Neu Wulmstorf. Dachflächen in den Gemeinden sollen mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Initiative und Verwaltung ziehen an einem Strang.
In der aktuellen Energiekrise erhält eine Idee von ehrenamtlichen Akteuren des Klimaforums Neu Wulmstorf starken Rückenwind: Die Arbeitsgruppe Klimateam Solarinitiative Neu Wulmstorf regt an, möglichst viele kommunale Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen zu bestücken und hat dazu konkrete Vorschläge formuliert. Von der Gemeindeverwaltung gibt es für das Vorhaben der ehrenamtlichen Akteure ein klares „Daumen hoch“.
Auch die Gemeinde hat nämlich bereits eine neue Fläche für die Installation von Photovoltaik-Anlagen zur Erzeugung von Solarenergie im Auge: Dabei handelt es sich um die Dachflächen des Neubaus der Grundschule am Moor und der angrenzenden Sporthalle, die gerade an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße heranwachsen. „Dort wollen wir gemeinsam mit der Solargenossenschaft Rosengarten Photovoltaik-Anlagen umsetzen“, bestätigt Thomas Saunus, Fachbereichsleiter Ortsentwicklung und Immobilienwirtschaft, dem Abendblatt auf Anfrage.
Neubau der Grundschule am Moor und der Sporthalle im Visier
Das Klimateam Solarenergie sieht hier ebenfalls eine große Chance. Für die Initiative ist das Vorantreiben der Wende hin zu Erneuerbaren Energien vor Ort das Hauptthema. „Auch die Dachflächen im Besitz der Gemeinde kommen dafür natürlich in Frage, zumal sie oft viel größer sind als die von Privatleuten“, sagt Peter Boser, einer der Initiatoren des Klimaforums mit seinen verschiedenen Arbeitsgemeinschaften zu Themen des Umwelt- und Naturschutzes. Während es im Gewerbe immer mehr Betriebe gebe, die auf Photovoltaik setzten, gebe es in der Gemeinde noch Nachholbedarf. „Bei unseren Rundgängen durch Neu Wulmstorf sind wir auf eine ganze Reihe kommunaler Gebäude gestoßen, die in Richtung Erneuerbare Energie bisher wenig oder gar nichts zu bieten haben. Daran wollen wir etwas ändern“, so Boser.
Also traten Boser und seine Mitstreiter in eine Diskussion mit der Gemeinde Neu Wulmstorf ein – mit dem Ziel, den Weg zu mehr Solarstrom gemeinsam zu beschreiten. „Zunächst hatten wir die Idee verfolgt, eine eigene Genossenschaft für Neu Wulmstorf zu gründen“, sagt Andreas Ossenkopf von der Solarinitiative. „Von dieser Planung haben wir uns aber schnell verabschiedet. Eine solche Gründung und die satzungsgemäße Führung einer Genossenschaft kostet enorm Ressourcen, Zeit und Geld. Also haben wir geschaut, ob es nicht kooperationswillige Partner gibt. So einen haben wir in der Genossenschaft Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten gefunden“, so Ossenkopf.
„Solarstromerzeugung in Bürgerhand“ existiert in Rosengarten seit 2007
Um die Kraft der Sonne einzufangen, sind kaum Eingriffe in die Natur nötig. Darum halten die Klimaaktivisten Sonnenstrom für die beste Art der Stromerzeugung. So auch die Mitglieder der Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten eG, kurz Rosengartenenergie. Die Genossenschaft entstand bereits 2007 aus der Idee heraus, dass jeder einzelne Bürger seinen Beitrag zur Energiewende leisten könne. „Solarstromerzeugung in Bürgerhand“ lautete das Motto.
Aus Sicht der Genossenschaft leistet die dezentrale Stromerzeugung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Sie ist inzwischen Betreiberin verschiedener Projekte im gesamten Landkreis Harburg, wo sie auch Photovoltaik-Anlagen auf gepachteten Dachflächen öffentlicher Träger betreibt. In der Genossenschaft steht nach eigenen Angaben nicht der maximale Profit im Vordergrund. Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat arbeiten ehrenamtlich. Vorstandsvorsitzender ist der ehemalige Buchholzer Bürgermeister Norbert Stein.
Kooperation zwischen Gemeinde und Rosengartenenergie weit fortgeschritten
„Mit den Verantwortlichen der Rosengartenenergie konnten wir unsere Ideen super besprechen, und wir schließen uns der Genossenschaft derzeit als neue Einzelmitglieder an, um dort perspektivisch als Team Neu Wulmstorf mit dem Fokus auf unsere Gemeinde zu arbeiten“, so Peter Boser, der selbst seit kurzem im Aufsichtsrat der Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten sitzt. So könne der nötige Aufwand gemeinsam mit anderen geschultert und gleichzeitig Zeit und Energie für Projekte vor Ort gewonnen werden.
Inzwischen ist die Idee der Kooperation zwischen der Gemeinde Neu Wulmstorf und Rosengartenenergie weit fortgeschritten, muss aber in den Details weiter ausgehandelt werden. Die Genossenschaft soll auf eigene Kosten auf ausgewählten Dächern kommunaler Gebäude Photovoltaik-Anlagen installieren und betreiben und beliefert die darunter befindlichen Einrichtungen – also zum Beispiel Kitas, Feuerwehr, Bauhof oder Schulen – mit günstiger, nachhaltiger Energie. „Derzeit identifizieren wir geeignete Gebäude für so ein Vorgehen und prüfen die rechtlichen, baulichen und energetischen Voraussetzungen, um eine Solaranlage auf diesen Dächern wirtschaftlich zu betreiben“, sagt Thomas Saunus.
Weitere Gebäude werden hinsichtlich ihrer Eignung überprüft
Gabriele Max, die Klimabeauftragte der Gemeinde, habe bereits eine Liste mit mehr als einem Dutzend kommunaler Gebäude, die hinsichtlich ihrer Eignung überprüft werden, so Saunus. Einig seien sich alle Beteiligten, dass das Augenmerk zunächst auf dem Schulneubau liege. „Nach der Schule sollen weitere Projekte folgen“, sagt Saunus.
Der Schulneubau ist insofern interessant für die Erzeugung von Solarenergie, weil dort auch ein Veranstaltungszentrum und eine Großküche entstehen – beides sind energieintensive Einrichtungen. „Hier könnte eine Win-Win-Situation entstehen, wenn wir den auf den Dachflächen erzeugten Strom nicht nur für billiges Geld ins Netz einspeisen, sondern ihn auch vor Ort verbrauchen“, so Boser.
Photovoltaik-Anlage der neuen Schule könnte bis zu 95 Haushalte
Er rechnet damit, dass auf dem Neubau 150 bis 190 Kilowattpeak (kWp) erzeugt werden könnten. Die Maßeinheit bezeichnet die maximale Leistung von Photovoltaikmodulen unter Standardbedingungen. Ein Kilowattpeak ergibt ungefähr einen Stromertrag von etwa 1000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr. Zum Vergleich: Im Durchschnitt verbraucht ein Zwei-Personen-Haushalt im Mehrfamilienhaus 2000 kWh Strom pro Jahr. Allein eine Photovoltaik-Anlage auf der neuen Schule könnte also theoretisch 75 bis 95 solcher Haushalte versorgen.
Die Bemühungen der Gemeinde Neu Wulmstorfs und des Klimaforums hinsichtlich der Ausstattung von kommunalen Dachflächen sind auch vor dem Hintergrund der Bestrebungen von Rat und Verwaltung zu sehen, Neu Wulmstorf zu einer sogenannten Klima-Kommune zu machen. Der Unterstützung des Klimaforums kann sich die Gemeinde gewiss sein: „Jede Aktivität, die wir heute durchführen wird sich zig-fach auszahlen bei der Reduzierung der Kosten von Umwelt- und Klimawandel“, sagt Peter Boser. „Eine bessere Rendite können wir unseren Kindern gar nicht mitgeben.“