Winsen. Nester in Menschennähe machen oft Probleme. Matthias Spinty bietet mit seiner Frau Lösungen an – und ist sehr gefragt.

„Wir sind die Telefon-Seelsorger für Wespengeplagte“, sagt Matthias Spinty. Der Jesteburger und seine Frau Stefanie gehören zum achtköpfigen Expertenteam, das im Landkreis Harburg Hausbesitzer berät, bei denen Wespen oder Hornissen ihr Nest am oder im Haus, an der Terrasse oder an anderen belebten Gartenecken eingerichtet haben. Meist reicht ein Telefongespräch, um eine friedliche Koexistenz zwischen besorgten Bewohnern und nützlichen Insekten hinzubekommen – gut 300 Anrufe registrierten allein die Spintys seit Mitte April. In seltenen Fällen hilft als letztes Mittel nur noch eine Umsiedlung des Nestes.

Landkreis Harburg: Hornissen haben sich in Dachstuhl eingenistet

So wie gerade in Marxen. Dort hatte sich ein Hornissenvolk einen trockenen, geschützten Platz im Dachstuhl gesucht und dort sein kunstvolles Papiernest gebaut. Das kollidierte jedoch mit einer Dachsanierung, die im September starten soll. Von Natur aus würde das Volk im Spätherbst absterben. Doch solange konnten die Arbeiten nicht warten. Deshalb gab es in diesem Fall keine Kompromisslösung – die ansonsten friedlichen Brummer würden zur Gefahr, wenn man ihnen jetzt aufs Dach steigt.

In Imkermontur erklimmt Matthias Spinty ein Montagegerüst und betrachtet das Nest. Beruhigend spricht er auf die Hornissen ein. „Man muss ruhig bleiben, damit die Tiere nicht aggressiv werden. Wenn 150 Hornissen auf einen losgehen, hilft auch der Imkeranzug nicht mehr“, sagt der Insektenfreund. In seinem 1300 Quadratmeter großen Garten hält er zehn Bienenvölker und hat auch noch Platz für das eine oder andere Wespen- oder Hornissenvolk. Dieses hier soll in einem Holzkasten an seiner Hauswand weiterleben.

Matthias Spinty kümmert sich im Landkreis Harburg um die Hornissen- und Wespenberatung. Nur im Notfall setzt er ein Nest um. Bildinfo: Vorsichtig beginnt Spinty das Nest vom Dachbalken zu lösen. Dafür setzt er ein langes Bäckermesser ein, es ähnelt er einem Spachtel.
Matthias Spinty kümmert sich im Landkreis Harburg um die Hornissen- und Wespenberatung. Nur im Notfall setzt er ein Nest um. Bildinfo: Vorsichtig beginnt Spinty das Nest vom Dachbalken zu lösen. Dafür setzt er ein langes Bäckermesser ein, es ähnelt er einem Spachtel. © Andre Lenthe Fotografie | Andre Lenthe Fotografie

Im nächsten Schritt greift Spinty zu einem umgebauten Staubsauger. Der Schlauch läuft durch einen weißen Eimer mit Deckel. Mit schwacher Leistung saugt er eine Hornisse nach der anderen auf – im Eimer beginnt es zu summen. 200 bis 250 Tiere werden eingesaugt. Weitere bleiben im Nest, das nun vorsichtig von seinem Platz gelöst wird. Es soll komplett in den Holzkasten umziehen. Die hölzernen Notunterkünfte stellt die Naturschutzabteilung des Landkreises zur Verfügung.

Wespen- und drei Hornissennester bekamen neue Heimat

Aber trotz aller Vorsicht zerbricht das Nest. Fieberhaft suchen Spinty und Markus Grützner, ebenfalls Hobbyimker und in der „Ausbildung“ zum Wespenberater, die herumliegenden Wabenabschnitte nach der Königin ab. Sie muss auf jeden Fall mit einigen Nestteilen im Holzkasten landen. Sonst ist das Volk verloren.

„Hier zeigt sich mal wieder, warum jede Umsiedlung schlecht ist und möglichst vermieden werden sollte“, sagt Spinty. Bislang musste er in diesem Sommer neun Mal eingreifen: Sechs Wespen- und drei Hornissennester bekamen eine neue Heimat. Auch das Volk aus Marxen hat den rigiden Eingriff offenbar überstanden. „Am Kasten herrscht reger Flugverkehr“, sagt Spinty wenige Tage nach der Umsiedlung.

Die Experten hatten die etwas größere Königin richtig erkannt und in den Kasten getan. Die per Staubsauger gefangenen Tiere mussten zunächst eine kurze Zeit im Kühlschrank verbringen – durch die Kälte inaktiv geworden, ließen sie sich besser in den Kasten verfrachten.

Landkreis Harburg: Bis zu 17 Anrufe erhält Spinty pro Tag

Seit vier Jahren engagieren sich die Spintys für die schwarz-gelben Flieger. Matthias Spinty hat dafür drei, Stefanie sogar vier vom Landkreis Harburg finanzierte Lehrgänge besucht. Als selbstständiger Immobiliensachverständiger und -makler sei er zeitlich flexibel, sagt er. Allerdings müsse die Arbeit dringend auf mehr Schultern verteilt werden. Die Spintys betreuen den gesamten östlichen Landkreis – von Hanstedt bis zur Gemeinde Elbmarsch. „Seit Mitte Juli hat die Zahl der Anrufe deutlich zugenommen“, sagt der Berater. „15 bis 17 sind es jetzt pro Tag. Meist brauchen wir zehn bis 30 Minuten, um die Leute zu beruhigen und Wege aufzuzeigen, wie sie mit den Insekten klar kommen.“

Matthias Spinty kümmert sich im Landkreis Harburg um die Hornissen- und Wespenberatung. Nur im Notfall setzt er ein Nest um. Bildinfo: Unter dem Dach einer alten Scheune auf einem Hof in Marxen hängt ein großes und beeinddruckendes Hornissennest. Matthias Spinty nimmt den zerbrechlichen Bau nur ungern ab, weil der Eigentümer das Dach neu eindecken will, ist der Schritt aber unvermeidlich.
Matthias Spinty kümmert sich im Landkreis Harburg um die Hornissen- und Wespenberatung. Nur im Notfall setzt er ein Nest um. Bildinfo: Unter dem Dach einer alten Scheune auf einem Hof in Marxen hängt ein großes und beeinddruckendes Hornissennest. Matthias Spinty nimmt den zerbrechlichen Bau nur ungern ab, weil der Eigentümer das Dach neu eindecken will, ist der Schritt aber unvermeidlich. © Andre Lenthe Fotografie | Andre Lenthe Fotografie

Wenn sich das Nest über der Haustür, an der Terrasse oder neben dem Gehweg in einer Hecke befindet, dann reicht es, die Tiere umzuleiten. Spinty: „Wir hatten ein Nest über unserer Haustür. Wir haben darunter ein Brett geklemmt, so dass die Wespen nur nach oben wegfliegen können. Bei einer Hecke lässt sich die kritische Seite mit einem Tuch oder ähnlichem verhängen. Zudem mögen die Tiere keine lauten Gartengeräte.“

Obwohl ihn seine ehrenamtliche Tätigkeit bereits stark in Anspruch nimmt, appelliert er an Menschen, die unter einem Wespen- oder Hornissennest leiden, anzurufen und sich helfen lassen. Ein Nest auf eigene Faust bekämpfen zu wollen, gehe oft für beide Seiten schmerzlich aus, sagt der Experte. Er warnt allgemein davor, nach den Insekten zu schlagen: „Die attackierte Wespe markiert ihren Gegner mit einem Duftstoff. Es können dann Wächterwespen hinzukommen und den Gegner angreifen.“

Wespen und Hornissen sind nützliche Tiere, sie fressen Schadinsekten und bestäuben Blüten. Sie stehen unter Naturschutz.
Hornissen sind strenger geschützt. Ihre Nester dürfen nur mit behördlicher Genehmigung entfernt werden.

Der Landkreis Harburg nennt im Internet acht Hornissen- und Wespenberater für die Städte und Gemeinden des Landkreises. Zu finden unter www.landkreis-harburg.de mit dem Suchwort Hornissen. Dort stehen auch weitere Tipps.

In Hamburg nennen der Naturschutzbund Hamburg unter hamburg.nabu.de, Stichworte: Tiere und Pflanzen/Insekten drei Experten; der Imkerverband Hamburg unter ivhh.de, Suchwort Wespen, sechs Ansprechpartner.

Gute Informationen gibt es auf der Homepage: hamburg.de/wespen