Winsen/Lüneburg/Maschen. Gerade bei Hitze sollen alle Menschen Zugang zu Trinkwasser haben. Gebühr ist zulässig, in der Region aber unüblich.

Die hohen Temperaturen, die diesem Sommer bestimmen, sind nicht nur für alte oder kranke Menschen und ganz kleine Kinder eine gesundheitliche Gefahr. Sie können auch körperlich gesunde Menschen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen. Im Schatten aufhalten, die Mittagssonne meiden und vor allem viel Wasser trinken lauten die einschlägigen Tipps, um die körperliche Belastung durch die Hitze so gering wie möglich zu halten. Doch anders als in vielen südeuropäischen Ländern ist Wasser in Deutschland noch längst nicht flächendeckend frei verfügbar. Zwar gibt es zum Beispiel in Lüneburg seit dem vergangenen Sommer einige öffentliche Trinkwasserspender. Doch in den meisten Fällen sind Menschen, die unterwegs Durst verspüren und nicht selbst eine Trinkflasche eingepackt haben, auf die Angebot der örtlichen Gastronomie angewiesen.

Restaurants sind in Deutschland allerdings nicht verpflichtet, kostenlos Leitungswasser anzubieten. Eine EU-Richtlinie, die Ende 2020 verabschiedet wurde, sieht zwar vor, die Verfügbarkeit von Trinkwasser zu verbessern. Damit soll in Hitzeperioden ausreichendes Trinken befördert werden und insbesondere vulnerable Gruppen sicheren Zugang zu Trinkwasser erhalten. In der Umsetzung gilt jedoch ein Ermessensspielraum, so können Restaurants das Wasser kostenlos oder gegen eine geringe Dienstleistungsgebühr abgeben.

Eine klare Vorgabe gibt es nicht

Eine klare Vorgabe ist das nicht. Dennoch ist es in vielen Restaurants, Cafés und Bistros in der Region üblich, den Gästen auf Nachfrage auch Leitungswasser zu servieren, ohne etwas dafür zu berechnen. So zum Beispiel im Coopers in Winsen. Eine feste Regel gibt es in dem Restaurant am Bahnhof für solche Fälle zwar nicht. Für Servicekraft Andrea Weselmann ist es jedoch selbstverständlich, dass sie einen solchen Wunsch – wenn er denn mal geäußert wird – auch erfüllt. „Seit es jetzt im Sommer so heiß ist, kommen auch immer wieder Menschen rein und fragen nur nach Wasser. Denen gebe ich natürlich auch ein Glas, sonst kippt im schlimmsten Fall noch jemand um.“

Gesundheitliche Fragen sind auch in Meyers Gasthaus in Maschen der Grund, kostenlos ein Glas Wasser auszugeben. Dort sind es jedoch hauptsächlich ältere Stammgäste, die etwas Wasser zur Einnahme ihrer Tabletten benötigen. Davon abgesehen, wird nach Angaben einer Mitarbeiterin selten nach Leitungswasser gefragt. Ähnlich verhält es sich im Steakhaus La Boca in Seevetal. Hier wird normalerweise nur Mineralwasser in Flaschen verkauft, über eventuelle Sonderwünsche nach kostenlosem Trinkwasser entscheidet der Chef.

Leitungswasser wird in der Lüneburger Gastwirtschaft To Huus zum Espresso gereicht

Ein Glas Leitungswasser wird in der Lüneburger Gastwirtschaft To Huus immer zum Espresso gereicht. Aber auch Gäste, die keinen Kaffee trinken, fragten häufiger danach, berichtet Geschäftsführer Sven Stefan Maue. Das Lüneburger Wasser aus dem Hahn servieren die Servicekräfte in kleinen Gläsern mit schwerem Boden. Maue betreibt mit einigen Geschäftspartner auch den Biergarten Schröders Garten an der Ilmenau, das Café im Glockenhof sowie die Hausbar nahe dem Stint. Die hohen Temperaturen hätten noch keinen spürbaren Einfluss auf den Wassernachfrage gehabt, sagt er.

„Wenn es richtig heiß ist, trinken die Gäste natürlich mehr, die meisten bestellen dann aber Softdrinks.“

Dehoga-Chef: Kosten entstehen vor allem durch den Service

Generell in allen Gastronomiebetrieben gratis Trinkwasser anzubieten, lehnt Thomas Cordes, ab. Der Vorstand des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga im Landkreis Harburg und Inhaber des Hotel und Restaurant Cordes in Sottorf verweist auf die Kosten, die damit verbunden wären. „Der Gast bezahlt ja nicht nur für das Wasser, das er bestellt, sondern vor allem auch für den Service. Im Drumherum liegen die Kosten.“ So müsse der Kellner bezahlt werden, der Strom für die Spülmaschine und die Einrichtung des Restaurants. Allein die Personalkosten machten mindestens 35 bis 40 Prozent der Betriebskosten aus, sagt Cordes. „Wenn man das alles berücksichtigt, kann man das Wasser nicht kostenfrei auf den Tisch stellen.“

Viele Gastronomen leiden derzeit unter enormen Belastungen, ihnen fehlt Personal, die Energiekrise treibt die Betriebskosten in die Höhe und noch ist unklar, ob es im Herbst erneut Corona-Beschränkungen geben wird. Dass die meisten Restaurantbetreiber trotz der unsicheren wirtschaftlichen Lage dennoch für ein Glas Leitungswasser keine Gebühr verlangen, mag auch daran liegen, dass dieser Service eher selten überhaupt nachgefragt wird. Das haben alle befragten Gastronomen betont. Die Gäste der Restaurants in der Region sind offenbar daran gewohnt, Mineralwasser von der Karte zu bestellen. Ob die in Zukunft häufiger auftretenden Hitzewellen den Durst auf kostenloses Trinkwasser erhöhen werden, wird sich zeigen.