Landkreis Harburg. Deutsche Bahn erarbeitet derzeit drei Varianten. Staatssekretärin Kluckert verspricht: „Keine Lösung ohne die Bevölkerung vor Ort“.
Die Diskussionen um die Planungen der Deutschen Bahn für eine mögliche neue Fern- und Güterverkehrsstrecke durch den Landkreis Harburg gehen weiter. Jetzt äußern sich auch die Bundespolitikerinnen Daniela Kluckert und Svenja Stadler deutlich zu den Trassenplänen zwischen Hamburg und Hannover.
Bei einem Vor-Ort-Treffen in Seevetal gab die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Daniela Kluckert, den Bürgermeistern der betroffenen Regionen ein klares Versprechen: „Wir werden zu keiner Lösung kommen, die ohne die Bevölkerung vor Ort getroffen wird. Wir gehen in den Dialog.“
Bahntrasse Harburg: Drei Varianten werden erarbeitet
Kluckert, die auf Einladung des Seevetaler FDP-Ratsmitglieds Friedrich Becker nach Helmstorf gekommen war, betonte, dass die Infrastruktur im Transitland Deutschland zwar in keinem guten Zustand sei und Anpassungen unumgänglich seien. „Aber Sie können sicher sein, Entscheidungen werden nicht von der Deutschen Bahn gefällt, sondern von uns: der Politik im Parlament.“
Diese will bis Ende des Jahres darüber entscheiden, wie es mit dem Fern- und Güterverkehr zwischen Hamburg und Hannover weitergehen soll. Wie berichtet, erarbeitet die Bahn derzeit als Entscheidungsgrundlage drei Trassenvarianten, die für eine schnellere Verbindung zwischen der Hansestadt und der niedersächsischen Landeshauptstadt sorgen sollen.
Bis zum Herbst will das Unternehmen die Vergleichsvarianten fertigstellen
Bis zum Herbst will das Unternehmen die Vergleichsvarianten fertigstellen: Bestand, bestandsnah und bestandsfern. Die erste Variante ist unter dem Begriff „Alpha E“ vom Dialogforum Schiene Nord 2015 geschnürt worden und wurde vom Beirat Alpha E begleitet. Sie sieht unter anderem einen Ausbau der bestehenden Bahnstrecke Hamburg – Hannover über Lüneburg und Celle vor und wurde vom einer breiten Mehrheit getragen. Doch daneben arbeitet die Bahn auch an einer bestandsfernen Trasse entlang der Autobahn 7, deren Bau massive Folgen für den Landkreis Harburg hätte und von allen Fraktionen vor Ort abgelehnt wird.
Mit konkreten Informationen zur umstrittenen Neubaustrecke entlang der A 7 hält sich die Bahn allerdings bewusst zurück. Inzwischen geht man im Landkreis davon aus, dass dies seinen Grund hat: Die umstrittene „A 7-Variante“, deren Umsetzung für die Gemeinde Seevetal und die Samtgemeinden Hanstedt und Salzhausen verheerende Folgen haben könnte, werde von der Bahn favorisiert, so die Annahme der Kommunalpolitik. „Wir machen uns große Sorgen, dass wir nicht gehört werden“, lautetet daher die Botschaft von Landrat Rainer Rempe nach Berlin. Er habe den Eindruck, dass die Entscheidung für die Neubaustrecke im Ministerium bereits gefallen sei.
Landrat Rempe fühlt sich „hinter die Fichte geführt“
„Dreimal habe ich den Minister angeschrieben“, so Rempe. „Den Antworten kann ich nicht entnehmen, dass die Planungen dort kritisch angeschaut werden.“ Enttäuscht und verärgert äußerte sich Rempe auch über das Verhalten der Bahn. „Mehrfach haben wir versucht, mit der Bahn in den Dialog zu kommen. Aber die Kommunikationsstrategie dieses Unternehmens ist eine Katastrophe. Es legt keine Planung auf den Tisch, beantwortet keine Fragen“, so Rempe weiter. Monate später als zugesagt habe man endlich Kartenmaterial und Planungen erhalten. „Diese bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagt der Landrat, der sich zudem „hinter die Fichte geführt“ fühlt. „Man hat uns mit dem ‘Dialogforum Schiene Nord’ suggeriert, dass wir uns an einem politischen Prozess beteiligen können“, sagt er. „Das aber ist in Wahrheit nicht der Fall.“
Unterstützung bekommt Rempe von SPD-Politikerin Svenja Stadler, die für den Landkreis Harburg im Bundestag sitzt. „Wir begrüßen das Dialogforum Schiene Nord und bekennen uns zu Alpha-E“, versichert sie. „Das ist der richtige Weg. Nach wie vor gilt die Devise: Bestand vor Neubau“, so Stadler.
Klare Forderungen von den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden
Klare Forderungen kommen auch von den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden. „Wir wollen höchstmögliche Transparenz für die Bürger“, sagt Salzhausens Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Krause. „Diese aber bekommen wir nicht von der Bahn. Dort belächelt man uns nur.“ Das Ministerium müsse dafür sorgen, dass man schnellstmöglich in die Sachdiskussion komme. „Ohne Transparenz geht es nicht“, so Krause. „Sonst knallt es demnächst – und zwar richtig.“
Emily Weede, Bürgermeisterin von Seevetal, bezeichnet das Verhalten der Bahn als „kaum zumutbar“. „Wir werden uns das nicht länger gefallen lassen und alles daransetzen, die Lebensqualität in unseren Kommunen zu erhalten“, sagt sie. Sollten die Pläne in dieser Form umgesetzt werden, würden nicht nur Wohngebiete und Biotope zerschnitten, sondern auch die Lärmbelastung so hoch, dass künftig nur noch Gewerbegebiete ausgeschrieben werden dürften. Damit werde der Landkreis zum Gewerbeklo von Hamburg. „Wenn der Bundestag diese Strecke beschließen sollte, wird das maximalen Protest zur Folge haben“, so Weedes Botschaft nach Berlin. „Wir werden uns hier nicht alles kaputt machen lassen.“
„Jeder möchte seine Heimat beschützen.“
Daniela Kluckert kann den Unmut im Landkreis Harburg verstehen, verweist aber auch darauf, „dass es in unserem Land vorangehen muss“. „Jeder möchte seine Heimat beschützen. Aber wir müssen auch dafür sorgen, mehr Güter und Personen auf die Schiene zu bekommen.“
In Berlin will sich Kluckert nun dafür einsetzen, dass sich „die Dinge“ bei der Deutschen Bahn verändern. „Es ist nicht in Ordnung, wie sich die Deutsche Bahn verhält“, so die Staatssekretärin. Offenbar bestehe dort nicht die Dringlichkeit, gemeinsam mit der Bevölkerung Projekte umzusetzen. „Aber ich versichere, dass nicht von der Bahn, sondern von den Politikern entschieden wird“, so die FDP-Politikerin. „Und mit dem Votum der hiesigen Abgeordneten kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Neubaustrecke in dieser Form gebaut wird.“