Rosenweide. „Das Timmann“: Drei Paare haben das denkmalgeschützte Gebäude an der Elbe saniert und über dem alten Saal Ferienwohnungen eingerichtet

Das frühere Gasthaus Timmann steht seit etwa 130 Jahren gleich hinterm Deich in Rosenweide, seitdem ist das imposante Gebäude ein fester Bestandteil der Elbuferstraße zwischen Winsen und Harburg. Betrieben wurde es schon lange nicht mehr, die letzte Veranstaltung im Saal soll Ende der 1950er-Jahre stattgefunden haben. Jetzt haben drei Familien aus dem Ort das denkmalgeschützte Haus gemeinsam gekauft und umfangreich saniert. Im Obergeschoss wurden sechs Ferienwohnungen eingerichtet, der Saal im Erdgeschoss kann für Veranstaltungen gemietet werden. Ein gastronomischer Betrieb ist allerdings nicht geplant.

Die neuen Eigentümer wohnen in der Nähe

Die neuen Eigentümer wohnen in der Nähe und hatten das alte Gasthaus schon länger im Blick. „Als wir gehört haben, dass es verkauft wird, mussten wir das einfach wagen“, sagt Moritz Pupke, der wie drei seiner Mitstreiter aus der Werbebranche kommt. Außerdem zählen ein Immobilienfachmann sowie eine Lehrerin zu der Gruppe, die das Gebäude mit etwa 700 Quadratmeter Wohnfläche Ende des Jahres 2020 übernommen hat.

Sandra Kielinski in einem der bereits eingerichteten Gästezimmer. 
Sandra Kielinski in einem der bereits eingerichteten Gästezimmer.  © Lena Thiele | Lena Thiele

Ihr Ziel: Das Haus von 1894 aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken und wieder für Gäste zugänglich zu machen. Ihre Pläne stellten sie auch noch Hermann Timmann vor, dem früheren Eigentümer des Traditions-Gasthauses, der mittlerweile verstorben ist. Grundlage für den Umbau waren ihre selbst erstellten Entwürfe, zur Sicherheit ließen sie diese von einem Architekten überprüfen. Nach einem Jahr Planung begann die Gruppe im Dezember vergangenen Jahres mit den Arbeiten am Haus. Zurzeit wird noch der Garten umgestaltet.

Eigentümer haben im Inneren eine Mischung aus alt und neu geschaffen

Durch eine behutsame Sanierung und Modernisierung haben die neuen Eigentümer im Inneren eine Mischung aus alt und neu geschaffen, außen wurde der historische Zustand so weit wie möglich wieder hergestellt. „Wir wollen dem Haus wieder ein Gesicht geben“, sagt Moritz Pupke. Dabei haben sie auf viele Details geachtet, als Vorbild diente unter anderem eine alte Postkarte des Gasthauses. Darauf war zu erkennen, dass die weißen Fensterrahmen ursprünglich dunkel gewesen waren. Eine Farbanalyse ergab daraufhin einen Grünton. Deshalb leuchten die nachgebauten Holzfenster nun in einem satten Dunkelgrün, wie früher sind sie nach außen zu öffnen. Und im Saal ist in den Fenstern ein Glas eingesetzt, durch das sich das Licht in besonderer Weise bricht – ebenfalls wie in früheren Zeiten.

So sah die Gaststube im Originalzustand aus
So sah die Gaststube im Originalzustand aus © Das Timmann | Moritz Pupke

Der Saal sei das „Herzstück“ des Hauses, sagt Moritz Pupke beim Rundgang durch das Haus, das fast fertig saniert ist. Noch ist der Dielenboden in dem 120-Quadratmeter-Raum abgeklebt, er soll in Kürze gestrichen werden. Alte Wandmalereien wurden erhalten und auch der Tresen ist wieder hergerichtet. In Zukunft könnten hier etwa 60 bis 80 Menschen bei Familienfeiern, Firmenveranstaltungen oder Vereinstreffen gemeinsam essen und feiern, im angrenzenden früheren Stallgebäude sind die Toilettenräume eingerichtet. Neben der großen Diele wird es künftig zudem einen Clubraum geben.

Moderne Ferienwohnungen und Bulli-Stellplätze

Das Haus liege ihnen sehr am Herzen, betont Moritz Pupke. „Aber natürlich wollen wir bei dem Ganzen nicht draufzahlen.“ Um das Projekt auch wirtschaftlich tragfähig zu machen, haben sie im Obergeschoss moderne Ferienwohnungen in unterschiedlichen Größen eingerichtet, die jeweils Platz für zwei bis sechs Gäste bieten. Früher war hier oben der Heu­boden, noch bis zur Renovierung war er gefüllt mit jeder Menge Heu und sogar gebundenen Garben. Nicht nur dort mussten die Sechs zuerst einmal gründlich aufräumen. Auch die anderen Räume im Obergeschoss waren mit schweren Holzmöbeln vollgestellt, an den Dachschrägen klebten dunkle Tapeten, darunter grauer Teppichboden.

Der üppige Dachboden wurde neu gestaltet
Der üppige Dachboden wurde neu gestaltet © Das Timmann | Moritz Pupke

Auch im Obergeschoss wurden alte Elemente erhalten, so sind viele Holzbalken und auch ein Teil der Backsteinwand freigelegt. Jede Wohnung ist mit einer kleinen Küche ausgestattet, damit sich die Feriengäste selbst versorgen können. Zudem gibt es im Erdgeschoss eine Selbstbedienungsküche, in der Getränke und kleine Speisen bereitstehen. Die hellen Ferienapartments sind mit neuen Dachfenstern ausgestattet, durch die alten Fenster sind nach vorn die Elbe und nach hinten der Garten zu sehen. Dort soll eine Streuobstwiese angelegt und drei Bulli-Stellplätze eingerichtet werden. Für die Camper gibt es bereits ein Bad mit Toilette und Dusche im Haus.

Gebäude war schon früher Herberge für Besucher

Das Gebäude war schon früher Herberge für Besucher, beim Aufräumen fanden die sechs Freunde ein altes Gästebuch. „Die ersten Einträge sind von 1903, die Reisenden kamen zum Beispiel aus dem fernen Meckelfeld“, sagt Sandra Kielinski. Sie kümmert sich um die Vermietung der Ferienapartments und hat auch bei der Einrichtung auf viele Details geachtet. So hängen in einer Wohnung an der Wand über dem Bett alte Metallhaken aus der Räucherei. Diese befand sich früher im Nebengebäude und war angeblich bekannt für ihre geräucherten Neunaugen aus der Elbe.

Bei den Arbeiten am Haus gab es immer wieder auch Überraschungen. So musste das Dach komplett neu gedeckt werden, die Schieferplatten sind ebenfalls dem Original nachempfunden. An der Vorderseite ziert eine Reihe von Kacheln mit einem speziellen Muster die Fassade. Genau über den Haupteingang war eine beschädigt – eine weitere vermeintliche Kleinigkeit, die aber fast nicht zu lösen war. „Wir haben uns erkundigt, nur eine neue Kachel sollte mehrere Tausend Euro kosten“, erzählt Sandra Kielinski. Doch dann fand sich die Lösung auf dem Dachboden. „Beim Aufräumen haben wir zum Glück noch ein passendes Stück gefunden, es stammt wahrscheinlich von einem Kachelofen, den es hier früher gab.“

Das Gaststubenschild ist jetzt als Oberlicht in die Wand eingelassen
Das Gaststubenschild ist jetzt als Oberlicht in die Wand eingelassen © Lena Thiele | Lena Thiele

Niedrige einstellige Millionensumme investiert

Eine niedrige einstellige Millionensumme haben die neuen Eigentümer in das alte Haus am Elbdeich investiert. Durch die Vermietung der Ferienwohnungen soll sich ihr Herzensprojekt in Zukunft auch wirtschaftlich tragen. Zudem gab es Fördermittel für die Sanierung des denkmalgeschützten Hauses: Die Leader-Region Achtern-Elbe-Diek bezuschusste die Arbeiten mit 100.000 Euro, in einem weiteren EU-Projekt zum Kulturerbe wird der Erhalt des historischen Gebäudes gefördert.

Um „Das Timmann“, wie sie das Haus getauft haben, den Menschen aus der Region vorzustellen, laden die neuen Eigentümer zu einem Tag der offenen Tür ein: Am Sonnabend, 27. August, von 14 bis 19 Uhr gibt es Essen, Getränke und die Gelegenheit, sich in dem Haus an der Rosenweide 10 umzusehen. Einen regelmäßigen Gastronomiebetrieb können sich die Sechs dort zwar nicht vorstellen. „Wir sind keine Gastronomen“, sagt Sandra Kielinski. „Aber wir wollen herzensgute Gastgeber sein.“