Landkreis Harburg. Der Bund beendet Förderprogramm für Sprachbildung in Kitas. Im Landkreis sind acht Einrichtungen betroffen
Die SPD-geführte Bundesregierung plant, das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ zum Ende des Jahres einzustellen. Für das Programm, das seit vielen Jahren Kinder mit hohem Förderbedarf in der sprachlichen Bildung unterstützt, sollen die Mittel ab dem kommenden Jahr gestrichen werden. Damit würden die Kindertagesstätten einen wichtigen Baustein zur Sprachförderung verlieren.
Die Empörung über die Entscheidung ist groß. Jetzt regen sich auch im Landkreis Harburg Proteste, sowohl politisch als auch in den Einrichtungen selbst. Michael Grosse-Brömer, Bundestagsabgeordneter der CDU, bezeichnet die „Sprach-Kitas“ als „erfolgreiches Modell zu einer gelungenen Integration“. „Es darf nicht von der Ampel-Regierung zerschlagen werden“, so Grosse-Brömer, der sich gemeinsam mit seiner Fraktion in einem entsprechenden Antrag für eine Fortführung des Förderprogramms stark macht. „Mit dem plötzlichen Stopp der Sprach-Kita-Förderung schadet die Ampel unseren Kindern“, so der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Brackel. 40 Prozent der Kita-Kinder hätten einen Migrationshintergrund. Daher sei dieser Ansatz gut und richtig gewesen.
25.000 Euro pro Jahr für eine zusätzliche halbe Fachkraft
Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ wurde 2011 ins Leben gerufen und richtet sich an Kitas, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit besonderem sprachlichem Förderbedarf besucht werden. Schwerpunkte des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ sind neben der sprachlichen Bildung die inklusive Pädagogik sowie die Zusammenarbeit mit Familien.
Kitas mit einem hohen Anteil an förderbedürftigen Kindern konnten aus dem Programm bisher 25.000 Euro pro Jahr für eine zusätzliche halbe Fachkraft beantragen, die dabei hilft, die sprachliche Bildung in den Kita-Alltag zu integrieren. Diese beraten, begleiten und unterstützen die Kita-Teams bei der Weiterentwicklung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung. Zusätzlich finanziert das Programm eine zusätzliche Fachberatung, die kontinuierlich und prozessbegleitend die Qualitätsentwicklung in den Sprach-Kitas unterstützt. Sie qualifiziert die Fachkräfte innerhalb eines Verbundes von zehn bis 15 Sprach-Kitas.
Im kommenden Jahr soll es vorbei sein
Damit soll es im kommenden Jahr vorbei sein – obwohl die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag versichert hatte, das Programm weiterzuentwickeln und zu verstetigen. „Jetzt wird argumentiert, dass die sprachliche Förderung im neuen ‚Gute-Kita’Gesetz II‘ enthalten sei“, kritisiert Michael Grosse-Brömer. „Doch das ist eine Täuschung.“ Denn: Das Fördervolumen sei nicht erhöht worden, die Förderprogramme Sprach-Kitas hingegen gestrichen.
Im Landkreis Harburg werden aktuell acht Kitas aus dem Bundesprogramm gefördert, darunter die Kindertagesstätte „Spatzennest“ in Tostedt. Deren Leiterin Petra Handtke bezeichnet die Pläne der Bundesregierung zur Streichung der Gelder für die sprachliche Förderung als „Katastrophe“. „Unsere Einrichtung liegt in einem Brennpunkt des Ortes, in einem Wohngebiet mit vielen sozial schwachen Familien“, sagt sie. „Ein Großteil unserer Kinder wächst mehrsprachig auf, hinzu kommen viele Kinder aus der Ukraine, die gar kein Deutsch sprechen. Sie alle brauchen Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache.“
Aus diesem Grund beschäftigt die Kita seit sechs Jahren im Rahmen des Bundesprogramms „Sprach-Kita“ eine Sprachförderkraft, die die Mitarbeitenden vor Ort bei der sprachlichen Bildung der Drei- bis Sechsjährigen unterstützt. „Sie schult die Kolleginnen und Kollegen, gibt ihnen praktische Unterweisungen und wichtige Ratschläge zum Umgang mit den vielen Kindern, die kaum oder gar kein Deutsch sprechen“, sagt Petra Handtke. „Mit dem Bundesprogramm haben wir einen Jackpot gewonnen, denn seit wir unsere Sprachförderkraft haben, ist die Qualität der Sprachförderung viel besser geworden.
„Wir wissen alle, wie wichtig frühkindliche Bildung ist“
19,5 Stunden in der Woche ist diese in der Kita unterwegs, begleitet und coacht nicht nur die Erzieherinnen und Erzieher, sondern arbeitet auch direkt mit den Kindern. „Wir haben bei uns nicht nur Kinder, die mehrsprachig aufwachsen und bei uns Deutsch lernen, sondern auch viele, die aufgrund der Digitalisierung kein richtiges Deutsch sprechen und dringend Förderung brauchen“, sagt Petra Handtke. Und dann kämen noch etliche Kinder mit Sprachstörungen und Sprachfehlern hinzu, die eigentlich eine Sprachheilkita besuchen sollten, dort aber keinen Platz bekommen. Um so wichtiger sei eben jene Sprachförderkraft, die das Team mit Fachwissen unterstützt.
„Wir wissen alle, wie wichtig frühkindliche Bildung ist“, mahnt der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer, der alle Interessierten am morgigen Donnerstag zu einem digitalen Kita-Gipfel einlädt (s. Info). „Bei Kindern mit Unterstützungsbedarf legen die Sprach-Kitas das Fundament für schulischen und beruflichen Erfolg.“ Zu einem späteren Zeitpunkt aufzuholen, was hier in jungen Jahren versäumt werde, sei für die Betroffenen ungleich mühsamer und für die Staatskasse deutlich teurer.
Jede achte Kita in Deutschland ist eine Sprach-Kita. 6804 Kitas werden durch das Programm mit ungefähr 7500 Fachkräften gefördert. 523.936 Kinder und ihre Eltern profitieren aktuell noch von den zusätzlichen Angeboten.
Für das geförderte Personal laufen nach jetzigem Stand die Verträge zum Jahresende aus. Damit bricht ein Angebot weg, das vor allem für benachteiligte Kinder Bildungschancen verbessert.
Die Kampagne „Sprach-Kitas retten“ macht sich für die Fortsetzung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ stark.
Zentrales Element der Kampagne ist eine Petition an den Bundestag, die unter diesem Link aufgerufen und unterzeichnet werden kann https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2022/_08/_01/Petition_137016.nc.html.
Ziel sind 50.000 Unterschriften in vier Wochen, damit es im Bundestag eine öffentliche Anhörung gibt.
Weitere Infos zur Kampagne gibt es unter www.sprachkitas-retten.de.
Die CDU-Bundestagsfraktion lädt Interessierte am Donnerstag, 8. September, zu einem Kita-Gipfel ein. Die Videokonferenz geht von zehn bis 11.15 Uhr. Zugangsdaten gibt es per E-Mail: michael.grossebroemer.wk@bundestag.de