Neu Wulmstorf. Neu Wulmstorf: CDU/FDP trägt das Projekt nicht mehr mit – Bürgermeister befürchtet Verlust der Fördermittel

Im Rat der Gemeinde Neu Wulmstorf herrscht oft Einmütigkeit. So ist bei der jüngsten Sitzung des Gremiums im September lediglich ein Tagesordnungspunkt mit großer Mehrheit abgelehnt worden, nämlich der Antrag der Gruppe UWG/FW, die Schillerstraße zur Einbahnstraße zu machen. Alle anderen Punkte und Anträge – seien sie von der SPD oder von der Gruppe CDU/FDP eingebracht worden – wurden nach kurzer Diskussion einstimmig beschlossen. Da bedarf es offenbar anderer Spielwiesen, um sich als eigenständige politische Kraft zu profilieren.

So ein Thema ist der Umbau der Bahnhofstraße, Neu Wulmstorfs Hauptgeschäftsstraße, im Rahmen des Förderprogramms „Perspektive Innenstadt“, der vor allem von der SPD und ihrem Bürgermeister Tobias Handtke vorangetrieben wird. Damit soll die Neu Wulmstorfer Hauptgeschäftsstraße aufgewertet und gleichzeitig der künftig zu erwartende Autobahn-Durchgangsverkehr von der A 26 aus der Bahnhofstraße vertrieben werden.

Bis August 2023 müssen Maßnahmen umgesetzt und abgerechnet werden

Doch die Zeit drängt, will man die bereits zugesagten Fördermittel auch tatsächlich erhalten: Bis August nächsten Jahres müssen die angestrebten Maßnahmen umgesetzt und auch abgerechnet werden.

Handtke hatte gehofft, das mit EU-Fördermitteln zu realisierende Vorhaben mit der Unterstützung aller Fraktionen durchziehen zu können – beim Antrag im vergangenen Juni hatte das auch noch prima geklappt. Doch nun sieht sich der Bürgermeister enttäuscht: Die Gruppe CDU/FDP schert aus und will aufgrund „einer Kostenexplosion bei der ,Perspektive Innenstadt’“ das Projekt nicht mehr mittragen.

„In der jetzigen Haushaltssituation können wir uns eine solche Maßnahme schlicht nicht leisten“, sagt Malte Kanebley, Vorsitzender der Gruppe CDU/FDP im Rat der Gemeinde.

Tempo-20-Zone soll kommen

Hinter dem Namen „Perspektive Innenstadt“ verbirgt sich ein Förderprogramm , mit dem innerörtliche Lagen attraktiver gestaltet werden sollen und können. Neu Wulmstorf hat sich um Mittel aus diesem Programm beworben und eine Zusage erhalten. Insgesamt 295.000 Euro soll die Gemeinde an Fördergeldern erhalten und bei Gesamtkosten von geschätzten 333.000 Euro ursprünglich 38.000 Euro aus der Gemeindekasse zuschießen. Dafür sollte der Bereich der Bahnhofstraße zwischen Rathaus und der Straße „Zur Heide“ zu einem „verkehrsberuhigtem Geschäftsbereich“ umgebaut werden.

Angestrebt ist ein Bündel von Maßnahmen wie Querungshilfen, eine Verlegung der Ampel in Richtung Bäcker Schrader und eine neue Möblierung. Ab dem Bereich, in dem heute die Ampel steht, soll zudem eine Tempo-20-Zone beginnen.

Malte Kanebley, CDU, Neu Wulmstorf, Fraktionsvorsitzender
Malte Kanebley, CDU, Neu Wulmstorf, Fraktionsvorsitzender © CDU | Kanebley

Die Hoffnung, dass durch die Maßnahme auch in Hinblick auf die bevorstehende Öffnung der A 26 die Strecke durch die Bahnhofstraße für den Durchgangsverkehr unattraktiv würde, teilt die Gruppe CDU/FDP nicht.

Planungsbüro gewechselt, Kostenschätzung erneuert

„Das der Umbau nennenswert Verkehr aus der Bahnhofstraße heraushalten würde, haben wir nie geglaubt“, sagt Malte Kanebley. „Aber für eine Zuzahlung von rund 38.000 Euro konnten wir dem Vorhaben zustimmen, da es zweifellos eine Aufwertung der Bahnhofstraße ist.“ Zwischenzeitlich musste aber das Planungsbüro gewechselt werden und eine neue Kostenschätzung wurde erstellt. „Da waren es dann schon 419.000 Euro, also eine Zuzahlung von 124.000 Euro durch die Gemeinde Neu Wulmstorf“, rechnet Kanebley vor.

Die konkrete Ausschreibung der Arbeiten habe einen Angebotspreis von 561.000 Euro ergeben. „Und damit ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht getan, denn bei Tiefbauarbeiten findet man eigentlich immer etwas, was zu Mehrkosten führt“, sagt Kanebley, seit mehr als zehn Jahren Mitglied im Bauausschuss. An dieser Stelle sei für seine Gruppe klar der Punkt gekommen, an dem „Stopp“ gesagt werden müsse.

„Das Land befürchtet eine Rezession, Steuereinnahmen werden sinken, die Energiekosten steigen ins Ungewisse – alles Risiken für die Gemeinde, die kaum zu kalkulieren und zu beherrschen sind“, so Kanebley weiter. „In dieser Situation können wir uns eine hauptsächlich kosmetische Maßnahme schlicht nicht leisten.“

„Es ist notwendig, den Verkehr da herauszuholen!“

Bürgermeister Handtke sieht das anders: „Auf der Bahnhofstraße gibt es eindeutigen Handlungsbedarf. Es ist notwendig, den Verkehr da herauszuholen und die Situation auch für Fußgänger und Radfahrer zu entschärfen beziehungsweise den Straßenzug insgesamt aufzuwerten“, so Handtke. Das sei bisher auch die Position der Gruppe CDU/FDP gewesen, „auch wenn es jetzt anders behauptet wird“. Und auch die Planer hielten eine Entschleunigung der Bahnhofstraße für notwendig, damit der Durchgangsverkehr vermieden werde, so Handtke: „Ich bin überrascht und enttäuscht, dass die Gruppe CDU/FDP dies nun nicht mehr mitträgt. Wir reden ja nicht über astronomische Summen.“

Allerdings sei die Förderkulisse durch die neue Gegenposition der CDU/FDP gefährdet, so Handtke. „Das könnte das ganze Projekt aufhalten und das würde heißen, wir haben gar nichts mehr in der Hand.“ Doch die Art und Weise der Beschlussfassung ärgert die Gruppe CDU/FDP besonders, wie Kanebley betont: „Wir wollen dies in öffentlicher Sitzung durch den Rat entscheiden lassen. Leider ist das von der rot-grünen Mehrheit im Rat nicht gewollt.“ Die Mehrheit um Bürgermeister Handtke habe bereits im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss entschieden, dass das Projekt trotz der hohen Kosten weitergeführt werde. „Hinter verschlossenen Türen werden mal eben solche Beträge freigegeben. Übrigens Gelder, die die Gemeinde gar nicht hat und über Kredite finanzieren muss“, so Kanebley. Seine Gruppe hat nun beantragt, dass der Gemeinderat sich damit in öffentlicher Sitzung befassen soll.

Handtke hält dagegen: „Aussagen, wir würden das Thema nicht in die Öffentlichkeit bringen wollen, sind absolut haltlos. Das hat etwas mit dem eingeleiteten Verfahren und den Fertigstellungsfristen zu tun.“ Es sei unwahrscheinlich, dass Neu Wulmstorf über Jahre die Chance bekommen werde, erneut Fördermittel für Maßnahmen für die Bahnhofstraße zu erhalten.