Hoopte. Die Stahlkolosse sind die Herzstücke, um Sturmflutschutz an Ilmenau und Luhe für die Zukunft gut aufzustellen

Seit zwei Jahren wird am Ilmenau-Sperrwerk gebaut – in diesen Tagen wird es so sicher gemacht wie nie zuvor: Am Mittwoch und Freitag werden die beiden neuen Stemmtore montiert, die auf der Elbseite bei Sturmflut das Hinterland schützen. Jedes der elf Meter hohen Tore wiegt knapp 40 Tonnen und wird mit einem der leistungsfähigsten Krane (Traglast: 700 Tonnen) von einem Ponton in die trockengelegte Schifffahrtsöffnung gehievt. Das zweite Stemmtorpaar für die Ilmenau-Seite liegt am Rande der Baustelle schon bereit, wird aber erst im Frühjahr 2023 eingesetzt werden.

Die Fluttore sind die zentralen Elemente, um das Sperrwerk für die höheren Wasserstände zu wappnen, die aufgrund des Klimawandels prognostiziert werden. Der Bemessungswasserstand lag bislang bei 7,50 Meter über dem Meeresspiegel, nach der rund 13 Millionen Euro teuren Grundinstandsetzung werden es 8,60 Meter sein. Außerdem wurden an beiden Seiten die vier Hubtore grundlegend aufgearbeitet und verstärkt. Sie schließen bei Bedarf die seitlichen Abflüsse, die im Normalbetrieb dafür sorgen, dass das mit den Gezeiten ein- und auslaufende Wasser nicht komplett durch die enge Schifffahrtsöffnung fließt. Denn dann wäre dort die Strömung zu stark. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, kurz NLWKN, betreibt und unterhält das zwischen 1969 und 1973 errichtete Sperrwerk.

Die Hubtore sind montiert, die erste Schutzlinie bereits erhöht

Die Hubtore sind montiert, die erste Schutzlinie (die Stemmtore auf der Elbseite) bereits erhöht. Nur das Stemmtorpaar, das die zweite Schutzlinie bildet, liegt noch an Land. In diesem Winter werden die alten Tore noch einmal für die Sicherheit sorgen müssen. Sie werden, wie auch die überarbeiteten Hubtore, von der alten Anlagentechnik gesteuert. An den bereits installierten neuen Stemmtoren werden im nächsten Schritt die fünf Tonnen schweren Hydraulikzylinder montiert, die die Tore schließen. Danach erhalten sie eine provisorische Steuerungstechnik.

Die  beiden neuen Stemmtore, die auf der Seite der Ilmenau eingebaut werden, warten am Rande der Baustelle auf ihren Einsatz im April 2023. 
Die  beiden neuen Stemmtore, die auf der Seite der Ilmenau eingebaut werden, warten am Rande der Baustelle auf ihren Einsatz im April 2023.  © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Neben dem Sperrwerk ist im Winter 20/21 ein neues Betriebsgebäude entstanden. Dort wird in den kommenden Monaten der neue Leitstand aufgebaut, gegenüber der jetzigen Leitstelle am Hoopter Ufer. Der Leitstand wird später alle vier Torpaare bedienen.

Im Winter wird auch die komplette Hydraulik für sämtliche Tore installiert. „Es wird zunächst alles aufgebaut, so dass es nur weniger Handgriffe bedarf, um die neue Sperrwerkssteuerung in Betrieb zu nehmen“, sagt Vanessa Weede. Sie leitet beim NLWKN den Aufgabenbereich für Planung und Bau des Küsten- und Hochwasserschutzes in den Landkreisen Harburg und Lüneburg. Weede läuft über die Baustelle, schaut sich die Montage der Stemmtore an. Rund 20 Arbeiter sind derzeit am Sperrwerk aktiv.

Seit Mitte April ist die Ilmenau-Mündung für Schiffe nicht mehr passierbar

Seit Mitte April ist die Ilmenau-Mündung für Schiffe nicht mehr passierbar. Damals starteten die Arbeiten, um die Baustelle trockenzulegen. Eigentlich sollte während der fünfmonatigen Trockenphase auch das zweite Stemmtorpaar eingesetzt werden. Nun wird das Sperrwerk auch im kommenden Jahr eine Zeit lang für die Schifffahrt gesperrt sein.

Erste Verzögerungen habe es bei den Betonbauarbeiten gegeben, bei der Instandsetzung und bei den Abbrucharbeiten für das größere Torformat, so Weede: „Der Beton ist viel härter als nach vorangegangenen Prüfungen zu erwarten war. Deshalb war schwereres Gerät nötig. Entwurfspläne vom Bauwerk sind zwar vorhanden, aber vor 50 Jahren wurde nicht dokumentiert, wie das Sperrwerk gebaut wurde.“

Lieferschwierigkeiten im Bereich der Elektrotechnik

Vanessa Weede leitet den Bereich Küsten- und Hochwasserschutz in der Betriebsstelle Lüneburg des NLWKN.
Vanessa Weede leitet den Bereich Küsten- und Hochwasserschutz in der Betriebsstelle Lüneburg des NLWKN. © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Weit größere Probleme machen nun aber Lieferschwierigkeiten im Bereich der Elektrotechnik. Sie führen letztendlich dazu, dass die anderen beiden Stemmtore vorläufig draußen bleiben müssen. Denn es reicht nicht, dass sie an ihrem Platz sitzen, sie müssen auch gesteuert werden können. „Einige Elektroteile haben jetzt Lieferzeiten von bis zu 22 Wochen“, sagt Weede. „Vor Corona gab es praktisch keine Wartezeiten. Bei Spezialteilen waren es vielleicht einmal wenige Wochen.“ Der Ukraine-Krieg habe die vom schleppenden Nachschub aus China verursachten Probleme zusätzlich verschärft.

Autofahrer werden am Sonntag wieder befahren können

„Ende September werden wir die Schifffahrtsöffnung wieder fluten, so dass die Boote Anfang Oktober ihr Winterlager im Stöckter Hafen erreichen können – wenn alles klappt wie geplant“, kündigt Weede an. Ende September sei das Sperrwerk dann vollständig betriebsbereit – rechtzeitig vor Beginn der Sturmflutsaison Mitte Oktober.

Autofahrer werden am kommenden Sonntag wieder die Elbuferstraße von und nach Hoopte befahren können. Noch nimmt der leuchtend gelbe Schwerlastkran die gesamte Straßenbreite ein. Wenn er am Freitag seine Arbeit erledigt hat, wird er abgebaut. Dazu wird auch noch der Sonnabend benötigt. Sein nächster Einsatz und die damit verbundene Straßensperrung wird im Frühjahr 2023 kommen, um die Stemmtore Nummer drei und vier in Stellung zu bringen. Im Laufe des Jahres sollen die Arbeiten dann wie geplant abgeschlossen werden. Der NLWKN hofft, damit mindestens für die nächsten 50 Jahre vorgesorgt zu haben.