Neu Wulmstorf. Am Bahnhof ist ein Gesundheitszentrum entstanden. Flächen für weitere Fachärzte und Apotheke stehen bereit. Weitere Großprojekte im Ort.

Das neue Ärzte- und Dienstleistungszentrum gegenüber des Bahnhofs in Neu Wulmstorf füllt sich: Inzwischen sind rund 60 Prozent der Flächen in dem insgesamt rund 4000 Quadratmeter großen Gebäude mit dem markanten Ziegelmauerwerk vermietet, wie Dierk Heins, Geschäftsführer der Hausbau-Immobiliengesellschaft HBI als Bauherr und HBI-Vertriebsleiter Mike Wettering dem Abendblatt bestätigten. „Äußerlich ist das Gebäude komplett fertig und funktionsfähig – von der Tiefgarage über beide Etagen bis hinauf ins Staffelgeschoss“, sagt Heins.

Sein Buxtehuder Unternehmen hat in Neu Wulmstorf bereits große Bauvorhaben abgeschlossen und ist dabei, weitere zu realisieren. Zu den HBI-Projekten vor Ort gehören zum Beispiel das fertiggestellte Quartier Wulmstorfer Wiesen mit 240 Wohnungen in 21 Stadtvillen und das neue Wohnviertel Wulmstorfer Höfe, das zurzeit auf der gegenüberliegenden Seite der Bahnhofstraße nahe des Nahversorgungszentrums mit Aldi, Edeka und Budnikowsky entsteht. Dort baut HBI weitere 104 Wohnungen in mehreren Stadtvillen.

Im Norden passiert rund um die Wulmstorfer Höfe aktuell viel

Im Neu Wulmstorfer Norden passiert rund um die Wulmstorfer Höfe aktuell viel: Der Neu Wulmstorfer Investor Adam Lubojanski plant am westlichen Rand des Areals zur Bahnhofstraße hin ein Hotel mit Ferienwohnungen, am nördlichen Rand – in Richtung Vogelschutzgebiet – will das Bremer Unternehmen Convivo einen Senioren-Wohnpark errichten. Convivo plant in vier Gebäuden 62 barrierefreie und altersgerechte Wohnungen sowie zwei Wohngemeinschaften mit je zwölf Komfort-Apartments. „Der Bedarf für ein Ärztehaus ist hier allein wegen des neuen Umfelds mit den vielen neuen Wohnungen und dem Seniorenwohnen vorhanden“, so Mike Wettering.

Bald werden in den neuen Wohngebieten in Bahnhofsnähe insgesamt etwa weitere 700 Menschen leben. „Diese Tatsache führte uns dazu, Überlegungen zur ärztlichen Versorgung in dieser stark wachsenden Gemeinde anzustellen und diese haben uns letztlich zum Bau des Ärzte- und Dienstleistungszentrums veranlasst“, sagt HBI-Geschäftsführer Dierk Heins. Was darüber hinaus noch für den Standort spreche, sei die direkte Lage am S-Bahnanschluss und damit die Erreichbarkeit der Praxen und Gesundheitsanbieter auch für Anwohner der neuen großen Wohngebiete auf Hamburger Seite, wie dem Fischbeker Heidbrook oder den geplanten Fischbeker Reethen direkt an der Grenze zu Neu Wulmstorf.

Außerdem liegt das Gebäude an einer viel frequentierten Pendlerstrecke. Rund 7000 ankommende und abfahrende S-Bahn-Pendler aus Neu Wulmstorf und Umgebung nutzten täglich den Neu Wulmstorfer Bahnhof. Wochentags kommen rund 20.000 Pendler hinzu, die zwischen Hamburg, Buxtehude und Stade unterwegs sind. „All diese Menschen könnten potenzielle Patienten im neuen Ärztehaus sein“, ist Heins überzeugt. Einen weiterer Standortvorteil sieht er in der Nähe zum Parkhaus am Bahnhof.

Auch Zahnärztin zieht ins neue Ärztehaus am Bahnhof

Diese Standortmerkmale haben einen Allgemeinmediziner, die Inhaber einer gynäkologischen Praxis-Gemeinschaft sowie eine Osteopathin bereits von einem Umzug in die neuen Praxisräume überzeugt. Zum 1. Oktober kommt nach Angaben von Wettering außerdem eine Zahnärztin ins neue Ärztehaus am Bahnhof. Von den drei großen Flächen im Erdgeschoss ist eine bereits an das Unternehmen Woxfit vermietet, ein Fitnessstudio für Frauen, das auch Reha-Sport und Ernährungsberatung anbietet und somit in das Gesundheitskonzept des HBI-Gebäudes passt.

Der Gebäudekomplex des neuen Ärzte- und Dienstleistungszentrums liegt direkt gegenüber des Bahnhofs und grenzt an das neue Wohngebiet Wulmstorfer Wiesen
Der Gebäudekomplex des neuen Ärzte- und Dienstleistungszentrums liegt direkt gegenüber des Bahnhofs und grenzt an das neue Wohngebiet Wulmstorfer Wiesen © Hausbau-Immobiliengesellschaft mbH/HBI

Im Erdgeschoss befindet sich im Übergang zur Wohnbebauung außerdem eine vierzügige Kita der Arbeiterwohlfahrt (AWO). „Auf der dritten Erdgeschossfläche hätten wir gern eine Apotheke“, sagt HBI-Geschäftsführer Dierk Heins. Auf seiner Wunschliste stehen zudem ein Augenarzt oder eine Augenärztin, eine Kinderarzt-Praxis und gern auch Praxen für Kardiologie und Orthopädie. „Das wären alles Angebote, die im Süderelberaum Mangelware sind“, so Heins.

Ganz einfach ist die Gewinnung von Fachärzten nicht

Die Ärzte, die sich bis dato eine Praxis in dem Neubau gemietet haben, kommen nach Angaben von Wettering sowohl aus Neu Wulmstorf als auch von außerhalb. Praxisflächen gibt es ab 100 Quadratmeter, die Grundrisse können individuell gestaltet werden. Ganz einfach sei die Gewinnung von Fachärzten fürs neue Ärzte- und Dienstleistungszentrum aber nicht, schränkt Dierk Heins ein. Das habe mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu tun.

„Ich frage mich, warum Ärzten von der Kassenärztlichen Vereinigung eine Zulassung verweigert wird, wenn der Bedarf in einer wachsenden Gemeinde wie Neu Wulmstorf doch so offensichtlich auf der Hand liegt“, sagt Heins.

Tatsächlich stehen die Chancen einer Zulassung für Ärzte und Ärztinnen bestimmter Fachrichtungen für Neu Wulmstorf eher schlecht, wie Oliver Christoffers, Geschäftsführer der zuständigen Bezirksstelle Lüneburg der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), dem Abendblatt bestätigte – wenngleich nicht die Kassenärztliche Vereinigung, sondern ein unabhängiger Zulassungsausschuss über einen entsprechenden Antrag entscheide. Im Bereich Neu Wulmstorf sei es beispielsweise für Dermatologen, Rheumatologen sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten relativ unkompliziert, eine Zulassung zu erhalten, während dies etwa für Kinderärzte oder Orthopäden nicht gelte.

In die Gesamtschau werden Nachbarorte wie Buxtehude einbezogen

Grundlegend für so eine Entscheidung sei eine bundesweit geltende Bedarfsplanung, mit der eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Ärzten und Therapeuten auf eine bestimmte Anzahl von Einwohnern erreicht werden solle. Für Neu Wulmstorf ist die KVN zuständig, für den Hamburger Süden die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg. „Durch dieses Verfahren sollen Ärzte motiviert werden, sich dort niederzulassen, wo noch nicht so viele Kollegen ansässig sind“, erläutert der Geschäftsführer der Bezirksstelle Lüneburg der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. In die Gesamtschau würden auch Nachbarorte, wie etwa Buxtehude, mit einbezogen.

Dennoch könnten sich Situationen ergeben, in denen ein Antragsteller in dem Bewusstsein, dass das betreffende Gebiet für seinen Bereich eigentlich gesperrt ist, aus bestimmten Gründen trotzdem eine Zulassung möchte. „Darüber kann der Zulassungsausschuss dann im Einzelfall befinden“, so Christoffers. Eine Chance für das wachsende Neu Wulmstorf könnte die regelmäßige Anpassung der Verhältniszahlen von Ärzten zu Einwohnern sein: „Auf Landesebene geschieht dies etwa jedes halbe Jahr“, so Christoffers.