Landkreis Harburg. Netzausbau für Flüssiggas: Planung sieht drei Trassenvarianten vor, eine führt durch den Westen des Landkreises Harburg.

Um Deutschland unabhängiger von russischem Erdgas zu machen, soll in Zukunft verstärkt Flüssiggas (LNG) importiert werden. Damit dieses vom Stader Hafen an der Elbe auch den Rest der Republik erreicht, wird eine neue Gasleitung erforderlich. Der Fernleitungsnetz­betreiber Gasunie Deutschland Transport Services GmbH (GUD) plant deshalb den Neubau einer Energietransportleitung (ETL), die in einer der angedachten Varianten auch durch den Landkreis Harburg führt.

Vertreter der betroffenen Gemeinden, Landkreise, Fachbehörden und Naturschutzvereinigungen treffen sich in dieser Woche zur Beratung in Videokonferenzen. Eingeladen hat das Amt für regionale Landesentwicklung Lüneburg, Ziel ist die Vorbereitung eines neuen Raumordnungsverfahrens, das 2023 beginnen soll.

Für Gasleitung zwischen Stade und Achim gibt es drei mögliche Trassen

Die neue Gasleitung „ETL 182“ soll zwischen den bestehenden Netzpunkten „Elbe Süd“ im Landkreis Stade und „Achim“ im Landkreis Verden verlaufen. Eingespeist werden soll das Gas aus den festen Flüssigerdgas-Terminals, die im Stader Ortsteil Bützfleth und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein geplant sind. Über die neue Leitung wird es in südwestliche Richtung weitertransportiert.

Die Entfernung zwischen den beiden Netzpunkten beträgt 73 Kilometer – per Luftlinie. Wo genau die geplante Trasse mit einer Länge von 86 bis 97 Kilometern verlaufen soll, steht noch nicht fest. Bei der Trassenfindung haben die Planer verschiedene gesetzliche Vorgaben berücksichtigt. Das Energiewirtschafts­gesetz sieht „eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas“ vor. So soll bei dem Bauprojekt möglichst wenig Fläche verbraucht werden, die Zerschneidung der freien Landschaft sowie von Waldflächen ist ebenfalls möglichst zu vermeiden.

Trassenalternative „Ost“ verläuft auch durch den Landkreis Harburg

Zur Diskussion stehen drei Varianten, die die Landkreise Stade, Rotenburg, Harburg und Verden betreffen. Sie sind das Ergebnis einer Voruntersuchung und kommen den Planern zufolge „ernsthaft in Betracht“. Das geht aus den Unterlagen hervor, die das Unternehmen für die Konferenzen vorbereitet hat. Mehrere Unter­varianten, die von den nun vorgeschlagenen leicht abweichen, wurden in diesem Zuge ebenfalls geprüft, jedoch für weniger geeignet befunden.

Für alle drei vorgeschlagenen Trassen­alternativen liegt der Startpunkt an der Elbe in der Gemeinde Hollern-Twielenfleth im Alten Land. Über der Erde wird hier Obst angebaut, unter der Erde verlaufen bereits zwei Erdgasleitungen. Auch die aus Schleswig-Holstein kommenden Leitungen werden an dieser Stelle in das Netz eingebunden.

Planer bewerten Wirtschaftlichkeit und technische Machbarkeit

In der Trassenvariante „Ost“ verläuft die Leitung etwa ab Steinbeck östlich weiter, an Harsefeld vorbei und – als einzige der drei Alternativen – bis in den westlichen Landkreis Harburg. Dort kreuzt sie bei Heidenau die Autobahn 1. Anschließend führt sie in den Landkreis Rotenburg nach Sittensen und an Bötersen vorbei weiter in den Landkreis Verden. Die Wirtschaftlichkeit dieser 97,2 Kilometer langen Trasse wird als „vorteilig“ eingestuft. Grundlage für die Bewertung sind die Investitionskosten, die wiederum wesentlich von der Trassenlänge abhängig sind.

Deshalb erhält die Trasse „Mitte“ mit einer Länge von 87,4 Kilometern im Punkt Wirtschaftlichkeit sogar die Bewertung „deutlich vorteilig“. Sie verläuft ab Steinbeck weiter westlich erst durch den Landkreis Stade, dann durch den Landkreis Rotenburg und ist auf ihrem letzten Abschnitt identisch mit der Trasse „Ost“.

Als dritte Möglichkeit steht die Trasse „West“ zur Diskussion, die etwa bei Wohlerst noch weiter nach Westen von der mittleren Trasse abweicht. Auch sie ist aus wirtschaftlicher Sicht „deutlich vorteilig“, da sie mit 86,5 Kilometer Länge die kürzeste Variante darstellt. Bei den beiden eher westlich verlaufenden Alternativen fällt allerdings das Urteil der Planer zur technischen Machbarkeit schlechter als bei der Trasse „Ost“ aus.

Zehn Meter breiter Schutzstreifen entlang der Trasse

Die Gasleitung wird unterirdisch verlaufen, zusätzlich sind oberirdische Markierungspfähle sowie sogenannte Absperrstationen notwendig. Diese Bauten erfordern etwa alle 18 Kilometer eine Fläche von jeweils 225 Quadratmeter. Dort, wo die Leitung verlegt ist, muss dauerhaft ein zehn Meter breiter Schutzstreifen freigehalten werden. Auf dieser Fläche dürfen zum Beispiel keine Gebäude stehen, auch Dauerstellplätze für Campingwagen oder Container sind nicht erlaubt. Landwirtschaftlicht kann der Bereich weiterhin genutzt werden. Für die Bauarbeiten wird mehr Platz benötigt, üblich ist ein Streifen von 38 Meter Breite.

Die Genehmigung neuer Infrastrukturprojekte in diesem Umfang erfolgt in der Regel in zwei Schritten. Zur Vorbereitung wird im Raumordnungsverfahren geprüft, ob und wo die neue Gasleitung errichtet werden kann und welche Auswirkungen dies auf die Umwelt entlang der Trasse hat. Im anschließenden Planfeststellungs­verfahren wird der endgültige Trassen­verlauf festgelegt. Die Zuständigkeit hierfür liegt beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie.

Die neue Gasleitung soll 2026 in Betrieb gehen

Der Fernleitungsnetzbetreiber GUD ist verpflichtet, eine neue Leitung zu bauen, da die bisherige Einspeisekapazität mit dem Anschluss der neuen LNG-Terminals nicht mehr ausreichen wird. Hintergrund ist der Netzentwicklungsplan Gas 2020-2030 der Bundesnetzagentur. Die aktuelle Planung sieht den Einsatz von kunststoffumhüllten Stahlrohren mit einem Durchmesser von 120 Zentimetern vor, sowie einen maximal zulässigen Betriebsdruck von 84 bar. Dies kann bei Bedarf noch angepasst werden, wird in den Unterlagen betont. Das Unternehmen trage damit „den aktuellen Entwicklungen des Erdgasmarktes Rechnung, die einen steigenden Bedarf der Einspeisekapazität im Fernleitungsnetz der GUD erfordern.“

„Es besteht daher eine besondere Dringlichkeit für die Realisierung der neuen Gasleitung“, heißt es in einer Mitteilung des Amts für regionale Landesentwicklung (ArL) Lüneburg. Die Leitung „ETL 182“ soll bereits 2026 in Betrieb gehen. Das Amt hat deshalb angekündigt, das Raumordnungsverfahren „so zügig wie möglich“ durchzuführen und eng mit dem nachfolgenden Genehmigungs­verfahren zu verzahnen.

Der Prozess sieht auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Dieses Verfahren soll starten, sobald der Netzbetreiber dem ArL die nötigen Verfahrensunterlagen vollständig vorgelegt hat. Dies ist den Unterlagen zufolge für das kommende Frühjahr vorgesehen. Läuft alles nach Plan, könnten die Bauarbeiten in der ersten Jahreshälfte 2025 beginnen. Anfang 2026, spätestens im Herbst desselben Jahres, soll Gas durch die Leitung fließen.