Fleischer zuversichtlich, für ihn selbst gehe es erstmal um die Abwicklung des Geschäftes – und dann mal schauen was kommt.

Die Kunden sind traurig. „Wo soll ich denn nun den weltbesten Fleischsalat kaufen?“, fragt eine Frau auf Facebook. Ein anderer Nutzer der Socialmedia-Plattform lobt die Qualität und bedauert, die Fleischerei Lissewski erst kürzlich noch weiterempfohlen zu haben: „Wirklich schade.“

Wer in Zukunft in einer richtigen Fleischerei einkaufen möchte, muss künftig weit fahren. „Die nächste Schlachterei gibt es erst in Jesteburg“, so Rupert abschließend. Auch deshalb habe er sich schwergetan, schließlich sei der Schritt zur Schließung aber alternativlos.